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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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"daß die Königin sich heimlich mit den Lords verbündet und ihnen Geld geschickt
habe." Es war dies ein grober Irrthum. Elisabeth hatte den aufständischen
Lords trotz allen Bitten Maitland's nicht die geringste Hilfe zugewendet.*)

Als Sir Nicolas Throgmvrton nach Edinburgh kam und Vermittlungsversuche
begann, erklärte ihm Maitland sogleich, man könne in die Zusicherungen Maria's
kein Vertrauen mehr setzen. Bekannt sind dann die weiteren Aeußerungen des
schottischen Staatssekretärs, als Throgmvrton mit der Rache seiner Herrin drohte.
Maitland übertrieb geschickt und gewann durch seine Kaltblütigkeit über Elisa¬
beth's leidenschaftliches Auftreten den Sieg. Throgmvrton mußte einsehen, daß
die Königin, seine Herrin, die Verhältnisse falsch beurtheilt habe, und daß die
Ereignisse zu schnell ihren Lauf genommen hatten, um wieder rückgängig ge¬
macht werden zu können. Er sah sich zur Unthätigkeit verdammt, seine Be¬
fehle konnte er nicht ausführen. Er konnte weder zu der gefangenen Königin
gelangen, noch etwas für sie thun und fürchtete ernstlich für ihr Leben. Mait¬
land hatte ihm ans seine Vorstellungen erwidert, wenn er in diesem drohenden
Tone gegen die anderen Lords ebenfalls sich ausließe, so könne die ganze Welt,
wie die Sachen ständen, die Königin nicht vor dem Tode retten, es werde so
wie so viel Mühe machen, ihr das Leben zu erhalten.

Da Throgmorton's Befehle sehr strenge lauteten, war ihm schließlich für
seine eigene Sicherheit bange. Er bat Cecil, sich nach Berwick zurückziehen zu
dürfen."") Den Befehl Elisabeth's, den jungen Prinzen zu fordern/**) wagte
er gar nicht auszuführen. Endlich bat er um seine Abberufung, da Maitland
ihm deutlich gesagt habe, er sei überflüssig, seine Gegenwart könne die Dinge
nur verschlimmern, und man könne die Wünsche Elisabeth's nicht erfüllen, ohne
die eigene Selbständigkeit aufzugeben. Die Königin möge Schottland sich selbst
überlassen und der Regierung weder Gutes noch Schaden zufügen, alles was
er, der Gesandte, thue, werde als verdächtig augesehen und die Schotten schneller
als sie es selbst wünschten in die Arme Frankreich's treiben. "Wir kennen,"
schloß Maitland, "alles was zwischen Euch, den Hamiltons, Argyle, Huntly
u. s. w. vorgegangen ist, seitdem Ihr hier seid." f) Elisabeth's Bemühungen
in dieser Zeit waren durchaus ernst gemeint. Die Beweise haben Hosack und
Fronde sorgfältig zusammengestellt. Am 29. Juli versicherte Robert Melon
der gefangenen Königin, daß sie auf die Königin von England als auf eine
sichere Freundin rechnen könne.ff)







Throgmvrton an Elisabeth, 1". Juli; Keith, II, 89,
**) Throgmorton an Cecil, 26. Juli 1667, LtevMson ssleetions, 2SS.
Elisabeth an Throgmorton, 14, Juli 1567. Ztsvsnsoir sseleetions, 202.
f) Throgmorton an Cecil, 9, August 1667, Ltevsosou Lvlsvtiolls, 269 ff.
ff) Hosack, I. 367 ff. Kevorä ccktiee.

„daß die Königin sich heimlich mit den Lords verbündet und ihnen Geld geschickt
habe." Es war dies ein grober Irrthum. Elisabeth hatte den aufständischen
Lords trotz allen Bitten Maitland's nicht die geringste Hilfe zugewendet.*)

Als Sir Nicolas Throgmvrton nach Edinburgh kam und Vermittlungsversuche
begann, erklärte ihm Maitland sogleich, man könne in die Zusicherungen Maria's
kein Vertrauen mehr setzen. Bekannt sind dann die weiteren Aeußerungen des
schottischen Staatssekretärs, als Throgmvrton mit der Rache seiner Herrin drohte.
Maitland übertrieb geschickt und gewann durch seine Kaltblütigkeit über Elisa¬
beth's leidenschaftliches Auftreten den Sieg. Throgmvrton mußte einsehen, daß
die Königin, seine Herrin, die Verhältnisse falsch beurtheilt habe, und daß die
Ereignisse zu schnell ihren Lauf genommen hatten, um wieder rückgängig ge¬
macht werden zu können. Er sah sich zur Unthätigkeit verdammt, seine Be¬
fehle konnte er nicht ausführen. Er konnte weder zu der gefangenen Königin
gelangen, noch etwas für sie thun und fürchtete ernstlich für ihr Leben. Mait¬
land hatte ihm ans seine Vorstellungen erwidert, wenn er in diesem drohenden
Tone gegen die anderen Lords ebenfalls sich ausließe, so könne die ganze Welt,
wie die Sachen ständen, die Königin nicht vor dem Tode retten, es werde so
wie so viel Mühe machen, ihr das Leben zu erhalten.

