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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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Skalewitza gerichteten Angriffs vorgehen. Ehe jedoch diese noch wirksam werden
konnte, war der Angriff bereits in der Front abgewiesen. Eine Wiederholung
desselben um 3 Uhr Nachmittags hatte keinen besseren Erfolg. Um 4^ Uhr
zog Osman Pascha seine Truppen in die Befestigungen von Plewna zurück.
Die Russen hatten 1060 Köpfe in dem langen Kampfe verloren. Aber der
einzige ernste Angriffsversuch Osman Pascha's war gescheitert, und das Selbst¬
gefühl der russischen Truppen war durch einen Erfolg gegen den zweimal sieg¬
reichen Feldherrn gehoben.

Bei der russischen Südarmee erwarteten die Vortruppen in den Balkan¬
pässen von Tage zu Tage den Angriff Suleiman Pascha's. Dieser aber war
dem Abzüge des General Gurko am 1. August nicht gefolgt, sondern konzen-
trirte erst seine Truppen theils bei Imi-Scighra, theils bei Eski-Saghra. Vom
Tschipka - Passe stieg sogar Generalmajor Stoljetow' am 14. August mit
4 Bataillonen nach dem Dorfe Tschipka hinab und holte sich am 15. Proviant
aus Kesanlyk, ohne anders als durch türkische Irreguläre dabei behindert zu
werden. Erst am 16. August griffen 6 türkische Bataillone die Russen im
Chainköi-Paß an, begnügten sich aber mit Demonstrationen. Am 18. August
erschien Suleimcm's Avantgarde vor Kesanlyk, ihre Vortruppen besetzten Janina
und Senowo. Am 19. rückte das Gros der Avantgarde selbst nach letzterem
Orte (2 Kra vom Dorfe Tschipka). Gleichzeitig wurden von Sliwno aus
die russischen Vorposten in Stararjeka angegriffen und bis Bebrowa zurück¬
geworfen, fo daß General Radetzki eiligst Verstärkungen dahin abgehen ließ.
Am 20. waren 40 türkische Bataillone vor dem Tschipka-Paß versammelt,
und am 21. August begann der ernste Angriff auf diesen. Russischerseits
hielt das 36. Infanterie-Regiment und die bulgarische Legion den Paß und
seine nächste Umgebung besetzt. Erschwert war die Vertheidigung dadurch, daß
der Aufstieg der Türken bis zur Paßhöhe ziemlich gedeckt erfolgen konnte, und
daß die Flanken des Vertheidigers auf den Höhen keine Anlehnung fanden,
sondern stets mit Umgebung bedroht waren. Das Schußfeld der wenigen
Geschütze, die man aufstellen konnte, war beschränkt. Durch Anlage von Bat¬
terien und Schützengräben aber war die Stellung zu möglichst hartnäckiger
Vertheidigung eingerichtet worden. Den linken Flügel der Stellung bildeten
die besonders festen Vertheidigungsanlagen auf dem Nikolai-Berge.

Der türkische Angriff erfolgte auf dem geraden Wege vom Dorfe Tschipka
aus, zur Unterstützung wurde sogar auf einem nahen Höhenpunkte, dem kleinen
Berdek, eine Batterie in Thätigkeit gesetzt. Die Russen wiesen alle Angriffe
von früh bis 8 Uhr Abends erfolgreich ab. Um Mittag war übrigens schon
das 35. Infanterie-Regiment zu ihrer Unterstützung hinter der Paßhöhe ange¬
kommen. Am 22. August wurden nur einige schwache Vorstöße gegen die


Skalewitza gerichteten Angriffs vorgehen. Ehe jedoch diese noch wirksam werden
konnte, war der Angriff bereits in der Front abgewiesen. Eine Wiederholung
desselben um 3 Uhr Nachmittags hatte keinen besseren Erfolg. Um 4^ Uhr
zog Osman Pascha seine Truppen in die Befestigungen von Plewna zurück.
Die Russen hatten 1060 Köpfe in dem langen Kampfe verloren. Aber der
einzige ernste Angriffsversuch Osman Pascha's war gescheitert, und das Selbst¬
gefühl der russischen Truppen war durch einen Erfolg gegen den zweimal sieg¬
reichen Feldherrn gehoben.

