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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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Das Heerwesen Roms hat sich durch die von Geschlecht zu Geschlecht
überlieferten Kriegserfahrungen eines halben Jahrtausends bis zu wissenschaftlich
begründeten Organisationen herausgebildet*) und ist auf diesem langen Stufen¬
gange stets im innigsten Zusammenhange mit den Entwickelungen der Staats¬
verfassung geblieben. Die Zeit der Könige und der Republik umfaßt sein Werden
und Wachsen von den ersten Ursprüngen bis zu der Höhe eäsarischer Macht.

Zu der Zeit, da die Römer zuerst als eine Volkspersönlichkeit in der
Geschichte erkennbar werden, lag bereits eine lange Vergangenheit hinter ihnen.
Von Anfang an tritt die Gliederung des Volkes in einen herrschenden und
einen untergebenen Stand hervor und deutet auf Eroberung des Landes und
Unterwerfung der früheren Einwohner.**) Auch in der Urzeit der Römer,
wie in der der Hellenen ist die allgemeine Wehrpflicht selbstverständliche
Grundlage der Gemeinde. Auf den xilummis xoxullis, d. h. auf die speer-
schwingende Wehrmaunei flehen uralte Litaneien den Segen des Mars herab,
und der das Volk leitende äiLtlckvi- oder rsx redet die Versammlung der Ge¬
meindemitglieder als <Mrits8, d. h. als Speermäuner an.***) Neben den Voll¬
bürgern oder Patriziern, welche meist zu Pferde fochten, standen die Plebejer,
die Unterthanen, und zwar solche, die sich in Abhängigkeit von der Gesammtheit
der Patrizier befanden, also dem Staate unmittelbar Unterthan waren, und
solche, die in Gruppen den einzelnen patrizischen Familienhäuptern als Hörige,
als Klienten, zugetheilt waren. Sie bildeten die Masse des Fußvolks.

Der König war vom Volke gewählt und vereinigte in seiner Person die
Obliegenheiten des Feldherrn, des Oberpriesters und des höchsten Richters.
Ihn schmückte die pnrpnrverbrämte Toga (to^s, xi-astexta), und 10 Viktoren
trugen ihm die Rnthenbündel (tWess) mit den Beilen (svimrks) voran. Zum
Unterhalte war ihm ein Theil der Staatsländereien (der a-AM xudlieus) zuge¬
wiesen. War er gestorben, so wurde die Regierung zunächst von Zwischen¬
königen (illtorroMs) geführt, welche vom Senate ernannt wurden, der aus
300 Patriziern bestand. Dieser Senat bereitete mit dem Könige die Gesetze
vor, und die Vollbürger stimmten über dieselben nach Curien mit Ja oder Nein
ab (ooinitia ouriata).

Das patrizisch e Volk zeigt sich streng gegliedert in Stämme, Geschlechter
und Familien, und auf dieser Ordnung ist der Staat aufgebaut. Die römische
entwickelt einen Geschlechtsgeist und einen Blntstolz, der sogar gesondert





*) I.lo. niht. IX. 17.
Jhre: Römische Geschichte I. S. 93.
Von paris oder curis -- Speer und irs -- gehen, wie "Kinnis und "Mnns von
<5"^-o? ^ Speer. Mommsen erinnert anch um die Verwandtschaft von xoxulns und xo-
xnlkre -- verheeren.

Das Heerwesen Roms hat sich durch die von Geschlecht zu Geschlecht
überlieferten Kriegserfahrungen eines halben Jahrtausends bis zu wissenschaftlich
begründeten Organisationen herausgebildet*) und ist auf diesem langen Stufen¬
gange stets im innigsten Zusammenhange mit den Entwickelungen der Staats¬
verfassung geblieben. Die Zeit der Könige und der Republik umfaßt sein Werden
und Wachsen von den ersten Ursprüngen bis zu der Höhe eäsarischer Macht.

Zu der Zeit, da die Römer zuerst als eine Volkspersönlichkeit in der
Geschichte erkennbar werden, lag bereits eine lange Vergangenheit hinter ihnen.
Von Anfang an tritt die Gliederung des Volkes in einen herrschenden und
einen untergebenen Stand hervor und deutet auf Eroberung des Landes und
Unterwerfung der früheren Einwohner.**) Auch in der Urzeit der Römer,
wie in der der Hellenen ist die allgemeine Wehrpflicht selbstverständliche
Grundlage der Gemeinde. Auf den xilummis xoxullis, d. h. auf die speer-
schwingende Wehrmaunei flehen uralte Litaneien den Segen des Mars herab,
und der das Volk leitende äiLtlckvi- oder rsx redet die Versammlung der Ge¬
meindemitglieder als <Mrits8, d. h. als Speermäuner an.***) Neben den Voll¬
bürgern oder Patriziern, welche meist zu Pferde fochten, standen die Plebejer,
die Unterthanen, und zwar solche, die sich in Abhängigkeit von der Gesammtheit
der Patrizier befanden, also dem Staate unmittelbar Unterthan waren, und
solche, die in Gruppen den einzelnen patrizischen Familienhäuptern als Hörige,
als Klienten, zugetheilt waren. Sie bildeten die Masse des Fußvolks.