Da Throgmorton's Befehle sehr strenge lauteten, war ihm schließlich für
seine eigene Sicherheit bange. Er bat Cecil, sich nach Berwick zurückziehen zu
dürfen."") Den Befehl Elisabeth's, den jungen Prinzen zu fordern/**) wagte
er gar nicht auszuführen. Endlich bat er um seine Abberufung, da Maitland
ihm deutlich gesagt habe, er sei überflüssig, seine Gegenwart könne die Dinge
nur verschlimmern, und man könne die Wünsche Elisabeth's nicht erfüllen, ohne
die eigene Selbständigkeit aufzugeben. Die Königin möge Schottland sich selbst
überlassen und der Regierung weder Gutes noch Schaden zufügen, alles was
er, der Gesandte, thue, werde als verdächtig augesehen und die Schotten schneller
als sie es selbst wünschten in die Arme Frankreich's treiben. „Wir kennen,"
schloß Maitland, „alles was zwischen Euch, den Hamiltons, Argyle, Huntly
u. s. w. vorgegangen ist, seitdem Ihr hier seid." f) Elisabeth's Bemühungen
in dieser Zeit waren durchaus ernst gemeint. Die Beweise haben Hosack und
Fronde sorgfältig zusammengestellt. Am 29. Juli versicherte Robert Melon
der gefangenen Königin, daß sie auf die Königin von England als auf eine
sichere Freundin rechnen könne.ff)







Throgmvrton an Elisabeth, 1». Juli; Keith, II, 89,
**) Throgmorton an Cecil, 26. Juli 1667, LtevMson ssleetions, 2SS.
Elisabeth an Throgmorton, 14, Juli 1567. Ztsvsnsoir sseleetions, 202.
f) Throgmorton an Cecil, 9, August 1667, Ltevsosou Lvlsvtiolls, 269 ff.
ff) Hosack, I. 367 ff. Kevorä ccktiee.
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[0452] „daß die Königin sich heimlich mit den Lords verbündet und ihnen Geld geschickt habe." Es war dies ein grober Irrthum. Elisabeth hatte den aufständischen Lords trotz allen Bitten Maitland's nicht die geringste Hilfe zugewendet.*) Als Sir Nicolas Throgmvrton nach Edinburgh kam und Vermittlungsversuche begann, erklärte ihm Maitland sogleich, man könne in die Zusicherungen Maria's kein Vertrauen mehr setzen. Bekannt sind dann die weiteren Aeußerungen des schottischen Staatssekretärs, als Throgmvrton mit der Rache seiner Herrin drohte. Maitland übertrieb geschickt und gewann durch seine Kaltblütigkeit über Elisa¬ beth's leidenschaftliches Auftreten den Sieg. Throgmvrton mußte einsehen, daß die Königin, seine Herrin, die Verhältnisse falsch beurtheilt habe, und daß die Ereignisse zu schnell ihren Lauf genommen hatten, um wieder rückgängig ge¬ macht werden zu können. Er sah sich zur Unthätigkeit verdammt, seine Be¬ fehle konnte er nicht ausführen. Er konnte weder zu der gefangenen Königin gelangen, noch etwas für sie thun und fürchtete ernstlich für ihr Leben. Mait¬ land hatte ihm ans seine Vorstellungen erwidert, wenn er in diesem drohenden Tone gegen die anderen Lords ebenfalls sich ausließe, so könne die ganze Welt, wie die Sachen ständen, die Königin nicht vor dem Tode retten, es werde so wie so viel Mühe machen, ihr das Leben zu erhalten. Da Throgmorton's Befehle sehr strenge lauteten, war ihm schließlich für seine eigene Sicherheit bange. Er bat Cecil, sich nach Berwick zurückziehen zu dürfen."") Den Befehl Elisabeth's, den jungen Prinzen zu fordern/**) wagte er gar nicht auszuführen. Endlich bat er um seine Abberufung, da Maitland ihm deutlich gesagt habe, er sei überflüssig, seine Gegenwart könne die Dinge nur verschlimmern, und man könne die Wünsche Elisabeth's nicht erfüllen, ohne die eigene Selbständigkeit aufzugeben. Die Königin möge Schottland sich selbst überlassen und der Regierung weder Gutes noch Schaden zufügen, alles was er, der Gesandte, thue, werde als verdächtig augesehen und die Schotten schneller als sie es selbst wünschten in die Arme Frankreich's treiben. „Wir kennen," schloß Maitland, „alles was zwischen Euch, den Hamiltons, Argyle, Huntly u. s. w. vorgegangen ist, seitdem Ihr hier seid." f) Elisabeth's Bemühungen in dieser Zeit waren durchaus ernst gemeint. Die Beweise haben Hosack und Fronde sorgfältig zusammengestellt. Am 29. Juli versicherte Robert Melon der gefangenen Königin, daß sie auf die Königin von England als auf eine sichere Freundin rechnen könne.ff) Throgmvrton an Elisabeth, 1». Juli; Keith, II, 89, **) Throgmorton an Cecil, 26. Juli 1667, LtevMson ssleetions, 2SS. Elisabeth an Throgmorton, 14, Juli 1567. Ztsvsnsoir sseleetions, 202. f) Throgmorton an Cecil, 9, August 1667, Ltevsosou Lvlsvtiolls, 269 ff. ff) Hosack, I. 367 ff. Kevorä ccktiee.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/452>, abgerufen am 05.02.2025.