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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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ihm ein Kurfürstenthum in Aussicht gestellt. So waren er und die Spanier
einander geschworne Gegner; allgemeine und persönliche Interessen machten
sie dazu.

Noch mochte der Feldherr deshalb unbesorgt sein. Denn zwar arbeitete
am Wiener Hofe der spanische Gesandte Marquis von Castaneda eifrig gegen
ihn, und der Thronfolger Ferdinand von Ungarn, der Gemahl einer spanischen
Prinzessin, überdies abhängig von seinem spanischen BeichtvaterQuiroga,
war ihm abgeneigt, aber beim Kaiser selbst überwog noch Wallenstein's Ein¬
fluß, den natürliche Dankbarkeit und die Fürsprache Fürst Eggenberg's stützte;
der spanisch gesinnte kaiserliche Beichtvater, der Jesuit Lämmermann, vermochte
in dieser Sache nichts, so sehr er gegen die Friedenspläne Wallenstein's ge¬
stimmt war, denn sie waren den Ketzern nur allzugünstig.

So war es die Aufgabe der spanisch-klerikalen Partei, den Monarchen
gegen der Feldherrn einzunehmen, seine Treue zu verdächtigen, und da der
Kaiser ohnehin von Herzen klerikal und finanziell von Spanien abhängig war,
so schien solche Minirarbeit nicht aussichtslos. In der That, nicht auf dem
Schlachtfelde, sondern auf den- Parquets fürstlicher Salons und in den Ge-
heimkabineteu der Paläste wurden die Kämpfe ausgefochten, in denen Wallen¬
stein unterlag.

Die Umstände begünstigten seine Gegner. Der Fall von Regensburg hatte,
wie natürlich, den Wiener Hof wie ein Donnerschlag getroffen; es wurde dem
neuen spanischen Gesandten Graf Orate, der eben erst nach Wien gekommen war,
nicht schwer, das Unglück wesentlich Wallenstein auf die Rechnung zu setzen
und seinen verspäteten Zug nach der Donau als böswillige Zögerung darzu¬
stellen, was er nicht war. Das erwachende Mißtrauen zu beschwichtigen, dazu
that Wallenstein gar nichts, sehr viel aber, um nicht bloß die Spanier, sondern
auch den Wiener Hof schwer zu reizen. Die kaiserliche Forderung zunächst,
statt im erschöpften Böhmen, in Thüringen und Brandenburg Winterquartiere
zu nehmen, schlug er rund ab, übrigens mit gutem Grunde, denn sie war, wie
die Dinge standen, unausführbar; dem Obersten Suys, welchem in der ersten
Angst der Kaiser direkt befohlen hatte, gegen Bernhard von Weimar vorzu-
gehn, rief er unter Androhung der Todesstrafe zurück. Jetzt kam ihm oben¬
drein, Anfang Januar 1634, durch Pater Quiroga -- und Friedland liebte es
gar nicht, politisch-militärische Geschäfte mit Geistlichen zu verhandeln -- die
Mittheilung zu, im Frühjahr werde der Kardinalinfant Ferdinand von Mai¬
land her durch Oesterreich nach den Niederlanden sich in Bewegung setzen;
(-000 leichte Reiter der Wallenstein'schen Armee sollten zu ihm stoßen. Ver¬
stieß das Erste gegen die Bedingung seines Dienstvertrags, daß kein selbstän¬
diges Kommando neben dem seinen im Reiche bestehen dürfe, so schwächte das


ihm ein Kurfürstenthum in Aussicht gestellt. So waren er und die Spanier
einander geschworne Gegner; allgemeine und persönliche Interessen machten
sie dazu.

Noch mochte der Feldherr deshalb unbesorgt sein. Denn zwar arbeitete
am Wiener Hofe der spanische Gesandte Marquis von Castaneda eifrig gegen
ihn, und der Thronfolger Ferdinand von Ungarn, der Gemahl einer spanischen
Prinzessin, überdies abhängig von seinem spanischen BeichtvaterQuiroga,
war ihm abgeneigt, aber beim Kaiser selbst überwog noch Wallenstein's Ein¬
fluß, den natürliche Dankbarkeit und die Fürsprache Fürst Eggenberg's stützte;
der spanisch gesinnte kaiserliche Beichtvater, der Jesuit Lämmermann, vermochte
in dieser Sache nichts, so sehr er gegen die Friedenspläne Wallenstein's ge¬
stimmt war, denn sie waren den Ketzern nur allzugünstig.

So war es die Aufgabe der spanisch-klerikalen Partei, den Monarchen
gegen der Feldherrn einzunehmen, seine Treue zu verdächtigen, und da der
Kaiser ohnehin von Herzen klerikal und finanziell von Spanien abhängig war,
so schien solche Minirarbeit nicht aussichtslos. In der That, nicht auf dem
Schlachtfelde, sondern auf den- Parquets fürstlicher Salons und in den Ge-
heimkabineteu der Paläste wurden die Kämpfe ausgefochten, in denen Wallen¬
stein unterlag.

Die Umstände begünstigten seine Gegner. Der Fall von Regensburg hatte,
wie natürlich, den Wiener Hof wie ein Donnerschlag getroffen; es wurde dem
neuen spanischen Gesandten Graf Orate, der eben erst nach Wien gekommen war,
nicht schwer, das Unglück wesentlich Wallenstein auf die Rechnung zu setzen
und seinen verspäteten Zug nach der Donau als böswillige Zögerung darzu¬
stellen, was er nicht war. Das erwachende Mißtrauen zu beschwichtigen, dazu
that Wallenstein gar nichts, sehr viel aber, um nicht bloß die Spanier, sondern
auch den Wiener Hof schwer zu reizen. Die kaiserliche Forderung zunächst,
statt im erschöpften Böhmen, in Thüringen und Brandenburg Winterquartiere
zu nehmen, schlug er rund ab, übrigens mit gutem Grunde, denn sie war, wie
die Dinge standen, unausführbar; dem Obersten Suys, welchem in der ersten
Angst der Kaiser direkt befohlen hatte, gegen Bernhard von Weimar vorzu-
gehn, rief er unter Androhung der Todesstrafe zurück. Jetzt kam ihm oben¬
drein, Anfang Januar 1634, durch Pater Quiroga — und Friedland liebte es
gar nicht, politisch-militärische Geschäfte mit Geistlichen zu verhandeln — die
Mittheilung zu, im Frühjahr werde der Kardinalinfant Ferdinand von Mai¬
land her durch Oesterreich nach den Niederlanden sich in Bewegung setzen;
(-000 leichte Reiter der Wallenstein'schen Armee sollten zu ihm stoßen. Ver¬
stieß das Erste gegen die Bedingung seines Dienstvertrags, daß kein selbstän¬
diges Kommando neben dem seinen im Reiche bestehen dürfe, so schwächte das


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/16>, abgerufen am 05.02.2025.