Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.übergeben. Je mehr Frauen, je mehr Matten und daher je mehr Reichthum, Das Land auf den Inseln ist im gemeinsamen Besitze der Sippe, die Der Oberhäuptling und die Familienhäupter bilden uoch den gesetzgebenden An das Mittelalter erinnern andere Strafen. Man band z. B. dem Diese Dorfgemeinden, Sippen, von denen wir eben gesprochen haben, be¬ Dann aber vereinigen sich wiederum acht bis zehn dieser Dörfer und Die alte Verfassungsform von Samoa ist indessen in neuerer Zeit durch übergeben. Je mehr Frauen, je mehr Matten und daher je mehr Reichthum, Das Land auf den Inseln ist im gemeinsamen Besitze der Sippe, die Der Oberhäuptling und die Familienhäupter bilden uoch den gesetzgebenden An das Mittelalter erinnern andere Strafen. Man band z. B. dem Diese Dorfgemeinden, Sippen, von denen wir eben gesprochen haben, be¬ Dann aber vereinigen sich wiederum acht bis zehn dieser Dörfer und Die alte Verfassungsform von Samoa ist indessen in neuerer Zeit durch <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0343" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/141222"/> <p xml:id="ID_1182" prev="#ID_1181"> übergeben. Je mehr Frauen, je mehr Matten und daher je mehr Reichthum,<lb/> denn Matten gelten ans Samoa gleich dem Golde.</p><lb/> <p xml:id="ID_1183"> Das Land auf den Inseln ist im gemeinsamen Besitze der Sippe, die<lb/> Aecker einer jeden Sippe sind genau bekannt, und der Oberhäuptling verfügt<lb/> darüber für die Gesammtheit; ebenso ist das Meer für die Fischerei vertheilt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1184"> Der Oberhäuptling und die Familienhäupter bilden uoch den gesetzgebenden<lb/> Körper des Ortes, sowie den gemeinschaftlichen Gerichtshof. Da die Samoaner<lb/> keine geschriebene Sprache besitzen, so haben sie bis vor kurzem auch keine ge¬<lb/> schriebenen Gesetze besessen, dennoch hatten sie, soweit man in ihrer Geschichte<lb/> zurückgehen mag, wohlverstandene Gesetze zur Verhinderung von Diebstahl,<lb/> Ehebruch, Mißhandlungen, Mord, gegen das Schimpfen und Abhauen von<lb/> Fruchtbäumen. Tod war die gewöhnliche Strafe für Mord und Ehebruch,<lb/> und da es dem beleidigten Theile frei stand, Rache zu nehmen an dem Sohne,,<lb/> Bruder oder sonst einem nahen Verwandten des Beleidigers, so waren jene<lb/> Verbrechen gefürchtet und selten. Die Schuldigen flohen dann in einen andern<lb/> Ort, der ihnen Asylrecht gewährte. Ehebruch wurde durch Ausstechen der<lb/> Augen oder Abbeißen von Nase und Ohren bestraft.</p><lb/> <p xml:id="ID_1185"> An das Mittelalter erinnern andere Strafen. Man band z. B. dem<lb/> Schuldigen Hand an Hand, Fuß nu Fuß, und trug ihn dann, an einem<lb/> stacheligen Pfahle hängend, vor die Wohnung des Mannes, an dem er sich<lb/> vergangen hatte, wo er stundenlang in der Sonnenhitze liegen mußte. Dort<lb/> schlug man ihn mit Steinen an den Kopf, bis ihm das Blut über das Gesicht<lb/> lief, oder zwang ihn in eine bittere Wurzel zu beißen, die den Mund an¬<lb/> schwellen machte. Unter dem Einflüsse der Missionare sind diese Strafen.jetzt<lb/> abgeschafft und in Bußen verwandelt, während für Mord und Ehebruch uoch<lb/> die alten Gesetze in Kraft sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_1186"> Diese Dorfgemeinden, Sippen, von denen wir eben gesprochen haben, be¬<lb/> trachten sich als völlig getrennt von einander, als ganz unabhängig und als<lb/> berechtigt, auf ihrem eignen Grund und Boden und in ihren eignen Angelegen¬<lb/> heiten frei zu handeln, wie ihnen beliebt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1187"> Dann aber vereinigen sich wiederum acht bis zehn dieser Dörfer und<lb/> bilden einen Bezirk oder Staat zu gemeinschaftlichem Schutze. Irgendein be¬<lb/> sonderes Dorf wird als Hauptort des Bezirkes anerkannt, wo das gemeinsame<lb/> aus den Oberhäuptlingen bestehende Parlament zusammentrat. Es fand im<lb/> Freien, im Schatten der Brodfruchtbäume statt, war öffentlich, und die Reden<lb/> wurden vor dem gestimmten Volke gehalten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1188" next="#ID_1189"> Die alte Verfassungsform von Samoa ist indessen in neuerer Zeit durch<lb/> den Einfluß des Christenthums und fremder Kolonisten wesentlich modifizirt<lb/> worden. Die Macht der Tuis oder Oberhänptlinge ist ganz gesunken, und im</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0343]
übergeben. Je mehr Frauen, je mehr Matten und daher je mehr Reichthum,
denn Matten gelten ans Samoa gleich dem Golde.
