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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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der Genercil-Reserve in Thätigkeit gesetzt sind und bereiten den Angriff vor.
Dann treten die Regimenter Ur. 152 und 156 nebst dem Grenadier-Regiment
Ur. 1, zusammen 11 Bataillone gegen Front und Flanken zum Sturme an.
Die Türken warten denselben nicht ab, sondern fliehen und werden dabei den
Truppen des General Lazarew und den Grenadieren des General Heiman in
die Arme getrieben. Den Rückzug von Wisinkjew auf Kars verlegt die Kaval¬
lerie unter dem Generalmajor Loris Melikow. Auch die türkischen Truppen
auf dem kleinen Jagni-Berge sehen sich sehr bald von vorn und von hinten
zugleich angegriffen.

Die Türken, so von allen Seiten eingeschlossen und bedrängt, müssen sich
schließlich ergeben. Nur einem Theile derselben ist es gelungen, noch rechtzeitig
mit Mukhtar Pascha nach Kars zu entkommen; 7 Pascha's aber mit 7000 Mann
kapitnliren noch in geschlossenen Abtheilungen.

Der Verlust der Russen am 14. und 15. Oktober betrug nur 1441 Köpfe.
Bei der Hartnäckigkeit, mit der die Türken sonst unter Mukhtar Pascha ge¬
kämpft hatten, ist dies vielleicht der beste Beweis, daß bereits Unordnung unter
den Truppen eingerissen war.

Mukhtar Pascha zog sich, wie schon einmal zu Beginn des Feldzuges,
wieder mit 8 Bataillonen aus Kars nach dem Saganlug-Gebirge zurück, die
Festung Kars ihrem Geschick überlassend.

Die Niederlage der Hauptarmes wirkte auch unmittelbar auf beide Flügel
des türkischen Heeres zurück. Im Süden hatte Ismail Hall Pascha, obwohl
durch Abgaben an die Armee von Kars um die Hälfte geschwächt, am
14. Oktober noch einmal einen Vorstoß gegen Chalfaly versucht, ohne dabei
einen Erfolg zu erringen. Auf die Nachricht von der Niederlage bei Kars
trat er am 18. Oktober den Rückzug auf Erzerum an und erreichte am 24.
Oktober Gerger, 10 Ka östlich Karakilisfa, während der ihm folgende General
Tergukassow an diesem Tage erst Djadin erreichte. Der so gewonnene Vor¬
sprung von zwei Marschtagen wurde seine Rettung.

Mukhtar Pascha hatte auf seinem Rückzüge am 20. Oktober auf dem
Saganlug-Gebirge Halt gemacht, um Ismail Zeit zum Rückzüge zu verschaffen;
eine Vereinigung beider konnte aber erst bei Koprikioi erfolgen, wo sich die
Straßen von Kars und von Bajaset auf Erzerum vereinigen, und wo Ismail
die Brücke über den Aras passiren mußte. In Eilmärschen erreichte Ismail
in den drei Tagen vom 25--27. Oktober diese Brücke, und die Arrieregarde
Mukhtar's, der den Saganlug inzwischen hatte aufgeben müssen, konnte gerade
noch ihn hier aufnehmen; am 28. Oktober vereinigte sich in Koprikioi die
Avantgarden-Reiterei des Generals Tergukassow mit den Vortruppen des auf
der Straße von Kars vorrückenden Generals Heiman.


der Genercil-Reserve in Thätigkeit gesetzt sind und bereiten den Angriff vor.
Dann treten die Regimenter Ur. 152 und 156 nebst dem Grenadier-Regiment
Ur. 1, zusammen 11 Bataillone gegen Front und Flanken zum Sturme an.
Die Türken warten denselben nicht ab, sondern fliehen und werden dabei den
Truppen des General Lazarew und den Grenadieren des General Heiman in
die Arme getrieben. Den Rückzug von Wisinkjew auf Kars verlegt die Kaval¬
lerie unter dem Generalmajor Loris Melikow. Auch die türkischen Truppen
auf dem kleinen Jagni-Berge sehen sich sehr bald von vorn und von hinten
zugleich angegriffen.

Die Türken, so von allen Seiten eingeschlossen und bedrängt, müssen sich
schließlich ergeben. Nur einem Theile derselben ist es gelungen, noch rechtzeitig
mit Mukhtar Pascha nach Kars zu entkommen; 7 Pascha's aber mit 7000 Mann
kapitnliren noch in geschlossenen Abtheilungen.

Der Verlust der Russen am 14. und 15. Oktober betrug nur 1441 Köpfe.
Bei der Hartnäckigkeit, mit der die Türken sonst unter Mukhtar Pascha ge¬
kämpft hatten, ist dies vielleicht der beste Beweis, daß bereits Unordnung unter
den Truppen eingerissen war.

Mukhtar Pascha zog sich, wie schon einmal zu Beginn des Feldzuges,
wieder mit 8 Bataillonen aus Kars nach dem Saganlug-Gebirge zurück, die
Festung Kars ihrem Geschick überlassend.

Die Niederlage der Hauptarmes wirkte auch unmittelbar auf beide Flügel
des türkischen Heeres zurück. Im Süden hatte Ismail Hall Pascha, obwohl
durch Abgaben an die Armee von Kars um die Hälfte geschwächt, am
14. Oktober noch einmal einen Vorstoß gegen Chalfaly versucht, ohne dabei
einen Erfolg zu erringen. Auf die Nachricht von der Niederlage bei Kars
trat er am 18. Oktober den Rückzug auf Erzerum an und erreichte am 24.
Oktober Gerger, 10 Ka östlich Karakilisfa, während der ihm folgende General
Tergukassow an diesem Tage erst Djadin erreichte. Der so gewonnene Vor¬
sprung von zwei Marschtagen wurde seine Rettung.

Mukhtar Pascha hatte auf seinem Rückzüge am 20. Oktober auf dem
Saganlug-Gebirge Halt gemacht, um Ismail Zeit zum Rückzüge zu verschaffen;
eine Vereinigung beider konnte aber erst bei Koprikioi erfolgen, wo sich die
Straßen von Kars und von Bajaset auf Erzerum vereinigen, und wo Ismail
die Brücke über den Aras passiren mußte. In Eilmärschen erreichte Ismail
in den drei Tagen vom 25—27. Oktober diese Brücke, und die Arrieregarde
Mukhtar's, der den Saganlug inzwischen hatte aufgeben müssen, konnte gerade
noch ihn hier aufnehmen; am 28. Oktober vereinigte sich in Koprikioi die
Avantgarden-Reiterei des Generals Tergukassow mit den Vortruppen des auf
der Straße von Kars vorrückenden Generals Heiman.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/331>, abgerufen am 05.02.2025.