Bei der russischen Südarmee erwarteten die Vortruppen in den Balkan¬
pässen von Tage zu Tage den Angriff Suleiman Pascha's. Dieser aber war
dem Abzüge des General Gurko am 1. August nicht gefolgt, sondern konzen-
trirte erst seine Truppen theils bei Imi-Scighra, theils bei Eski-Saghra. Vom
Tschipka - Passe stieg sogar Generalmajor Stoljetow' am 14. August mit
4 Bataillonen nach dem Dorfe Tschipka hinab und holte sich am 15. Proviant
aus Kesanlyk, ohne anders als durch türkische Irreguläre dabei behindert zu
werden. Erst am 16. August griffen 6 türkische Bataillone die Russen im
Chainköi-Paß an, begnügten sich aber mit Demonstrationen. Am 18. August
erschien Suleimcm's Avantgarde vor Kesanlyk, ihre Vortruppen besetzten Janina
und Senowo. Am 19. rückte das Gros der Avantgarde selbst nach letzterem
Orte (2 Kra vom Dorfe Tschipka). Gleichzeitig wurden von Sliwno aus
die russischen Vorposten in Stararjeka angegriffen und bis Bebrowa zurück¬
geworfen, fo daß General Radetzki eiligst Verstärkungen dahin abgehen ließ.
Am 20. waren 40 türkische Bataillone vor dem Tschipka-Paß versammelt,
und am 21. August begann der ernste Angriff auf diesen. Russischerseits
hielt das 36. Infanterie-Regiment und die bulgarische Legion den Paß und
seine nächste Umgebung besetzt. Erschwert war die Vertheidigung dadurch, daß
der Aufstieg der Türken bis zur Paßhöhe ziemlich gedeckt erfolgen konnte, und
daß die Flanken des Vertheidigers auf den Höhen keine Anlehnung fanden,
sondern stets mit Umgebung bedroht waren. Das Schußfeld der wenigen
Geschütze, die man aufstellen konnte, war beschränkt. Durch Anlage von Bat¬
terien und Schützengräben aber war die Stellung zu möglichst hartnäckiger
Vertheidigung eingerichtet worden. Den linken Flügel der Stellung bildeten
die besonders festen Vertheidigungsanlagen auf dem Nikolai-Berge.

Der türkische Angriff erfolgte auf dem geraden Wege vom Dorfe Tschipka
aus, zur Unterstützung wurde sogar auf einem nahen Höhenpunkte, dem kleinen
Berdek, eine Batterie in Thätigkeit gesetzt. Die Russen wiesen alle Angriffe
von früh bis 8 Uhr Abends erfolgreich ab. Um Mittag war übrigens schon
das 35. Infanterie-Regiment zu ihrer Unterstützung hinter der Paßhöhe ange¬
kommen. Am 22. August wurden nur einige schwache Vorstöße gegen die


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[0248] Skalewitza gerichteten Angriffs vorgehen. Ehe jedoch diese noch wirksam werden konnte, war der Angriff bereits in der Front abgewiesen. Eine Wiederholung desselben um 3 Uhr Nachmittags hatte keinen besseren Erfolg. Um 4^ Uhr zog Osman Pascha seine Truppen in die Befestigungen von Plewna zurück. Die Russen hatten 1060 Köpfe in dem langen Kampfe verloren. Aber der einzige ernste Angriffsversuch Osman Pascha's war gescheitert, und das Selbst¬ gefühl der russischen Truppen war durch einen Erfolg gegen den zweimal sieg¬ reichen Feldherrn gehoben. Bei der russischen Südarmee erwarteten die Vortruppen in den Balkan¬ pässen von Tage zu Tage den Angriff Suleiman Pascha's. Dieser aber war dem Abzüge des General Gurko am 1. August nicht gefolgt, sondern konzen- trirte erst seine Truppen theils bei Imi-Scighra, theils bei Eski-Saghra. Vom Tschipka - Passe stieg sogar Generalmajor Stoljetow' am 14. August mit 4 Bataillonen nach dem Dorfe Tschipka hinab und holte sich am 15. Proviant aus Kesanlyk, ohne anders als durch türkische Irreguläre dabei behindert zu werden. Erst am 16. August griffen 6 türkische Bataillone die Russen im Chainköi-Paß an, begnügten sich aber mit Demonstrationen. Am 18. August erschien Suleimcm's Avantgarde vor Kesanlyk, ihre Vortruppen besetzten Janina und Senowo. Am 19. rückte das Gros der Avantgarde selbst nach letzterem Orte (2 Kra vom Dorfe Tschipka). Gleichzeitig wurden von Sliwno aus die russischen Vorposten in Stararjeka angegriffen und bis Bebrowa zurück¬ geworfen, fo daß General Radetzki eiligst Verstärkungen dahin abgehen ließ. Am 20. waren 40 türkische Bataillone vor dem Tschipka-Paß versammelt, und am 21. August begann der ernste Angriff auf diesen. Russischerseits hielt das 36. Infanterie-Regiment und die bulgarische Legion den Paß und seine nächste Umgebung besetzt. Erschwert war die Vertheidigung dadurch, daß der Aufstieg der Türken bis zur Paßhöhe ziemlich gedeckt erfolgen konnte, und daß die Flanken des Vertheidigers auf den Höhen keine Anlehnung fanden, sondern stets mit Umgebung bedroht waren. Das Schußfeld der wenigen Geschütze, die man aufstellen konnte, war beschränkt. Durch Anlage von Bat¬ terien und Schützengräben aber war die Stellung zu möglichst hartnäckiger Vertheidigung eingerichtet worden. Den linken Flügel der Stellung bildeten die besonders festen Vertheidigungsanlagen auf dem Nikolai-Berge. Der türkische Angriff erfolgte auf dem geraden Wege vom Dorfe Tschipka aus, zur Unterstützung wurde sogar auf einem nahen Höhenpunkte, dem kleinen Berdek, eine Batterie in Thätigkeit gesetzt. Die Russen wiesen alle Angriffe von früh bis 8 Uhr Abends erfolgreich ab. Um Mittag war übrigens schon das 35. Infanterie-Regiment zu ihrer Unterstützung hinter der Paßhöhe ange¬ kommen. Am 22. August wurden nur einige schwache Vorstöße gegen die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/248>, abgerufen am 05.02.2025.