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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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Vortag von Julius Hoffmann in Stuttgart läßt soeben den "Lootsen" von
Cooper und "die Ansiedler von Canada" von Kavt, Marryat in einer Be¬
arbeitung von Otto Hoffmann erscheinen. Die Illustrationen des "Lootsen"
(von G. Bartsch) stehen unseres Trachtens über den skizzenhaften Bildern der
"Ansiedler". Aber der Stoff, den der "Lootse" bietet, theilt die Mängel seines
Originals. Der Cooper'sche Lootse ist bekanntlich der berühmte Seeheld der
Nordamerikaner in deren Unabhängigkeitskrieg, Jones. Aber von seinen histo¬
rischen Großthaten erzählt Cooper kaum eine in seiner Geschichte. Alles ver¬
läuft sich in kleinen, öfters sogar für die Amerikaner recht mißlichen Schar¬
mützeln und Handstreichen an der englischen Küste. Eine glücklichere Wahl hat
unseres Erachtens I. M. Gebhardt's Verlag in Leipzig getroffen, welcher die
schon durch Franz Hoffmann der deutscheu Jugend bekannte treffliche Erzählung
Marryat's Jacob Ehrlich von dem Rektor a. D. G. Mensch neu hat bear¬
beiten lassen und mit charakteristischen Illustrationen uach Aquarellen von Chr.
Tell jr. ausgestattet hat. Wie taktvoll diese Bearbeitung ist zeigt eine Be¬
gleichung derselben mit derjenigen Franz Hoffmann's und vollends mit dem
Originale. Außerdem bietet derselbe Verlag noch die "Waldkinder" Mar¬
ryat's in einer sehr verständigen Bearbeitung des bekannten Pädagogen
Theodor Kretzschmar unter dem Titel "die Kinder des Waldes",
mit Illustrationen von C. Offterdinger, die mit besonderer Liebe und nach dein
Leben gezeichnet erscheinen. Auch in dem Original dieser Erzählung tritt die
bereits früher bei Besprechung des "neuen Buchs der Welt" getadelte merk¬
würdige Erscheinung zu Tage, daß bei Szenen, die in der Zeit der Kämpfe der
Rundköpfe unter Cromwell gegen die Ritter und Höflinge Carl's I. spielen, die
Sympathie des Lesers für die Partei in Anspruch genommen wird, welcher sie
die Weltgeschichte keineswegs zuwendet, für die Partei des Königs. Besonders
merkwürdig ist diese Erscheinung hier, da es sich um ein englisches Original
handelt, und man doch erwarte" sollte, daß ein Brite die geschichtliche Berech¬
tigung und Bedeutung eines der größten Männer, welche das Inselreich jemals
hervorgebracht, richtig würdigen werde. Aber wenn auch deu Geschichtskenner
diese Verzeichnung des historischen Hintergrundes in dem Werke Marryat's pein¬
lich berührt, so ist dafür das individuelle Leben, das nun durch die Kunst des
Verfassers vor uns ersteht, so fesselnd und wahr, daß ihm jenes Versehen gerne
nachgesehen wird. In wenigen unserer Jugendschriften dürfte die erziehende und
läuternde Kraft unglücklicher Tage so ergreifend und doch im besten Sinne
des Wortes so humorvoll geschildert worden sein, wie hier.




Verantwortlicher Redakteur: ol'. Hans Blau in Leipzig.
Verlag von F. L. Hcrbig in Leipzig. -- Druck von Hiithcl Hermann in Leipzig.

Vortag von Julius Hoffmann in Stuttgart läßt soeben den „Lootsen" von
Cooper und „die Ansiedler von Canada" von Kavt, Marryat in einer Be¬
arbeitung von Otto Hoffmann erscheinen. Die Illustrationen des „Lootsen"
(von G. Bartsch) stehen unseres Trachtens über den skizzenhaften Bildern der
„Ansiedler". Aber der Stoff, den der „Lootse" bietet, theilt die Mängel seines
Originals. Der Cooper'sche Lootse ist bekanntlich der berühmte Seeheld der
Nordamerikaner in deren Unabhängigkeitskrieg, Jones. Aber von seinen histo¬
rischen Großthaten erzählt Cooper kaum eine in seiner Geschichte. Alles ver¬
läuft sich in kleinen, öfters sogar für die Amerikaner recht mißlichen Schar¬
mützeln und Handstreichen an der englischen Küste. Eine glücklichere Wahl hat
unseres Erachtens I. M. Gebhardt's Verlag in Leipzig getroffen, welcher die
schon durch Franz Hoffmann der deutscheu Jugend bekannte treffliche Erzählung
Marryat's Jacob Ehrlich von dem Rektor a. D. G. Mensch neu hat bear¬
beiten lassen und mit charakteristischen Illustrationen uach Aquarellen von Chr.
Tell jr. ausgestattet hat. Wie taktvoll diese Bearbeitung ist zeigt eine Be¬
gleichung derselben mit derjenigen Franz Hoffmann's und vollends mit dem
Originale. Außerdem bietet derselbe Verlag noch die „Waldkinder" Mar¬
ryat's in einer sehr verständigen Bearbeitung des bekannten Pädagogen
Theodor Kretzschmar unter dem Titel „die Kinder des Waldes",
mit Illustrationen von C. Offterdinger, die mit besonderer Liebe und nach dein
Leben gezeichnet erscheinen. Auch in dem Original dieser Erzählung tritt die
bereits früher bei Besprechung des „neuen Buchs der Welt" getadelte merk¬
würdige Erscheinung zu Tage, daß bei Szenen, die in der Zeit der Kämpfe der
Rundköpfe unter Cromwell gegen die Ritter und Höflinge Carl's I. spielen, die
Sympathie des Lesers für die Partei in Anspruch genommen wird, welcher sie
die Weltgeschichte keineswegs zuwendet, für die Partei des Königs. Besonders
merkwürdig ist diese Erscheinung hier, da es sich um ein englisches Original
handelt, und man doch erwarte» sollte, daß ein Brite die geschichtliche Berech¬
tigung und Bedeutung eines der größten Männer, welche das Inselreich jemals
hervorgebracht, richtig würdigen werde. Aber wenn auch deu Geschichtskenner
diese Verzeichnung des historischen Hintergrundes in dem Werke Marryat's pein¬
lich berührt, so ist dafür das individuelle Leben, das nun durch die Kunst des
Verfassers vor uns ersteht, so fesselnd und wahr, daß ihm jenes Versehen gerne
nachgesehen wird. In wenigen unserer Jugendschriften dürfte die erziehende und
läuternde Kraft unglücklicher Tage so ergreifend und doch im besten Sinne
des Wortes so humorvoll geschildert worden sein, wie hier.