Der König war vom Volke gewählt und vereinigte in seiner Person die
Obliegenheiten des Feldherrn, des Oberpriesters und des höchsten Richters.
Ihn schmückte die pnrpnrverbrämte Toga (to^s, xi-astexta), und 10 Viktoren
trugen ihm die Rnthenbündel (tWess) mit den Beilen (svimrks) voran. Zum
Unterhalte war ihm ein Theil der Staatsländereien (der a-AM xudlieus) zuge¬
wiesen. War er gestorben, so wurde die Regierung zunächst von Zwischen¬
königen (illtorroMs) geführt, welche vom Senate ernannt wurden, der aus
300 Patriziern bestand. Dieser Senat bereitete mit dem Könige die Gesetze
vor, und die Vollbürger stimmten über dieselben nach Curien mit Ja oder Nein
ab (ooinitia ouriata).

Das patrizisch e Volk zeigt sich streng gegliedert in Stämme, Geschlechter
und Familien, und auf dieser Ordnung ist der Staat aufgebaut. Die römische
entwickelt einen Geschlechtsgeist und einen Blntstolz, der sogar gesondert





*) I.lo. niht. IX. 17.
Jhre: Römische Geschichte I. S. 93.
Von paris oder curis — Speer und irs — gehen, wie «Kinnis und «Mnns von
<5«^-o? ^ Speer. Mommsen erinnert anch um die Verwandtschaft von xoxulns und xo-
xnlkre — verheeren.
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[0091] Das Heerwesen Roms hat sich durch die von Geschlecht zu Geschlecht überlieferten Kriegserfahrungen eines halben Jahrtausends bis zu wissenschaftlich begründeten Organisationen herausgebildet*) und ist auf diesem langen Stufen¬ gange stets im innigsten Zusammenhange mit den Entwickelungen der Staats¬ verfassung geblieben. Die Zeit der Könige und der Republik umfaßt sein Werden und Wachsen von den ersten Ursprüngen bis zu der Höhe eäsarischer Macht. Zu der Zeit, da die Römer zuerst als eine Volkspersönlichkeit in der Geschichte erkennbar werden, lag bereits eine lange Vergangenheit hinter ihnen. Von Anfang an tritt die Gliederung des Volkes in einen herrschenden und einen untergebenen Stand hervor und deutet auf Eroberung des Landes und Unterwerfung der früheren Einwohner.**) Auch in der Urzeit der Römer, wie in der der Hellenen ist die allgemeine Wehrpflicht selbstverständliche Grundlage der Gemeinde. Auf den xilummis xoxullis, d. h. auf die speer- schwingende Wehrmaunei flehen uralte Litaneien den Segen des Mars herab, und der das Volk leitende äiLtlckvi- oder rsx redet die Versammlung der Ge¬ meindemitglieder als <Mrits8, d. h. als Speermäuner an.***) Neben den Voll¬ bürgern oder Patriziern, welche meist zu Pferde fochten, standen die Plebejer, die Unterthanen, und zwar solche, die sich in Abhängigkeit von der Gesammtheit der Patrizier befanden, also dem Staate unmittelbar Unterthan waren, und solche, die in Gruppen den einzelnen patrizischen Familienhäuptern als Hörige, als Klienten, zugetheilt waren. Sie bildeten die Masse des Fußvolks. Der König war vom Volke gewählt und vereinigte in seiner Person die Obliegenheiten des Feldherrn, des Oberpriesters und des höchsten Richters. Ihn schmückte die pnrpnrverbrämte Toga (to^s, xi-astexta), und 10 Viktoren trugen ihm die Rnthenbündel (tWess) mit den Beilen (svimrks) voran. Zum Unterhalte war ihm ein Theil der Staatsländereien (der a-AM xudlieus) zuge¬ wiesen. War er gestorben, so wurde die Regierung zunächst von Zwischen¬ königen (illtorroMs) geführt, welche vom Senate ernannt wurden, der aus 300 Patriziern bestand. Dieser Senat bereitete mit dem Könige die Gesetze vor, und die Vollbürger stimmten über dieselben nach Curien mit Ja oder Nein ab (ooinitia ouriata). Das patrizisch e Volk zeigt sich streng gegliedert in Stämme, Geschlechter und Familien, und auf dieser Ordnung ist der Staat aufgebaut. Die römische entwickelt einen Geschlechtsgeist und einen Blntstolz, der sogar gesondert *) I.lo. niht. IX. 17. Jhre: Römische Geschichte I. S. 93. Von paris oder curis — Speer und irs — gehen, wie «Kinnis und «Mnns von <5«^-o? ^ Speer. Mommsen erinnert anch um die Verwandtschaft von xoxulns und xo- xnlkre — verheeren.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/91>, abgerufen am 22.07.2024.