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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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Schimpfen und Lärmen wird den Schwarzen ihre Waare wieder ausgeliefert,
und auch ohne mit Kraftworten oder noch Schlimmerem entlassen worden zu
sein, kehren sie wieder, um den Handel endgültig abzuschließen.

Wieder sitzt der Hausherr oben über seinen Büchern, endlich sind die
Rechnungen zu seiner Zufriedenheit abgeschlossen, und er spaziert, seine Cigarette
rauchend, auf der Veranda um sein Haus herum, sie bietet ihm den Vortheil, -
das ganze Gehöft übersehen und auch die Arbeit am Strande kontroliren zu
können. Da stört ihn schon wieder ein die Treppe hinaufkommender Schwarzer,
der einen Brief -- Mokcmda nennt der Eingeborene alles Geschriebene und
Gedruckte -- in ein gespaltenes Stäbchen geklemmt, vor sich herträgt; er ist
ein Bote für eine andere Faktorei, aber es ist Sitte, daß er in denjenigen
Häusern, die er während seines sehr schnellen Dauerlauss berührt, einen
Stärknngstrunk Rum erhält. Auch das ist besorgt, und als drüben auf dem
Kutter die Flagge emporgehißt wird, zum Zeichen, daß er keine Ladung mehr
bergen könne, ist es gerade Mittagszeit und der Kaufmann läutet seine Leute
zu Mahl und Rast zusammen.

Auch am hiesigen Tisch bilden Reis und Huhn eine der Hauptschüsseln,
aber es sind noch mancherlei Speisen vorhanden, welche vergessen lassen, daß
wir in Afrika find; allerdings ist für den Gourmand der Geschmack vieler
afrikanischer Gerichte, oder der Gemüse, Fleischarten oder Früchte in Konserven
immer noch nicht derjenige frischer Lebensmittel, allein Feinschmeckern hat in
diesen Verhältnissen keine Berechtigung und verbietet sich von selbst. Doch
braucht sich anch eine europäische Tafel einer gebratenen afrikanischen Ente
nicht zu schämen und das dortige Waldhuhn (^rg-veolinus AsdÄntsQsis Ismin)
ist sogar eine hochfeine Delikatesse. Die verschiedenen Speisen kommen nicht
gleichzeitig auf den Tisch, sondern werden eine nach der anderen von einigen
Boys aus der Küche geholt; andere Burschen bedienen am Tisch, noch andere
haben auf der Veranda einen Kübel aufgestellt, in welchem die Teller ge¬
waschen werden. In jenen Küstenhäusern hält man nämlich streng auf das
Wechseln der Teller bei jeder Speise, ja, wenn wir uns von einem schmack¬
haften Gericht eine zweite Portion auflegen wollen, können wir ziemlich sicher
sein, plötzlich einen frischen Teller vor uns zu haben. Das Getränk bildet
auch hier portugiesischer Rothwein, dessen Schwere ihn eben für tropische
Klimate passend macht. -- Hier am Strande gehen europäische Lebensmittel
allerdings auch hin und wieder aus, wenn einmal die Post- und Privatschiffe
ungewöhnlich lange fortbleiben, aber doch nur in ärmeren Faktoreien und nicht
in dem Maße, wie in den Filialhäusern des Inneren. Vor Allem aber giebt
das Meer köstliche Fische, wenn nicht zu stürmische Witterung herrscht, täglich
im Ueberfluß und auch Vieh, Schafe, Schweine, Hammel, Ziegen, Hühner,


Grenzboten III. 1873. S

Schimpfen und Lärmen wird den Schwarzen ihre Waare wieder ausgeliefert,
und auch ohne mit Kraftworten oder noch Schlimmerem entlassen worden zu
sein, kehren sie wieder, um den Handel endgültig abzuschließen.

Wieder sitzt der Hausherr oben über seinen Büchern, endlich sind die
Rechnungen zu seiner Zufriedenheit abgeschlossen, und er spaziert, seine Cigarette
rauchend, auf der Veranda um sein Haus herum, sie bietet ihm den Vortheil, -
das ganze Gehöft übersehen und auch die Arbeit am Strande kontroliren zu
können. Da stört ihn schon wieder ein die Treppe hinaufkommender Schwarzer,
der einen Brief — Mokcmda nennt der Eingeborene alles Geschriebene und
Gedruckte — in ein gespaltenes Stäbchen geklemmt, vor sich herträgt; er ist
ein Bote für eine andere Faktorei, aber es ist Sitte, daß er in denjenigen
Häusern, die er während seines sehr schnellen Dauerlauss berührt, einen
Stärknngstrunk Rum erhält. Auch das ist besorgt, und als drüben auf dem
Kutter die Flagge emporgehißt wird, zum Zeichen, daß er keine Ladung mehr
bergen könne, ist es gerade Mittagszeit und der Kaufmann läutet seine Leute
zu Mahl und Rast zusammen.

Auch am hiesigen Tisch bilden Reis und Huhn eine der Hauptschüsseln,
aber es sind noch mancherlei Speisen vorhanden, welche vergessen lassen, daß
wir in Afrika find; allerdings ist für den Gourmand der Geschmack vieler
afrikanischer Gerichte, oder der Gemüse, Fleischarten oder Früchte in Konserven
immer noch nicht derjenige frischer Lebensmittel, allein Feinschmeckern hat in
diesen Verhältnissen keine Berechtigung und verbietet sich von selbst. Doch
braucht sich anch eine europäische Tafel einer gebratenen afrikanischen Ente
nicht zu schämen und das dortige Waldhuhn (^rg-veolinus AsdÄntsQsis Ismin)
ist sogar eine hochfeine Delikatesse. Die verschiedenen Speisen kommen nicht
gleichzeitig auf den Tisch, sondern werden eine nach der anderen von einigen
Boys aus der Küche geholt; andere Burschen bedienen am Tisch, noch andere
haben auf der Veranda einen Kübel aufgestellt, in welchem die Teller ge¬
waschen werden. In jenen Küstenhäusern hält man nämlich streng auf das
Wechseln der Teller bei jeder Speise, ja, wenn wir uns von einem schmack¬
haften Gericht eine zweite Portion auflegen wollen, können wir ziemlich sicher
sein, plötzlich einen frischen Teller vor uns zu haben. Das Getränk bildet
auch hier portugiesischer Rothwein, dessen Schwere ihn eben für tropische
Klimate passend macht. — Hier am Strande gehen europäische Lebensmittel
allerdings auch hin und wieder aus, wenn einmal die Post- und Privatschiffe
ungewöhnlich lange fortbleiben, aber doch nur in ärmeren Faktoreien und nicht
in dem Maße, wie in den Filialhäusern des Inneren. Vor Allem aber giebt
das Meer köstliche Fische, wenn nicht zu stürmische Witterung herrscht, täglich
im Ueberfluß und auch Vieh, Schafe, Schweine, Hammel, Ziegen, Hühner,


Grenzboten III. 1873. S
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/65>, abgerufen am 22.07.2024.