Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.die sich eben nur dnrch das Hernmgastiren in den verschiedensten Städten, Nicht viel wahrer aber ist auch das andere, was man mit Bezug auf die sich eben nur dnrch das Hernmgastiren in den verschiedensten Städten, Nicht viel wahrer aber ist auch das andere, was man mit Bezug auf <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0318" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/141197"/> <p xml:id="ID_1082" prev="#ID_1081"> die sich eben nur dnrch das Hernmgastiren in den verschiedensten Städten,<lb/> durch die immer neue Schaustellung bezahlt machen können, zu verlangen.<lb/> Daran ist gewiß etwas Wahres. Wenn sich aber einmal eine andere Theater¬<lb/> direktion, als die Meiniugische, ernstlich dahinter setzte und dieses „ausnahms-<lb/> weise erreichbare Virtuosenthum" eben durch ausnahmsweise angewendete<lb/> Mühe und Sorgfalt erreichte, sollte sich dieser Eifer dann nicht auch aus¬<lb/> nahmsweise belohnen? Und wenn derartige erfreuliche Ausnahmen sich öfter<lb/> wiederholten, sollten sie nicht allmählich die Regel bilden können? Die Meininger<lb/> haben mit sieben, sage sieben Vorstellungen einen Monat lang ein volles Haus<lb/> erzielt, sie haben ein und dasselbe Stück fünf und sechsmal hintereinander<lb/> beinahe vor ausverkauftem Hause gespielt, während gleichzeitig auch jeden<lb/> Abend im neuen Theater Vorstellung war und Herr Dr. Förster sich auch dort<lb/> gewiß nicht über mangelnde Schaulust zu beklagen gehabt haben wird. Wenn<lb/> nun Herr Dr. Förster eine Vorstellung, ich will einmal sagen, von Goethe's<lb/> „Egmont" ausnahmsweise mit aller Gediegenheit und Sauberkeit vorbereitete<lb/> — das erste Mal würde er vielleicht kein besonders glänzendes Geschäft damit<lb/> machen, weil viele aus wohlbegründeten Mißtrauen fern bleiben würden. Aber<lb/> würde es nicht einer dem andern sagen? Würde es nicht heißen: „Das mußt<lb/> du gesehen haben, das ist wirklich einmal eine gute Aufführung?" Und würde<lb/> uicht Herr Dr. Förster, unbesorgt um seine Kassenerfolge, eine solche Vorstellung<lb/> im Laufe des Monats ebensogut wie die Meininger fünf, sechs Mal wieder¬<lb/> holen können? Und wenn dann derartige Vorstellungen sich mehrten? — Wenn<lb/> freilich zu einer fünftägigen angeblichen „Goethefeier" fünf Goethe'sche Schauspiele<lb/> hinter einander abgeschnurrt werden in einer Form, die der Direktion entschieden<lb/> selber keine Freude machen kann, geschweige denn dem Publikum, dann ist es<lb/> kein Wunder, wenn nach einer Wiederholung solcher Vorstellungen sich kein<lb/> Verlangen zeigt, und wenn die Direktion „darauf angewiesen ist, ihrem Publikum<lb/> stets neue Stücke vorzuführen."</p><lb/> <p xml:id="ID_1083" next="#ID_1084"> Nicht viel wahrer aber ist auch das andere, was man mit Bezug auf<lb/> die Meininger und um vor einer Ueberschätzung ihrer Leistungen zu warnen<lb/> gesagt hat, daß nämlich ein trefflich geschultes Ensemble eine höhere Vortreff¬<lb/> lichkeit lüge, als es besitze; es täusche über die einzelnen Kräfte durch die<lb/> Harmonie der Gesammtwirkung; Anfang und Ende aller Kunst bleibe immer<lb/> die schöpferische Genialität der Darsteller. Das Letztere kann man ja getrost<lb/> zugeben. Aber da die „genialen" Darsteller eben gerade so selten sind, wie die<lb/> „genialen" Dichter — man kann sie in der Geschichte der Schauspielkunst an<lb/> den Fingern herzählen —, so wird man eben immer mit den vorhandenen<lb/> Kräften rechnen und damit das Beste zu leisten suchen müssen. Die Bühne der<lb/> Meininger bietet „Vorstellungen mittlerer Kräfte, die uns ein abgerundetes</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0318]
die sich eben nur dnrch das Hernmgastiren in den verschiedensten Städten,
durch die immer neue Schaustellung bezahlt machen können, zu verlangen.
