Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.traurigsten Rechts- und Verfassnngsverhältnissen; alle ihre Mittel sind erschöpft. Möge vorstehender Hinweis dazu beitragen, die öffentliche Meinung auch Die dritte Woche des deutschen Aeichstags. Die Kommission von 21 Mitgliedern, an welche der Entwurf des Sozia¬ traurigsten Rechts- und Verfassnngsverhältnissen; alle ihre Mittel sind erschöpft. Möge vorstehender Hinweis dazu beitragen, die öffentliche Meinung auch Die dritte Woche des deutschen Aeichstags. Die Kommission von 21 Mitgliedern, an welche der Entwurf des Sozia¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0036" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/140915"/> <p xml:id="ID_99" prev="#ID_98"> traurigsten Rechts- und Verfassnngsverhältnissen; alle ihre Mittel sind erschöpft.<lb/> Da ist in diesen Tagen Dr. Oetker, der früher lange Zeit als Verbannter auf<lb/> Helgoland lebte und schon 1855 eine Schrift über die Insel herausgegeben<lb/> hat, mit einer zugleich deutsch und englisch erschienenen Schrift unter dem Titel<lb/> „Verfassung und Recht auf Helgoland" (Stuttgart 1878) aufgetreten. Er<lb/> nennt die Schrift einen „Appell an die öffentliche Meinung in England" und<lb/> legt, gestützt auf die genauesten Mittheilungen, dar, daß aus der Insel, insbe¬<lb/> sondere seit 1868, eine in der gebildeten Welt unerhörte schrankenlose Will-<lb/> kührherrschaft besteht, und daß die Gerichtseinrichtung dort die schärfste Brand¬<lb/> markung verdiene.</p><lb/> <p xml:id="ID_100"> Möge vorstehender Hinweis dazu beitragen, die öffentliche Meinung auch<lb/> Deutschland's für die bedrängten Stammesgenossen zu gewinnen!</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die dritte Woche des deutschen Aeichstags.</head><lb/> <p xml:id="ID_101"> Die Kommission von 21 Mitgliedern, an welche der Entwurf des Sozia¬<lb/> listengesetzes am 17. September vom Reichstage zur näheren Prüfung gewiesen<lb/> wurde, hat, unter fortdauernder Aussetzung der Sitzungen des Reichstags, bei<lb/> ihrem am 19. September unter dem Vorsitze von Bennigsen's begonnenen Be¬<lb/> rathungen auch in der eben beendeten Woche sich ihrer schwierigen Aufgabe<lb/> mit großem Fleiße und offenbar mit dem allseitig aufrichtigen Bestreben<lb/> gewidmet, ein brauchbares, wirkungsvolles Gesetz mit den Regierungen zu ver¬<lb/> einbaren. Die Vertreter aller Parteien haben in der Kommission die von<lb/> der Sozialdemokratie drohenden Gefahren und die Nothwendigkeit, denselben<lb/> kräftig entgegenzutreten, anerkannt. Die Vertreter derjenigen Parteien, welche<lb/> ini Plenum sich überhaupt ablehnend gegen das Gesetz verhielten, die des Zen¬<lb/> trums und der Fortschrittspartei, erklärten sich wiederum für Ergänzungen be¬<lb/> stehender Strafbestimmungen für alle Staatsbürger; nach diesem Grundsatze<lb/> ausgearbeitete selbständige Gesetzentwürfe sind jedoch nicht vorgelegt worden,<lb/> obwohl Stauffenberg und Laster hierzu provozirt hatten. Eine aus 7 National¬<lb/> liberalen und 6 Konservativen bestehende Mehrheit entschied sich sür ein Spe-<lb/> zialgesetz, und selbst ein Mitglied des Zentrums mußte zugeben, daß vorbeu¬<lb/> gende Maßregeln nicht zu umgehen seien. Nachdem jene Entscheidung ge¬<lb/> troffen, haben sich auch die Mitglieder der grundsätzlich ablehnenden Richtungen<lb/> an den Arbeiten betheiligt.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0036]
traurigsten Rechts- und Verfassnngsverhältnissen; alle ihre Mittel sind erschöpft.
Da ist in diesen Tagen Dr. Oetker, der früher lange Zeit als Verbannter auf
Helgoland lebte und schon 1855 eine Schrift über die Insel herausgegeben
hat, mit einer zugleich deutsch und englisch erschienenen Schrift unter dem Titel
„Verfassung und Recht auf Helgoland" (Stuttgart 1878) aufgetreten. Er
nennt die Schrift einen „Appell an die öffentliche Meinung in England" und
legt, gestützt auf die genauesten Mittheilungen, dar, daß aus der Insel, insbe¬
sondere seit 1868, eine in der gebildeten Welt unerhörte schrankenlose Will-
kührherrschaft besteht, und daß die Gerichtseinrichtung dort die schärfste Brand¬
markung verdiene.
Möge vorstehender Hinweis dazu beitragen, die öffentliche Meinung auch
Deutschland's für die bedrängten Stammesgenossen zu gewinnen!
Die dritte Woche des deutschen Aeichstags.
Die Kommission von 21 Mitgliedern, an welche der Entwurf des Sozia¬
listengesetzes am 17. September vom Reichstage zur näheren Prüfung gewiesen
wurde, hat, unter fortdauernder Aussetzung der Sitzungen des Reichstags, bei
ihrem am 19. September unter dem Vorsitze von Bennigsen's begonnenen Be¬
rathungen auch in der eben beendeten Woche sich ihrer schwierigen Aufgabe
mit großem Fleiße und offenbar mit dem allseitig aufrichtigen Bestreben
gewidmet, ein brauchbares, wirkungsvolles Gesetz mit den Regierungen zu ver¬
einbaren. Die Vertreter aller Parteien haben in der Kommission die von
der Sozialdemokratie drohenden Gefahren und die Nothwendigkeit, denselben
kräftig entgegenzutreten, anerkannt. Die Vertreter derjenigen Parteien, welche
ini Plenum sich überhaupt ablehnend gegen das Gesetz verhielten, die des Zen¬
trums und der Fortschrittspartei, erklärten sich wiederum für Ergänzungen be¬
stehender Strafbestimmungen für alle Staatsbürger; nach diesem Grundsatze
ausgearbeitete selbständige Gesetzentwürfe sind jedoch nicht vorgelegt worden,
obwohl Stauffenberg und Laster hierzu provozirt hatten. Eine aus 7 National¬
liberalen und 6 Konservativen bestehende Mehrheit entschied sich sür ein Spe-
zialgesetz, und selbst ein Mitglied des Zentrums mußte zugeben, daß vorbeu¬
gende Maßregeln nicht zu umgehen seien. Nachdem jene Entscheidung ge¬
troffen, haben sich auch die Mitglieder der grundsätzlich ablehnenden Richtungen
an den Arbeiten betheiligt.
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