Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.und Geisteswissenschaften, da dieselben nur auf graduellen Unterschieden ruhen, Damit steht im Zusammenhange, daß Harms nur zwei Kausalitäten an¬ Der Physik und Ethik geht aber die Logik und Metaphysik voran, welche Wir unterlassen es, über den dritten und letzten Theil der Einleitung, der und Geisteswissenschaften, da dieselben nur auf graduellen Unterschieden ruhen, Damit steht im Zusammenhange, daß Harms nur zwei Kausalitäten an¬ Der Physik und Ethik geht aber die Logik und Metaphysik voran, welche Wir unterlassen es, über den dritten und letzten Theil der Einleitung, der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0166" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/141045"/> <p xml:id="ID_542" prev="#ID_541"> und Geisteswissenschaften, da dieselben nur auf graduellen Unterschieden ruhen,<lb/> und ersetzt sie durch den Gegensatz der Philosophie der Naturwissenschaften<lb/> — Physik — und der Philosophie der geschichtlichen Wissenschaften — Ethik<lb/> Es finden sich in diesen Erörterungen die treffendsten Bemerkungen gegen<lb/> die gegenwärtig weit verbreitete Neigung, die Geschichte uach Analogie der<lb/> Naturwissenschaften zu beurtheilen. Mit vollem Recht betont Harms, daß die<lb/> Natur keine Geschichte hat, und die Geschichte keine Natur ist; daß alle Er¬<lb/> scheinungen innerhalb des Gebietes der Natur ans sich gleich bleibenden Kräften,<lb/> die in allen Zeiten gleiche Wirkungen haben und stets nach denselben Gesetzen<lb/> dasselbe mit Nothwendigkeit hervorbringen, zu erkennen seien, während in der<lb/> Geschichte nichts in einerlei Weise, sondern in mannichfaltigen Modifikationen<lb/> geschehe, immer neue Kräfte mit jeder neuen Generation in die Fort¬<lb/> setzung und Fortschreitung ihres Daseins eintreten. Dem widerspricht auch<lb/> nicht der Begriff einer Geschichte der Natur, da derselbe auf einer analogischen<lb/> Übertragung der geschichtlichen Erkenntnißart auf die Natur, deren Recht<lb/> zweifelhaft ist, ruht. Von Herder ist diese Uebertragung ausgegangen, von<lb/> Schelling fortgesetzt und von Darwin erneuert worden. Es liegt hier nicht,<lb/> wie gemeiniglich angenommen wird, eine Erweiterung des Begriffs der Natur,<lb/> sondern eine Erweiterung des Begriffs der Geschichte zu Grunde, indem in der<lb/> Natur eine Bedingung und Anlage für die Geschichte, eine Uebereinstimmung<lb/> mit der Geschichte erkannt wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_543"> Damit steht im Zusammenhange, daß Harms nur zwei Kausalitäten an¬<lb/> erkennt, die Kausalität des Zweckes oder Willens und die Kausalität der be¬<lb/> wegende!? Kräfte, jene dem Geiste, diese der Materie angehörig. Geist und<lb/> Materie felbst aber sind nicht Ursachen, sondern Existenzen. Denn alle Kau¬<lb/> salitäten sind Relationen, und man lost alles in Relationen ohne existirende<lb/> Dinge aus, wenn man nach dem Vorgang des Aristoteles auch den Geist und<lb/> die Materie als Ursachen ansieht, während vielmehr die immanenten Kräfte<lb/> derselben, die Bewegung der Materie und die Willenskraft des Geistes, so be¬<lb/> urtheilt werden müssen.</p><lb/> <p xml:id="ID_544"> Der Physik und Ethik geht aber die Logik und Metaphysik voran, welche<lb/> den Begriff der Wissenschaften nach seineu Elementen und Bedingungen er¬<lb/> klären und begründen. So erneuert Harms die Platonische Eintheilung der<lb/> Philosophie in Logik, Physik und Ethik.</p><lb/> <p xml:id="ID_545" next="#ID_546"> Wir unterlassen es, über den dritten und letzten Theil der Einleitung, der<lb/> „das System und die Geschichte der Philosophie" zum Gegenstande hat und<lb/> ebenso gegen eine aphoristische Konstruktion wie gegen eine empiristische Zusam¬<lb/> menstellung des Inhalts der Geschichte der Philosophie protestirt, näher einzu¬<lb/> gehen und wenden uns nun zu dem besonderen Thema des vorliegenden ersten</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0166]
und Geisteswissenschaften, da dieselben nur auf graduellen Unterschieden ruhen,
und ersetzt sie durch den Gegensatz der Philosophie der Naturwissenschaften
— Physik — und der Philosophie der geschichtlichen Wissenschaften — Ethik
Es finden sich in diesen Erörterungen die treffendsten Bemerkungen gegen
die gegenwärtig weit verbreitete Neigung, die Geschichte uach Analogie der
Naturwissenschaften zu beurtheilen. Mit vollem Recht betont Harms, daß die
Natur keine Geschichte hat, und die Geschichte keine Natur ist; daß alle Er¬
scheinungen innerhalb des Gebietes der Natur ans sich gleich bleibenden Kräften,
die in allen Zeiten gleiche Wirkungen haben und stets nach denselben Gesetzen
dasselbe mit Nothwendigkeit hervorbringen, zu erkennen seien, während in der
Geschichte nichts in einerlei Weise, sondern in mannichfaltigen Modifikationen
geschehe, immer neue Kräfte mit jeder neuen Generation in die Fort¬
setzung und Fortschreitung ihres Daseins eintreten. Dem widerspricht auch
nicht der Begriff einer Geschichte der Natur, da derselbe auf einer analogischen
Übertragung der geschichtlichen Erkenntnißart auf die Natur, deren Recht
zweifelhaft ist, ruht. Von Herder ist diese Uebertragung ausgegangen, von
Schelling fortgesetzt und von Darwin erneuert worden. Es liegt hier nicht,
wie gemeiniglich angenommen wird, eine Erweiterung des Begriffs der Natur,
sondern eine Erweiterung des Begriffs der Geschichte zu Grunde, indem in der
Natur eine Bedingung und Anlage für die Geschichte, eine Uebereinstimmung
mit der Geschichte erkannt wird.
Damit steht im Zusammenhange, daß Harms nur zwei Kausalitäten an¬
erkennt, die Kausalität des Zweckes oder Willens und die Kausalität der be¬
wegende!? Kräfte, jene dem Geiste, diese der Materie angehörig. Geist und
Materie felbst aber sind nicht Ursachen, sondern Existenzen. Denn alle Kau¬
salitäten sind Relationen, und man lost alles in Relationen ohne existirende
Dinge aus, wenn man nach dem Vorgang des Aristoteles auch den Geist und
die Materie als Ursachen ansieht, während vielmehr die immanenten Kräfte
derselben, die Bewegung der Materie und die Willenskraft des Geistes, so be¬
urtheilt werden müssen.
Der Physik und Ethik geht aber die Logik und Metaphysik voran, welche
den Begriff der Wissenschaften nach seineu Elementen und Bedingungen er¬
klären und begründen. So erneuert Harms die Platonische Eintheilung der
Philosophie in Logik, Physik und Ethik.
Wir unterlassen es, über den dritten und letzten Theil der Einleitung, der
„das System und die Geschichte der Philosophie" zum Gegenstande hat und
ebenso gegen eine aphoristische Konstruktion wie gegen eine empiristische Zusam¬
menstellung des Inhalts der Geschichte der Philosophie protestirt, näher einzu¬
gehen und wenden uns nun zu dem besonderen Thema des vorliegenden ersten
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