Daran ist gewiß etwas Wahres. Wenn sich aber einmal eine andere Theater¬
direktion, als die Meiniugische, ernstlich dahinter setzte und dieses „ausnahms-
weise erreichbare Virtuosenthum" eben durch ausnahmsweise angewendete
Mühe und Sorgfalt erreichte, sollte sich dieser Eifer dann nicht auch aus¬
nahmsweise belohnen? Und wenn derartige erfreuliche Ausnahmen sich öfter
wiederholten, sollten sie nicht allmählich die Regel bilden können? Die Meininger
haben mit sieben, sage sieben Vorstellungen einen Monat lang ein volles Haus
erzielt, sie haben ein und dasselbe Stück fünf und sechsmal hintereinander
beinahe vor ausverkauftem Hause gespielt, während gleichzeitig auch jeden
Abend im neuen Theater Vorstellung war und Herr Dr. Förster sich auch dort
gewiß nicht über mangelnde Schaulust zu beklagen gehabt haben wird. Wenn
nun Herr Dr. Förster eine Vorstellung, ich will einmal sagen, von Goethe's
„Egmont" ausnahmsweise mit aller Gediegenheit und Sauberkeit vorbereitete
— das erste Mal würde er vielleicht kein besonders glänzendes Geschäft damit
machen, weil viele aus wohlbegründeten Mißtrauen fern bleiben würden. Aber
würde es nicht einer dem andern sagen? Würde es nicht heißen: „Das mußt
du gesehen haben, das ist wirklich einmal eine gute Aufführung?" Und würde
uicht Herr Dr. Förster, unbesorgt um seine Kassenerfolge, eine solche Vorstellung
im Laufe des Monats ebensogut wie die Meininger fünf, sechs Mal wieder¬
holen können? Und wenn dann derartige Vorstellungen sich mehrten? — Wenn
freilich zu einer fünftägigen angeblichen „Goethefeier" fünf Goethe'sche Schauspiele
hinter einander abgeschnurrt werden in einer Form, die der Direktion entschieden
selber keine Freude machen kann, geschweige denn dem Publikum, dann ist es
kein Wunder, wenn nach einer Wiederholung solcher Vorstellungen sich kein
Verlangen zeigt, und wenn die Direktion „darauf angewiesen ist, ihrem Publikum
stets neue Stücke vorzuführen."
Nicht viel wahrer aber ist auch das andere, was man mit Bezug auf
die Meininger und um vor einer Ueberschätzung ihrer Leistungen zu warnen
gesagt hat, daß nämlich ein trefflich geschultes Ensemble eine höhere Vortreff¬
lichkeit lüge, als es besitze; es täusche über die einzelnen Kräfte durch die
Harmonie der Gesammtwirkung; Anfang und Ende aller Kunst bleibe immer
die schöpferische Genialität der Darsteller. Das Letztere kann man ja getrost
zugeben. Aber da die „genialen" Darsteller eben gerade so selten sind, wie die
„genialen" Dichter — man kann sie in der Geschichte der Schauspielkunst an
den Fingern herzählen —, so wird man eben immer mit den vorhandenen
Kräften rechnen und damit das Beste zu leisten suchen müssen. Die Bühne der
Meininger bietet „Vorstellungen mittlerer Kräfte, die uns ein abgerundetes
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