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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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"Reisen in Südwest-Afrika" große Aufmerksamkeit widmet. Das Männchen
ist wesentlich schwarz, das Weibchen graubraun; bei beiden Geschlechtern sind
die großen Schwung- und Schwanzfedern, welche allein werthvoll für den
Handel sind, von rein weißer Farbe. Der ausgewachsene Strauß ist sieben
bis acht Fuß, und mau kennt Exemplare von nenn Fuß Höhe; das Gewicht
beträgt bei ausgewachsenen Exemplaren zwischen zwei und drei Zentnern. Die
Stärke des Vogels ist ganz unglaublich. Ein einziger Schlag mit dem riesen¬
großen Fuß des Straußes -- er schlüge stets nach vorne aus -- reicht zu,
deu Getroffenen umzuwerfen, tödtet selbst Panther, Hunde oder Schakale. Auch
die Schnelligkeit des Straußes ist eine ganz ungeheuere, wenn er auch nie
zum Trausportthier benutzt werden wird, wie es aus Spielerei im Pariser
Jardin geschieht. "Zu der Zeit, wenn er hoch fähret, erhöhet er sich und ver¬
achtet beide, Roß und Mann", heißt es schon in der Bibel. In einzelnen
Fällen ist die Schnelligkeit wahrhaftig bewundernswerth, "er läuft", schreibt
Andersson, "eine englische Meile in einer halben Minute." Das wäre allerdings
mehr als ein Eisenbahnzug vermag. Die Füße scheinen kaum den Boden zu
berühren, und jeder Schritt ist 12 bis 14 Fuß weit. In der Wildheit lebt
der Strauß von Samenkörnern, Schößlingen und Knospen. In den zoologi¬
schen Gärten gibt man ihm ein Gemisch von Hafer, Korn, Häcksel und Kohl,
und ähnlich ist seine Nahrung in den "Straußenfarmen" Südafrika's.

Daß die Eier, von denen 30 bis 40 in den Sand gelegt werden, eine
schmackhafte Kost abgeben, ist bekannt, und Direktor Bodinus hat bei feierlichen
Gelegenheiten schon wiederholt im Berliner zoologischen Garten Straußeneier-
knchen vorsetzen lassen. Obwohl man in unseren Tagen wenig oder keinen
Werth aus den Strauß als animalische Kost legt, scheinen doch die alten
Römer, welche ja große Gastronomen waren, ganz anderer Meinung in dieser
Beziehung gewesen zu sein. Vopiscns erzählt, daß der Kaiser Firmus Strau-
ßengehirn als Leckerbissen verzehrte, und das Rezept zu einer Stranßeusauee
gibt der Schlemmer Apicius an. Das Fleisch der jungen Strauße ist uicht
unschmackhaft; aber das der ausgewachsenen Vögel schmeckt, nach dem Zeugnisse
von Andersson, nicht gut und läßt sich mit Zebrafleisch vergleichen. Das
Mosaische Gesetz erklärt den Strauß für ein unreines Thier, und folglich.durften
die Juden Straußenfleisch nicht essen, was heute noch die Araber befolgen.
Schon die alten Egypter schätzten die Eier und Federn der Strauße sehr hoch;
sie machten selbst einen Theil des Tributes aus, den die unterjochten afrikanischen
Völker zahlen mußten, und die Federn mögen ebensowohl zum Schmucke, wie zu
religiösen Zwecken verwendet worden sein. Die Straußenfeder war bei ihnen
ein Symbol der Göttin der Wahrheit und Gerechtigkeit. Sie gehörte mich
zum Hauptschmuck der Isis und wurde von Soldaten und Priestern bei reli-


„Reisen in Südwest-Afrika" große Aufmerksamkeit widmet. Das Männchen
ist wesentlich schwarz, das Weibchen graubraun; bei beiden Geschlechtern sind
die großen Schwung- und Schwanzfedern, welche allein werthvoll für den
Handel sind, von rein weißer Farbe. Der ausgewachsene Strauß ist sieben
bis acht Fuß, und mau kennt Exemplare von nenn Fuß Höhe; das Gewicht
beträgt bei ausgewachsenen Exemplaren zwischen zwei und drei Zentnern. Die
Stärke des Vogels ist ganz unglaublich. Ein einziger Schlag mit dem riesen¬
großen Fuß des Straußes — er schlüge stets nach vorne aus — reicht zu,
deu Getroffenen umzuwerfen, tödtet selbst Panther, Hunde oder Schakale. Auch
die Schnelligkeit des Straußes ist eine ganz ungeheuere, wenn er auch nie
zum Trausportthier benutzt werden wird, wie es aus Spielerei im Pariser
Jardin geschieht. „Zu der Zeit, wenn er hoch fähret, erhöhet er sich und ver¬
achtet beide, Roß und Mann", heißt es schon in der Bibel. In einzelnen
Fällen ist die Schnelligkeit wahrhaftig bewundernswerth, „er läuft", schreibt
Andersson, „eine englische Meile in einer halben Minute." Das wäre allerdings
mehr als ein Eisenbahnzug vermag. Die Füße scheinen kaum den Boden zu
berühren, und jeder Schritt ist 12 bis 14 Fuß weit. In der Wildheit lebt
der Strauß von Samenkörnern, Schößlingen und Knospen. In den zoologi¬
schen Gärten gibt man ihm ein Gemisch von Hafer, Korn, Häcksel und Kohl,
und ähnlich ist seine Nahrung in den „Straußenfarmen" Südafrika's.

