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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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war -- er zitirte u. a. den Jupiter, die Venus, Mars und Uranus und ver¬
glich den bankerott gewordenen, berüchtigten Politiker Benjamin Butler mit
Bayard und Heinrich IV., dem "Navarresen mit dem weißen Helmbusch" --
doch im Großen und Ganzen keinen besonderen Erfolg. Die Arbeiter des
Ostens der Union stehen nämlich nicht auf einer so niedern Bildungsstufe, wie
die in Kalifornien, und das Thema von den Chinesen, welches in den Pazi-
fiestaaten sehr lohnend ist, hat in Massachusetts keine Bedeutung. Immerhin
aber ist Dennis Kearney auch in den Oststaaten der Union für die Gesetz und
Ordnung liebenden Parteien kein zu unterschätzender Gegner. Seine Mahnung
an die Sozialdemokraten und die übrigen unzufriedenen Elemente in den älteren
Unionsstaaten: "Werft Eure Streitfragen in einen Topf, und wenn wir die
gegenwärtigen Zustände niedergebrochen und die Kontrole über die Regierung
erlangt haben, dann wollen wir die Sachen nach unserm eigenen Geschmack
einrichten," -- diese Mahnung kann leicht gefährliche praktische Folgen haben.

Benjamin Butter, der bereits der sozialdemokratischen und der republika¬
nischen Partei angehörte, ist jetzt der intime Freund Kearuey's geworden, er
befürwortet die unendliche Vermehrung des uneinlösbaren Papiergeldes, der
öffentliche Kredit der Vereinigten Staaten und die ehrliche Abzahlung der
Nationalschulden der Union sind ihm nicht der Rede werth, er hofft mit Hilfe
der Sozicildemokratie uoch eine große Rolle in Amerika zu spielen und Kearney
sagte von ihm: "Wenn Butler ehrlich ist und hält, was er verspricht, so
dürfte er einer der steigenden Männer des 19. Jahrhunderts sein." Wir glau¬
ben nun zwar nicht, daß die amerikanische Nation jemals so tief sinken wird,
daß ein so verkommener Mensch, wie Benjamin Butler, einen entschei¬
denden Einfluß auf ihr Gefiel auszuüben im Stande ist, aber Diejenigen
dürften sich doch in einem verhängnißvollen Irrthum befinden, welche die Ge¬
fahren, die der Union seitens der Kommunisten und Sozialdemokraten drohen,
nach den unsinnigen und lücherlicheu Aussagen und Forderungen beurtheilen,
die einzelne Sozialdemokraten vor der Kommission kundgaben, welche nach Be¬
schluß des Repräsentantenhauses des Kongresses unter dem Vorsitze des Demo¬
kraten Hew ne die sozialen Verhältnisse und Zustände in den Vereinigten Staaten
zu untersuchen hat. Es hat sich nämlich herausgestellt, daß die sozialdemokra¬
tischen Lehren auch bereits auf dem Lande, nnter den Farmern, großen An¬
klang gefunden haben, weshalb es hohe Zeit sein dürfte, daß die besseren
Gesellschaftsklassen auch jenseit des Ozeans ihre Gleichgiltigkeit gegen politische
Dinge schwinden lassen, wenn nicht die Union in kurzer Zeit deu größte"
Rudolf Doehn. Gefahren entgegengehen soll.




war — er zitirte u. a. den Jupiter, die Venus, Mars und Uranus und ver¬
glich den bankerott gewordenen, berüchtigten Politiker Benjamin Butler mit
Bayard und Heinrich IV., dem „Navarresen mit dem weißen Helmbusch" —
doch im Großen und Ganzen keinen besonderen Erfolg. Die Arbeiter des
Ostens der Union stehen nämlich nicht auf einer so niedern Bildungsstufe, wie
die in Kalifornien, und das Thema von den Chinesen, welches in den Pazi-
fiestaaten sehr lohnend ist, hat in Massachusetts keine Bedeutung. Immerhin
aber ist Dennis Kearney auch in den Oststaaten der Union für die Gesetz und
Ordnung liebenden Parteien kein zu unterschätzender Gegner. Seine Mahnung
an die Sozialdemokraten und die übrigen unzufriedenen Elemente in den älteren
Unionsstaaten: „Werft Eure Streitfragen in einen Topf, und wenn wir die
gegenwärtigen Zustände niedergebrochen und die Kontrole über die Regierung
erlangt haben, dann wollen wir die Sachen nach unserm eigenen Geschmack
einrichten," — diese Mahnung kann leicht gefährliche praktische Folgen haben.

