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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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Die Pariser Weltausstellung.
Von Adolf Rosenberg.
3. Die Schätze des Prinzen von Wales. -- Gobelin's und Sevres - Porzellan. --
Gustav Dora' als Maler und Bildhauer.

In der Ehrenhalle sind es vornehmlich zwei Ausstellungen, welche des
höchsten Interesses und des eifrigsten Studiums würdig sind. Als glänzende
Introduktion zu der französischen Sektion der höchste Trumpf, den die Fran¬
zosen ausspielen konnten: die vereinigte Ausstellung der UimrckaowrsL Nationales,
der Gobelin- und Porzellanfabrik von Sevres. Auf der andern Seite, vor
der englischen Sektion, ist in dreißig Vitrinen die Sammlung des Prinzen
von Wales aufgestellt, eine der Urval attraetloris der Weltausstellung von 1878.

Diese Sammlung, welche auf der ganzen Welt nicht ihres Gleichen findet,
hat dem edlen Prinzen weder Mühe noch Kosten verursacht. Sie besteht aus
den kostbaren Geschenken und Huldigungsgaben, welche dem Prinzen während
seiner indischen Reise 1875--76 von den Maharajahs, Najahs und Sikhs, von
Städten, Vereinen und Privatleuten dargebracht worden sind. Es scheint, als hätten
die indischen Vasallenfürsten ihre Schatzkammern ausgeräumt, um sich dem Sohne
ihrer neuen "Kaiserin" angenehm zu machen: Gold, Silber, Juwelen und
Elfenbein sind hier in so ungeheuren Massen vereinigt, daß das Einzelne
seinen Werth verliert, daß der materielle Werth des Ganzen überhaupt hinter
der künstlerischen Bedeutung der einzelnen Gegenstände zurücktritt.

In der Werthschätzung der Edelsteine hat sich innerhalb der letzten Jahre
ohnehin eine Revolution vollzogen, welche den materiellen Werth gewisser
Minenprodukte herabgedrückt hat. Die Kapminen haben eine so reiche Aus¬
beute gegeben, daß der Kapdiamant seine dominirende Herrschaft verloren und
an den brasilanischen abgegeben hat. Man sängt an, den Werth einer Dia¬
mantengattung nicht mehr nach ihrer Größe und ihrer Schönheit zu taxiren,
sondern mehr als Rarität, nach der Seltenheit ihres Auftretens. Die Diamanten
des Prinzen von Wales, so erstaunlich auch ihre Fülle ist, verlieren eben
dadurch ihren Werth. Ueberdies sind nur wenige unter ihnen, die den Rang
eines Solitärs beanspruchen dürfen.

Die unschätzbare Bedeutung dieser in ihrer Art einzigen Sammlung liegt
vielmehr darin, daß wir durch sie ein vollständiges Bild von der auf uralten
Traditionen fußender Gold- und Silberwaaren-Jndustrie, überhaupt von der
ganzen Kunstindustrie Indiens erhalten. Die Ornamentik, die Gold- und


Die Pariser Weltausstellung.
Von Adolf Rosenberg.
3. Die Schätze des Prinzen von Wales. — Gobelin's und Sevres - Porzellan. —
Gustav Dora' als Maler und Bildhauer.

In der Ehrenhalle sind es vornehmlich zwei Ausstellungen, welche des
höchsten Interesses und des eifrigsten Studiums würdig sind. Als glänzende
Introduktion zu der französischen Sektion der höchste Trumpf, den die Fran¬
zosen ausspielen konnten: die vereinigte Ausstellung der UimrckaowrsL Nationales,
der Gobelin- und Porzellanfabrik von Sevres. Auf der andern Seite, vor
der englischen Sektion, ist in dreißig Vitrinen die Sammlung des Prinzen
von Wales aufgestellt, eine der Urval attraetloris der Weltausstellung von 1878.

Diese Sammlung, welche auf der ganzen Welt nicht ihres Gleichen findet,
hat dem edlen Prinzen weder Mühe noch Kosten verursacht. Sie besteht aus
den kostbaren Geschenken und Huldigungsgaben, welche dem Prinzen während
seiner indischen Reise 1875—76 von den Maharajahs, Najahs und Sikhs, von
Städten, Vereinen und Privatleuten dargebracht worden sind. Es scheint, als hätten
die indischen Vasallenfürsten ihre Schatzkammern ausgeräumt, um sich dem Sohne
ihrer neuen „Kaiserin" angenehm zu machen: Gold, Silber, Juwelen und
Elfenbein sind hier in so ungeheuren Massen vereinigt, daß das Einzelne
seinen Werth verliert, daß der materielle Werth des Ganzen überhaupt hinter
der künstlerischen Bedeutung der einzelnen Gegenstände zurücktritt.