Daß die Eier, von denen 30 bis 40 in den Sand gelegt werden, eine
schmackhafte Kost abgeben, ist bekannt, und Direktor Bodinus hat bei feierlichen
Gelegenheiten schon wiederholt im Berliner zoologischen Garten Straußeneier-
knchen vorsetzen lassen. Obwohl man in unseren Tagen wenig oder keinen
Werth aus den Strauß als animalische Kost legt, scheinen doch die alten
Römer, welche ja große Gastronomen waren, ganz anderer Meinung in dieser
Beziehung gewesen zu sein. Vopiscns erzählt, daß der Kaiser Firmus Strau-
ßengehirn als Leckerbissen verzehrte, und das Rezept zu einer Stranßeusauee
gibt der Schlemmer Apicius an. Das Fleisch der jungen Strauße ist uicht
unschmackhaft; aber das der ausgewachsenen Vögel schmeckt, nach dem Zeugnisse
von Andersson, nicht gut und läßt sich mit Zebrafleisch vergleichen. Das
Mosaische Gesetz erklärt den Strauß für ein unreines Thier, und folglich.durften
die Juden Straußenfleisch nicht essen, was heute noch die Araber befolgen.
Schon die alten Egypter schätzten die Eier und Federn der Strauße sehr hoch;
sie machten selbst einen Theil des Tributes aus, den die unterjochten afrikanischen
Völker zahlen mußten, und die Federn mögen ebensowohl zum Schmucke, wie zu
religiösen Zwecken verwendet worden sein. Die Straußenfeder war bei ihnen
ein Symbol der Göttin der Wahrheit und Gerechtigkeit. Sie gehörte mich
zum Hauptschmuck der Isis und wurde von Soldaten und Priestern bei reli-


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[0392] „Reisen in Südwest-Afrika" große Aufmerksamkeit widmet. Das Männchen ist wesentlich schwarz, das Weibchen graubraun; bei beiden Geschlechtern sind die großen Schwung- und Schwanzfedern, welche allein werthvoll für den Handel sind, von rein weißer Farbe. Der ausgewachsene Strauß ist sieben bis acht Fuß, und mau kennt Exemplare von nenn Fuß Höhe; das Gewicht beträgt bei ausgewachsenen Exemplaren zwischen zwei und drei Zentnern. Die Stärke des Vogels ist ganz unglaublich. Ein einziger Schlag mit dem riesen¬ großen Fuß des Straußes — er schlüge stets nach vorne aus — reicht zu, deu Getroffenen umzuwerfen, tödtet selbst Panther, Hunde oder Schakale. Auch die Schnelligkeit des Straußes ist eine ganz ungeheuere, wenn er auch nie zum Trausportthier benutzt werden wird, wie es aus Spielerei im Pariser Jardin geschieht. „Zu der Zeit, wenn er hoch fähret, erhöhet er sich und ver¬ achtet beide, Roß und Mann", heißt es schon in der Bibel. In einzelnen Fällen ist die Schnelligkeit wahrhaftig bewundernswerth, „er läuft", schreibt Andersson, „eine englische Meile in einer halben Minute." Das wäre allerdings mehr als ein Eisenbahnzug vermag. Die Füße scheinen kaum den Boden zu berühren, und jeder Schritt ist 12 bis 14 Fuß weit. In der Wildheit lebt der Strauß von Samenkörnern, Schößlingen und Knospen. In den zoologi¬ schen Gärten gibt man ihm ein Gemisch von Hafer, Korn, Häcksel und Kohl, und ähnlich ist seine Nahrung in den „Straußenfarmen" Südafrika's. Daß die Eier, von denen 30 bis 40 in den Sand gelegt werden, eine schmackhafte Kost abgeben, ist bekannt, und Direktor Bodinus hat bei feierlichen Gelegenheiten schon wiederholt im Berliner zoologischen Garten Straußeneier- knchen vorsetzen lassen. Obwohl man in unseren Tagen wenig oder keinen Werth aus den Strauß als animalische Kost legt, scheinen doch die alten Römer, welche ja große Gastronomen waren, ganz anderer Meinung in dieser Beziehung gewesen zu sein. Vopiscns erzählt, daß der Kaiser Firmus Strau- ßengehirn als Leckerbissen verzehrte, und das Rezept zu einer Stranßeusauee gibt der Schlemmer Apicius an. Das Fleisch der jungen Strauße ist uicht unschmackhaft; aber das der ausgewachsenen Vögel schmeckt, nach dem Zeugnisse von Andersson, nicht gut und läßt sich mit Zebrafleisch vergleichen. Das Mosaische Gesetz erklärt den Strauß für ein unreines Thier, und folglich.durften die Juden Straußenfleisch nicht essen, was heute noch die Araber befolgen. Schon die alten Egypter schätzten die Eier und Federn der Strauße sehr hoch; sie machten selbst einen Theil des Tributes aus, den die unterjochten afrikanischen Völker zahlen mußten, und die Federn mögen ebensowohl zum Schmucke, wie zu religiösen Zwecken verwendet worden sein. Die Straußenfeder war bei ihnen ein Symbol der Göttin der Wahrheit und Gerechtigkeit. Sie gehörte mich zum Hauptschmuck der Isis und wurde von Soldaten und Priestern bei reli-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/392>, abgerufen am 05.02.2025.