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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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zogen. Mit demselben Stoffe, der einen wundervollen Kontrast zu dem stumpfen
Tone des Silbers bildet, ist auch der Baldachin aufgeschlagen, welcher den
Thron überhöht. Ihn krönt das Wappen des Prinzen von Wales: der
Kronenreif mit den drei Federn und der Devise: Ich bien.

Mehrere Schränke sind mit den prächtigsten Kleidungsstücken angefüllt, die
jedoch mehr für die Prunkliebe der Jndier als für ihren Beqnemlichkeitssinn
sprechen. Wir finden darunter Gewebe von einer Durchsichtigkeit, einer Klar¬
heit, seidene Stoffe von einem Glanz, einer Farbenpracht -- ohne Anilin --,
wie sie von europäischen Manufakturen noch niemals erreicht worden sind.
Man begreift nicht, wie es möglich ist, auf Stoffen, die leicht und luftig sind,
wie Spinnengewebe, breite Arabesken und phantastische Figuren, Pflanzen- und
Thierverbindungen in dicker, reliefartiger Goldstickerei anzubringen. Ein weiter
Kaftan von pflaumenblauer Seide, der mit Pelz besetzt und gefüttert ist, zeigt
eine solche Stickerei, deren Muster aus seltsam verschlungenen Drachenköpfen besteht.

Eine besondere Abtheilung in dieser Ausstellung bilden die kostbaren
Truhen, Kästen, Schatullen und Büchsen, welche als Behälter der Ergeben¬
heitsadressen dienen, die dein Prinzen während seiner Reise überreicht worden
sind. Die Adresse des Bezirks Tinnevelley ruht in einem schwarz lackirten
Kästchen, das mit den zierlichsten, bandförmigen Elfenbeinornamenten bedeckt
ist, die in erhabener Arbeit aufgesetzt sind. Das Kästchen steht auf einer mit
grüner Seide überzogenen, runden Metallplatte, die durch ein aus dicker Gold-
schuur geflochtenes Netz umschlossen ist. Die Adresse von Caleutta liegt in
einer massiv silbernen Cassette,-die von freigearbeiteten, goldenen und silbernen
Lotosblumen umrankt ist. Vier Tigerköpse von Gold und zwei Elephanten-
Häupter von Silber umgeben den Kranz des Deckels, dessen Griff von sechs
gewaltigen, spiegelblanken Tigerzühnen gebildet wird, deren Spitzen in Gold
gefaßt sind. Die Cassette steht auf einem Kissen von purpurrothen Sammet.
Die Adresse von Madras ist in einer goldenen, mit Elfenbein ausgelegten
Schatulle eingeschlossen, auf deren Deckel ein goldener Königstiger im vollem
Laufe dargestellt ist.

Im Lande der Elephanten ist das Elfenbein nicht rar. Ein Beispiel
dafür ist das etwa drei Fuß hohe Modell des Rajahpalastes von Nnmnuggur,
eines Wunderwerkes der indischen Architektur, der mit seinen hundert Balkonen,
Wohn-, Schlaf- und Badezimmern mit skrupulöser Sorgfalt vom Dache bis
zum Erdboden aus jenem Material geschnitzt worden ist. Wohl zwanzig
Elephantenzähne mögen den Stoff zu den tausend Platten und Stäben her¬
gegeben haben, aus welchen dieses Mirakel zusammengesetzt worden ist.

Ich würde kein Ende finden, wollte ich in gleicher Ausführlichkeit die mit
Edelsteinen geschmückten Wedel und Fächer aus Pfauenfedern, die herrlichen


zogen. Mit demselben Stoffe, der einen wundervollen Kontrast zu dem stumpfen
Tone des Silbers bildet, ist auch der Baldachin aufgeschlagen, welcher den
Thron überhöht. Ihn krönt das Wappen des Prinzen von Wales: der
Kronenreif mit den drei Federn und der Devise: Ich bien.

Mehrere Schränke sind mit den prächtigsten Kleidungsstücken angefüllt, die
jedoch mehr für die Prunkliebe der Jndier als für ihren Beqnemlichkeitssinn
sprechen. Wir finden darunter Gewebe von einer Durchsichtigkeit, einer Klar¬
heit, seidene Stoffe von einem Glanz, einer Farbenpracht — ohne Anilin —,
wie sie von europäischen Manufakturen noch niemals erreicht worden sind.
Man begreift nicht, wie es möglich ist, auf Stoffen, die leicht und luftig sind,
wie Spinnengewebe, breite Arabesken und phantastische Figuren, Pflanzen- und
Thierverbindungen in dicker, reliefartiger Goldstickerei anzubringen. Ein weiter
Kaftan von pflaumenblauer Seide, der mit Pelz besetzt und gefüttert ist, zeigt
eine solche Stickerei, deren Muster aus seltsam verschlungenen Drachenköpfen besteht.

Eine besondere Abtheilung in dieser Ausstellung bilden die kostbaren
Truhen, Kästen, Schatullen und Büchsen, welche als Behälter der Ergeben¬
heitsadressen dienen, die dein Prinzen während seiner Reise überreicht worden
sind. Die Adresse des Bezirks Tinnevelley ruht in einem schwarz lackirten
Kästchen, das mit den zierlichsten, bandförmigen Elfenbeinornamenten bedeckt
ist, die in erhabener Arbeit aufgesetzt sind. Das Kästchen steht auf einer mit
grüner Seide überzogenen, runden Metallplatte, die durch ein aus dicker Gold-
schuur geflochtenes Netz umschlossen ist. Die Adresse von Caleutta liegt in
einer massiv silbernen Cassette,-die von freigearbeiteten, goldenen und silbernen
Lotosblumen umrankt ist. Vier Tigerköpse von Gold und zwei Elephanten-
Häupter von Silber umgeben den Kranz des Deckels, dessen Griff von sechs
gewaltigen, spiegelblanken Tigerzühnen gebildet wird, deren Spitzen in Gold
gefaßt sind. Die Cassette steht auf einem Kissen von purpurrothen Sammet.
Die Adresse von Madras ist in einer goldenen, mit Elfenbein ausgelegten
Schatulle eingeschlossen, auf deren Deckel ein goldener Königstiger im vollem
Laufe dargestellt ist.

Im Lande der Elephanten ist das Elfenbein nicht rar. Ein Beispiel
dafür ist das etwa drei Fuß hohe Modell des Rajahpalastes von Nnmnuggur,
eines Wunderwerkes der indischen Architektur, der mit seinen hundert Balkonen,
Wohn-, Schlaf- und Badezimmern mit skrupulöser Sorgfalt vom Dache bis
zum Erdboden aus jenem Material geschnitzt worden ist. Wohl zwanzig
Elephantenzähne mögen den Stoff zu den tausend Platten und Stäben her¬
gegeben haben, aus welchen dieses Mirakel zusammengesetzt worden ist.

Ich würde kein Ende finden, wollte ich in gleicher Ausführlichkeit die mit
Edelsteinen geschmückten Wedel und Fächer aus Pfauenfedern, die herrlichen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/74>, abgerufen am 22.07.2024.