In der Werthschätzung der Edelsteine hat sich innerhalb der letzten Jahre
ohnehin eine Revolution vollzogen, welche den materiellen Werth gewisser
Minenprodukte herabgedrückt hat. Die Kapminen haben eine so reiche Aus¬
beute gegeben, daß der Kapdiamant seine dominirende Herrschaft verloren und
an den brasilanischen abgegeben hat. Man sängt an, den Werth einer Dia¬
mantengattung nicht mehr nach ihrer Größe und ihrer Schönheit zu taxiren,
sondern mehr als Rarität, nach der Seltenheit ihres Auftretens. Die Diamanten
des Prinzen von Wales, so erstaunlich auch ihre Fülle ist, verlieren eben
dadurch ihren Werth. Ueberdies sind nur wenige unter ihnen, die den Rang
eines Solitärs beanspruchen dürfen.

Die unschätzbare Bedeutung dieser in ihrer Art einzigen Sammlung liegt
vielmehr darin, daß wir durch sie ein vollständiges Bild von der auf uralten
Traditionen fußender Gold- und Silberwaaren-Jndustrie, überhaupt von der
ganzen Kunstindustrie Indiens erhalten. Die Ornamentik, die Gold- und


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[0072] Die Pariser Weltausstellung. Von Adolf Rosenberg. 3. Die Schätze des Prinzen von Wales. — Gobelin's und Sevres - Porzellan. — Gustav Dora' als Maler und Bildhauer. In der Ehrenhalle sind es vornehmlich zwei Ausstellungen, welche des höchsten Interesses und des eifrigsten Studiums würdig sind. Als glänzende Introduktion zu der französischen Sektion der höchste Trumpf, den die Fran¬ zosen ausspielen konnten: die vereinigte Ausstellung der UimrckaowrsL Nationales, der Gobelin- und Porzellanfabrik von Sevres. Auf der andern Seite, vor der englischen Sektion, ist in dreißig Vitrinen die Sammlung des Prinzen von Wales aufgestellt, eine der Urval attraetloris der Weltausstellung von 1878. Diese Sammlung, welche auf der ganzen Welt nicht ihres Gleichen findet, hat dem edlen Prinzen weder Mühe noch Kosten verursacht. Sie besteht aus den kostbaren Geschenken und Huldigungsgaben, welche dem Prinzen während seiner indischen Reise 1875—76 von den Maharajahs, Najahs und Sikhs, von Städten, Vereinen und Privatleuten dargebracht worden sind. Es scheint, als hätten die indischen Vasallenfürsten ihre Schatzkammern ausgeräumt, um sich dem Sohne ihrer neuen „Kaiserin" angenehm zu machen: Gold, Silber, Juwelen und Elfenbein sind hier in so ungeheuren Massen vereinigt, daß das Einzelne seinen Werth verliert, daß der materielle Werth des Ganzen überhaupt hinter der künstlerischen Bedeutung der einzelnen Gegenstände zurücktritt. In der Werthschätzung der Edelsteine hat sich innerhalb der letzten Jahre ohnehin eine Revolution vollzogen, welche den materiellen Werth gewisser Minenprodukte herabgedrückt hat. Die Kapminen haben eine so reiche Aus¬ beute gegeben, daß der Kapdiamant seine dominirende Herrschaft verloren und an den brasilanischen abgegeben hat. Man sängt an, den Werth einer Dia¬ mantengattung nicht mehr nach ihrer Größe und ihrer Schönheit zu taxiren, sondern mehr als Rarität, nach der Seltenheit ihres Auftretens. Die Diamanten des Prinzen von Wales, so erstaunlich auch ihre Fülle ist, verlieren eben dadurch ihren Werth. Ueberdies sind nur wenige unter ihnen, die den Rang eines Solitärs beanspruchen dürfen. Die unschätzbare Bedeutung dieser in ihrer Art einzigen Sammlung liegt vielmehr darin, daß wir durch sie ein vollständiges Bild von der auf uralten Traditionen fußender Gold- und Silberwaaren-Jndustrie, überhaupt von der ganzen Kunstindustrie Indiens erhalten. Die Ornamentik, die Gold- und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/72>, abgerufen am 22.07.2024.