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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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Zweite sein eignes Heer ohne Nutzen für den Kaiser, schlechterdings nur zu
Gunsten der verhaßte" Spanier. Er sah, ihr Einfluß gewann Terrain in
Wien i eben deshalb wies er beides ab, sprach aber auch davon, sein Kommando
niederlegen zu wollen.

Die Spanier hatten gesiegt in der Hofburg, kaum hätte es noch der ab¬
lehnenden Bescheide des Feldherrn bedurft. Deun schon Mitte Dezember hatte
Graf Orate die kategorische Erklärung abgegeben: sein Herr werde mit dem
Kaiser brechen, ihm jede Hilfe entziehen, wenn derselbe auf Wallenstein's Frie-
denspläue eingehen wolle. Diese Drohung mußte durchschlagen; bezog doch
Ferdinand II. monatlich 50,000 Thaler aus spanischen Kassen; er war ver¬
loren, wenn er die finanzielle Unterstützung Spanien's verlor, denn seit dem
Beginne des Krieges stand er am Rande des Bankerotts. Materiell und
geistig beherrschte die spanische Politik das Kaiserhaus so vollständig wie einst
in Karl's V. Tagen.

Und sie verfolgte dieselben Ziele wie er: Erhöhung der kaiserlichen Ge¬
walt, Niederdrückung, wenn nicht Vernichtung des deutschen Protestantismus,
durch beide Mittel Einfügung Deutschland's in das spanische System. Ein
Anhängsel der spanischen Monarchie sollte es sein, nichts mehr.

Indem Wallenstein sich diesen Plänen widersetzte, indem er den Frieden
Mit den Protestanten wollte' und den spanischen Einfluß in Deutschland be¬
kämpfte, war er mit allen guten Geistern unserer Nation verbündet. Noch
konnte er zu siegen hoffen, am kaiserlichen Hofe seine Feinde aus dem Felde
schlagen, aber nur unter einer Bedingung: er mußte seines Heeres unbedingt
sicher sein.

An der Frage: ob Friedland sich im Kommando behaupten könne, hing
eine welthistorische Entscheidung.

Er war fest entschlossen dazu. Am 12. Januar 1634 versammelte er seiue
Obervffiziere in Pilsen. Durch Feldmarschall Jlow (Illo) ließ er ihnen die kaiser¬
lichen Forderungen und seinen Entschluß zum Rücktritt mittheilen. Die Obersten
erklärten, das dürfe nicht geschehen, sie unterzeichneten alle jenen berufenen
Revers, der sie verpflichtete, bei ihrem Feldherrn auszuharren, damit ihm kein
Schimpf widerführe; sie thaten es in ihrem eigenen Interesse, bei guten Sinnen,
nicht in dem Taumel eiues Rausches; sie empfingen dagegen die feierliche
mündliche Versicherung Wallenstein's: er habe nichts gegen den Kaiser vor,
nur den Frieden mit Sachsen und Brandenburg wolle er auf seine Weise zu
Stande bringen.

Sehr ernstlich ging er jetzt wieder daran. Herstellung des Zustandes von
1618, anch in kirchlicher Beziehung, Abtretung der Lausitzer, der Stiftslande,
Magdeburg und Halberstadt, das war es, was er jetzt wieder in Berlin und


Zweite sein eignes Heer ohne Nutzen für den Kaiser, schlechterdings nur zu
Gunsten der verhaßte» Spanier. Er sah, ihr Einfluß gewann Terrain in
Wien i eben deshalb wies er beides ab, sprach aber auch davon, sein Kommando
niederlegen zu wollen.

Die Spanier hatten gesiegt in der Hofburg, kaum hätte es noch der ab¬
lehnenden Bescheide des Feldherrn bedurft. Deun schon Mitte Dezember hatte
Graf Orate die kategorische Erklärung abgegeben: sein Herr werde mit dem
Kaiser brechen, ihm jede Hilfe entziehen, wenn derselbe auf Wallenstein's Frie-
denspläue eingehen wolle. Diese Drohung mußte durchschlagen; bezog doch
Ferdinand II. monatlich 50,000 Thaler aus spanischen Kassen; er war ver¬
loren, wenn er die finanzielle Unterstützung Spanien's verlor, denn seit dem
Beginne des Krieges stand er am Rande des Bankerotts. Materiell und
geistig beherrschte die spanische Politik das Kaiserhaus so vollständig wie einst
in Karl's V. Tagen.

Und sie verfolgte dieselben Ziele wie er: Erhöhung der kaiserlichen Ge¬
walt, Niederdrückung, wenn nicht Vernichtung des deutschen Protestantismus,
durch beide Mittel Einfügung Deutschland's in das spanische System. Ein
Anhängsel der spanischen Monarchie sollte es sein, nichts mehr.

Indem Wallenstein sich diesen Plänen widersetzte, indem er den Frieden
Mit den Protestanten wollte' und den spanischen Einfluß in Deutschland be¬
kämpfte, war er mit allen guten Geistern unserer Nation verbündet. Noch
konnte er zu siegen hoffen, am kaiserlichen Hofe seine Feinde aus dem Felde
schlagen, aber nur unter einer Bedingung: er mußte seines Heeres unbedingt
sicher sein.

An der Frage: ob Friedland sich im Kommando behaupten könne, hing
eine welthistorische Entscheidung.

Er war fest entschlossen dazu. Am 12. Januar 1634 versammelte er seiue
Obervffiziere in Pilsen. Durch Feldmarschall Jlow (Illo) ließ er ihnen die kaiser¬
lichen Forderungen und seinen Entschluß zum Rücktritt mittheilen. Die Obersten
erklärten, das dürfe nicht geschehen, sie unterzeichneten alle jenen berufenen
Revers, der sie verpflichtete, bei ihrem Feldherrn auszuharren, damit ihm kein
Schimpf widerführe; sie thaten es in ihrem eigenen Interesse, bei guten Sinnen,
nicht in dem Taumel eiues Rausches; sie empfingen dagegen die feierliche
mündliche Versicherung Wallenstein's: er habe nichts gegen den Kaiser vor,
nur den Frieden mit Sachsen und Brandenburg wolle er auf seine Weise zu
Stande bringen.

Sehr ernstlich ging er jetzt wieder daran. Herstellung des Zustandes von
1618, anch in kirchlicher Beziehung, Abtretung der Lausitzer, der Stiftslande,
Magdeburg und Halberstadt, das war es, was er jetzt wieder in Berlin und


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/17>, abgerufen am 05.02.2025.