Benjamin Butter, der bereits der sozialdemokratischen und der republika¬
nischen Partei angehörte, ist jetzt der intime Freund Kearuey's geworden, er
befürwortet die unendliche Vermehrung des uneinlösbaren Papiergeldes, der
öffentliche Kredit der Vereinigten Staaten und die ehrliche Abzahlung der
Nationalschulden der Union sind ihm nicht der Rede werth, er hofft mit Hilfe
der Sozicildemokratie uoch eine große Rolle in Amerika zu spielen und Kearney
sagte von ihm: „Wenn Butler ehrlich ist und hält, was er verspricht, so
dürfte er einer der steigenden Männer des 19. Jahrhunderts sein." Wir glau¬
ben nun zwar nicht, daß die amerikanische Nation jemals so tief sinken wird,
daß ein so verkommener Mensch, wie Benjamin Butler, einen entschei¬
denden Einfluß auf ihr Gefiel auszuüben im Stande ist, aber Diejenigen
dürften sich doch in einem verhängnißvollen Irrthum befinden, welche die Ge¬
fahren, die der Union seitens der Kommunisten und Sozialdemokraten drohen,
nach den unsinnigen und lücherlicheu Aussagen und Forderungen beurtheilen,
die einzelne Sozialdemokraten vor der Kommission kundgaben, welche nach Be¬
schluß des Repräsentantenhauses des Kongresses unter dem Vorsitze des Demo¬
kraten Hew ne die sozialen Verhältnisse und Zustände in den Vereinigten Staaten
zu untersuchen hat. Es hat sich nämlich herausgestellt, daß die sozialdemokra¬
tischen Lehren auch bereits auf dem Lande, nnter den Farmern, großen An¬
klang gefunden haben, weshalb es hohe Zeit sein dürfte, daß die besseren
Gesellschaftsklassen auch jenseit des Ozeans ihre Gleichgiltigkeit gegen politische
Dinge schwinden lassen, wenn nicht die Union in kurzer Zeit deu größte»
Rudolf Doehn. Gefahren entgegengehen soll.




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[0153] war — er zitirte u. a. den Jupiter, die Venus, Mars und Uranus und ver¬ glich den bankerott gewordenen, berüchtigten Politiker Benjamin Butler mit Bayard und Heinrich IV., dem „Navarresen mit dem weißen Helmbusch" — doch im Großen und Ganzen keinen besonderen Erfolg. Die Arbeiter des Ostens der Union stehen nämlich nicht auf einer so niedern Bildungsstufe, wie die in Kalifornien, und das Thema von den Chinesen, welches in den Pazi- fiestaaten sehr lohnend ist, hat in Massachusetts keine Bedeutung. Immerhin aber ist Dennis Kearney auch in den Oststaaten der Union für die Gesetz und Ordnung liebenden Parteien kein zu unterschätzender Gegner. Seine Mahnung an die Sozialdemokraten und die übrigen unzufriedenen Elemente in den älteren Unionsstaaten: „Werft Eure Streitfragen in einen Topf, und wenn wir die gegenwärtigen Zustände niedergebrochen und die Kontrole über die Regierung erlangt haben, dann wollen wir die Sachen nach unserm eigenen Geschmack einrichten," — diese Mahnung kann leicht gefährliche praktische Folgen haben. Benjamin Butter, der bereits der sozialdemokratischen und der republika¬ nischen Partei angehörte, ist jetzt der intime Freund Kearuey's geworden, er befürwortet die unendliche Vermehrung des uneinlösbaren Papiergeldes, der öffentliche Kredit der Vereinigten Staaten und die ehrliche Abzahlung der Nationalschulden der Union sind ihm nicht der Rede werth, er hofft mit Hilfe der Sozicildemokratie uoch eine große Rolle in Amerika zu spielen und Kearney sagte von ihm: „Wenn Butler ehrlich ist und hält, was er verspricht, so dürfte er einer der steigenden Männer des 19. Jahrhunderts sein." Wir glau¬ ben nun zwar nicht, daß die amerikanische Nation jemals so tief sinken wird, daß ein so verkommener Mensch, wie Benjamin Butler, einen entschei¬ denden Einfluß auf ihr Gefiel auszuüben im Stande ist, aber Diejenigen dürften sich doch in einem verhängnißvollen Irrthum befinden, welche die Ge¬ fahren, die der Union seitens der Kommunisten und Sozialdemokraten drohen, nach den unsinnigen und lücherlicheu Aussagen und Forderungen beurtheilen, die einzelne Sozialdemokraten vor der Kommission kundgaben, welche nach Be¬ schluß des Repräsentantenhauses des Kongresses unter dem Vorsitze des Demo¬ kraten Hew ne die sozialen Verhältnisse und Zustände in den Vereinigten Staaten zu untersuchen hat. Es hat sich nämlich herausgestellt, daß die sozialdemokra¬ tischen Lehren auch bereits auf dem Lande, nnter den Farmern, großen An¬ klang gefunden haben, weshalb es hohe Zeit sein dürfte, daß die besseren Gesellschaftsklassen auch jenseit des Ozeans ihre Gleichgiltigkeit gegen politische Dinge schwinden lassen, wenn nicht die Union in kurzer Zeit deu größte» Rudolf Doehn. Gefahren entgegengehen soll.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/153>, abgerufen am 05.02.2025.