Das Land auf den Inseln ist im gemeinsamen Besitze der Sippe, die
Aecker einer jeden Sippe sind genau bekannt, und der Oberhäuptling verfügt
darüber für die Gesammtheit; ebenso ist das Meer für die Fischerei vertheilt.
Der Oberhäuptling und die Familienhäupter bilden uoch den gesetzgebenden
Körper des Ortes, sowie den gemeinschaftlichen Gerichtshof. Da die Samoaner
keine geschriebene Sprache besitzen, so haben sie bis vor kurzem auch keine ge¬
schriebenen Gesetze besessen, dennoch hatten sie, soweit man in ihrer Geschichte
zurückgehen mag, wohlverstandene Gesetze zur Verhinderung von Diebstahl,
Ehebruch, Mißhandlungen, Mord, gegen das Schimpfen und Abhauen von
Fruchtbäumen. Tod war die gewöhnliche Strafe für Mord und Ehebruch,
und da es dem beleidigten Theile frei stand, Rache zu nehmen an dem Sohne,,
Bruder oder sonst einem nahen Verwandten des Beleidigers, so waren jene
Verbrechen gefürchtet und selten. Die Schuldigen flohen dann in einen andern
Ort, der ihnen Asylrecht gewährte. Ehebruch wurde durch Ausstechen der
Augen oder Abbeißen von Nase und Ohren bestraft.
An das Mittelalter erinnern andere Strafen. Man band z. B. dem
Schuldigen Hand an Hand, Fuß nu Fuß, und trug ihn dann, an einem
stacheligen Pfahle hängend, vor die Wohnung des Mannes, an dem er sich
vergangen hatte, wo er stundenlang in der Sonnenhitze liegen mußte. Dort
schlug man ihn mit Steinen an den Kopf, bis ihm das Blut über das Gesicht
lief, oder zwang ihn in eine bittere Wurzel zu beißen, die den Mund an¬
schwellen machte. Unter dem Einflüsse der Missionare sind diese Strafen.jetzt
abgeschafft und in Bußen verwandelt, während für Mord und Ehebruch uoch
die alten Gesetze in Kraft sind.
Diese Dorfgemeinden, Sippen, von denen wir eben gesprochen haben, be¬
trachten sich als völlig getrennt von einander, als ganz unabhängig und als
berechtigt, auf ihrem eignen Grund und Boden und in ihren eignen Angelegen¬
heiten frei zu handeln, wie ihnen beliebt.
Dann aber vereinigen sich wiederum acht bis zehn dieser Dörfer und
bilden einen Bezirk oder Staat zu gemeinschaftlichem Schutze. Irgendein be¬
sonderes Dorf wird als Hauptort des Bezirkes anerkannt, wo das gemeinsame
aus den Oberhäuptlingen bestehende Parlament zusammentrat. Es fand im
Freien, im Schatten der Brodfruchtbäume statt, war öffentlich, und die Reden
wurden vor dem gestimmten Volke gehalten.
Die alte Verfassungsform von Samoa ist indessen in neuerer Zeit durch
den Einfluß des Christenthums und fremder Kolonisten wesentlich modifizirt
worden. Die Macht der Tuis oder Oberhänptlinge ist ganz gesunken, und im
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