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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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Pascha von Lvwcch aus am 21. und 22. August Demonstrationen gegen Selwi
ausführen lassen, welche aber die Vortruppen der dort stehenden 2. Infanterie-
Division abzuweisen genügten.

Die blutigen Frontal-Angriffe auf den Tschipka-Pciß mißlangen. Vergeb¬
lich fragt man nach ihrer Ursache, wo der Zweck, die Räumung des Balkan
zu erzwingen, ja viel sicherer zu erreichen war, wenn Suleiman sei's im Osten
über Bebrowa der Armee im Festungsviereck die Hand reichte, oder weiter
westwärts über den Etropol-Balkan mit Plewna in Verbindung trat. Das
Auftreten eines so starken und zur Offensive befähigten Korps im Norden des
Balkan konnte gerade in dieser Zeit noch für die ganze russische Armee südlich
der Donau verhängnißvoll werden. Bei der gewählten Angriffsart wurden
die kostbaren Kräfte in erfolglosen Anstürmen nutzlos vergeudet.

Im Osten Bulgarien's standen nnter dem Oberbefehl Mehemed Ali's
zu Anfang August das etwa 20,000 Mann starke Korps Achmed Ejub's bei
Nnschtschuk und etwa 40,000 Mann weiter südlich bei Nasgrad und Osinan-
bazar. Ihm gegenüber hatte der Großfürst Thronfolger von Rußland
mit dem 12. und 13. russischen Korps starke Stellungen am linken Ufer des
schwarzen Lom inne, während die Linie der Vorposten am weißen Lom bis
Spachilar aufwärts stand und sich von dort nach Arablar am schwarzen Lom
zurückwandte, also etwa der türkischen Linie Rasgrad-Eski-Dschnma-Osman-
bazar so ziemlich parallel lief. Von Arablar hatte die Armee des Großfürsten
Verbindung mit dem um Slawritza vereinigte" 11. russischen Korps, welches,
jetzt ganz der Südarmee zugetheilt, mit den bei Kesrowa stehenden Abthei¬
lungen die Front gegen Osmanbazar genommen hatte, während den Vortruppen
in Bebrowa und Elena noch wesentlich die Deckung von Balkanpässen gegen
die türkische Südarmee oblag.

Bis Mitte August standen beide Theile sich unthätig gegenüber; nur am
13. August gingen schwache türkische Abtheilungen von Nasgrad zur Rekognos-
zirung gegen Sabina am weißen Lom vor.

Am 16. August erfolgte von Nnschtschuk aus ein ernsterer Angriff auf
die russischen Vorposten bei Dolob (7 Kri von Ruschtschny, während an dem¬
selben Tage eine russische Rekognoszirungs-Abtheilung gegen Osmanbazar vor¬
ging. Am 21. rekognoszirten 4 russische Bataillone in der Richtung auf Eski-
Dschuma, wurden aber ans die Höhen des rechten Lom-Ufers zurückgedrängt.
Am 22. August früh gelang es sogar den Türken, die Russen von den Höhen
und über den Lom nach Ajcizlar zurückzuwerfen. Die russische 1. Division
(des 13. Armeekorps) nahm die Höhen an demselben Abend nach 9 Uhr wieder,
aber von Mitternacht an erfolgten neue türkische Angriffe, die nur unter Her¬
anziehung auch von Theilen der 35. Diviston desselben Armeekorps abgewiesen


Pascha von Lvwcch aus am 21. und 22. August Demonstrationen gegen Selwi
ausführen lassen, welche aber die Vortruppen der dort stehenden 2. Infanterie-
Division abzuweisen genügten.

Die blutigen Frontal-Angriffe auf den Tschipka-Pciß mißlangen. Vergeb¬
lich fragt man nach ihrer Ursache, wo der Zweck, die Räumung des Balkan
zu erzwingen, ja viel sicherer zu erreichen war, wenn Suleiman sei's im Osten
über Bebrowa der Armee im Festungsviereck die Hand reichte, oder weiter
westwärts über den Etropol-Balkan mit Plewna in Verbindung trat. Das
Auftreten eines so starken und zur Offensive befähigten Korps im Norden des
Balkan konnte gerade in dieser Zeit noch für die ganze russische Armee südlich
der Donau verhängnißvoll werden. Bei der gewählten Angriffsart wurden
die kostbaren Kräfte in erfolglosen Anstürmen nutzlos vergeudet.

Im Osten Bulgarien's standen nnter dem Oberbefehl Mehemed Ali's
zu Anfang August das etwa 20,000 Mann starke Korps Achmed Ejub's bei
Nnschtschuk und etwa 40,000 Mann weiter südlich bei Nasgrad und Osinan-
bazar. Ihm gegenüber hatte der Großfürst Thronfolger von Rußland
mit dem 12. und 13. russischen Korps starke Stellungen am linken Ufer des
schwarzen Lom inne, während die Linie der Vorposten am weißen Lom bis
Spachilar aufwärts stand und sich von dort nach Arablar am schwarzen Lom
zurückwandte, also etwa der türkischen Linie Rasgrad-Eski-Dschnma-Osman-
bazar so ziemlich parallel lief. Von Arablar hatte die Armee des Großfürsten
Verbindung mit dem um Slawritza vereinigte» 11. russischen Korps, welches,
jetzt ganz der Südarmee zugetheilt, mit den bei Kesrowa stehenden Abthei¬
lungen die Front gegen Osmanbazar genommen hatte, während den Vortruppen
in Bebrowa und Elena noch wesentlich die Deckung von Balkanpässen gegen
die türkische Südarmee oblag.

Bis Mitte August standen beide Theile sich unthätig gegenüber; nur am
13. August gingen schwache türkische Abtheilungen von Nasgrad zur Rekognos-
zirung gegen Sabina am weißen Lom vor.

Am 16. August erfolgte von Nnschtschuk aus ein ernsterer Angriff auf
die russischen Vorposten bei Dolob (7 Kri von Ruschtschny, während an dem¬
selben Tage eine russische Rekognoszirungs-Abtheilung gegen Osmanbazar vor¬
ging. Am 21. rekognoszirten 4 russische Bataillone in der Richtung auf Eski-
Dschuma, wurden aber ans die Höhen des rechten Lom-Ufers zurückgedrängt.
Am 22. August früh gelang es sogar den Türken, die Russen von den Höhen
und über den Lom nach Ajcizlar zurückzuwerfen. Die russische 1. Division
(des 13. Armeekorps) nahm die Höhen an demselben Abend nach 9 Uhr wieder,
aber von Mitternacht an erfolgten neue türkische Angriffe, die nur unter Her¬
anziehung auch von Theilen der 35. Diviston desselben Armeekorps abgewiesen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/250>, abgerufen am 05.02.2025.