Verantwortlicher Redakteur: ol'. Hans Blau in Leipzig.
Verlag von F. L. Hcrbig in Leipzig. — Druck von Hiithcl Hermann in Leipzig.
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[0364] Vortag von Julius Hoffmann in Stuttgart läßt soeben den „Lootsen" von Cooper und „die Ansiedler von Canada" von Kavt, Marryat in einer Be¬ arbeitung von Otto Hoffmann erscheinen. Die Illustrationen des „Lootsen" (von G. Bartsch) stehen unseres Trachtens über den skizzenhaften Bildern der „Ansiedler". Aber der Stoff, den der „Lootse" bietet, theilt die Mängel seines Originals. Der Cooper'sche Lootse ist bekanntlich der berühmte Seeheld der Nordamerikaner in deren Unabhängigkeitskrieg, Jones. Aber von seinen histo¬ rischen Großthaten erzählt Cooper kaum eine in seiner Geschichte. Alles ver¬ läuft sich in kleinen, öfters sogar für die Amerikaner recht mißlichen Schar¬ mützeln und Handstreichen an der englischen Küste. Eine glücklichere Wahl hat unseres Erachtens I. M. Gebhardt's Verlag in Leipzig getroffen, welcher die schon durch Franz Hoffmann der deutscheu Jugend bekannte treffliche Erzählung Marryat's Jacob Ehrlich von dem Rektor a. D. G. Mensch neu hat bear¬ beiten lassen und mit charakteristischen Illustrationen uach Aquarellen von Chr. Tell jr. ausgestattet hat. Wie taktvoll diese Bearbeitung ist zeigt eine Be¬ gleichung derselben mit derjenigen Franz Hoffmann's und vollends mit dem Originale. Außerdem bietet derselbe Verlag noch die „Waldkinder" Mar¬ ryat's in einer sehr verständigen Bearbeitung des bekannten Pädagogen Theodor Kretzschmar unter dem Titel „die Kinder des Waldes", mit Illustrationen von C. Offterdinger, die mit besonderer Liebe und nach dein Leben gezeichnet erscheinen. Auch in dem Original dieser Erzählung tritt die bereits früher bei Besprechung des „neuen Buchs der Welt" getadelte merk¬ würdige Erscheinung zu Tage, daß bei Szenen, die in der Zeit der Kämpfe der Rundköpfe unter Cromwell gegen die Ritter und Höflinge Carl's I. spielen, die Sympathie des Lesers für die Partei in Anspruch genommen wird, welcher sie die Weltgeschichte keineswegs zuwendet, für die Partei des Königs. Besonders merkwürdig ist diese Erscheinung hier, da es sich um ein englisches Original handelt, und man doch erwarte» sollte, daß ein Brite die geschichtliche Berech¬ tigung und Bedeutung eines der größten Männer, welche das Inselreich jemals hervorgebracht, richtig würdigen werde. Aber wenn auch deu Geschichtskenner diese Verzeichnung des historischen Hintergrundes in dem Werke Marryat's pein¬ lich berührt, so ist dafür das individuelle Leben, das nun durch die Kunst des Verfassers vor uns ersteht, so fesselnd und wahr, daß ihm jenes Versehen gerne nachgesehen wird. In wenigen unserer Jugendschriften dürfte die erziehende und läuternde Kraft unglücklicher Tage so ergreifend und doch im besten Sinne des Wortes so humorvoll geschildert worden sein, wie hier. Verantwortlicher Redakteur: ol'. Hans Blau in Leipzig. Verlag von F. L. Hcrbig in Leipzig. — Druck von Hiithcl Hermann in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/364>, abgerufen am 05.02.2025.