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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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wieder erscheint, trifft er dort seinen schwarzen Kollegen, der sich nur dnrch
seine Hautfarbe von ihm unterscheidet, und seinen Chef. Der Thee ist aufge¬
tragen, auch würzig duftender Kaffee wird servirt, schönes Brod ans ameri¬
kanischem Waizenmehl, welches in großen Mengen eingeführt und mit Hefe aus
Palmwein verarbeitet wird, Butter in Blechbüchsen, Käse, Fleisch, Eier, mich
einige Radieschen aus dem Garten prangen einladend ans dem weißen Tischtuch.
Aufmerksam auf die Wünsche seines Herrn achtend, steht hinter jedem der
Tafelenten ein in saubere weiße, rothumgürtete Gewänder gehüllter Boy mit
stolz unterschlagenen Armen; schnell füllt er die eben geleerte Tasse und
präsentirt die befohlenen Speisen. Das Gespräch dreht sich um die Arbeit des
Tages, das Geschäft und einzelne Vorkommnisse; heiter und freundlich würzt die
Unterhaltung das Frühmahl und mitleidig gedenken wir jenes Verlassenen,
dessen einseitiges Gespräch nur von Schelten, Schimpfen und Befehlen weiß.
Erfrischt erheben sich die Herren, ein Pfeifchen wird gestopft, eine Cigarette
angeraucht, und fort eilt ein Jeder an seinen Posten.

Die Hauptarbeit ist heute das Laden eines kleinen Kutters, der nicht weit
vom Seestrand verankert schaukelt. Er sammelt die aufgestapelten Waaren der
verschiedenen Faktoreien seiner Firma, um sie zu der Generalagentur zu be¬
fördern; von dort werdeu sie mit Dampfern nach Europa verschifft. -- Das
Meer ist das Lebenselement des Krooboys, und so sehen wir denn am Ufer
die Schwarzen vergnügt singend schaffen und arbeiten. Einzelne ziehen im
Gänsemarsch, beladen mit Säcken von Palmenkernen oder Kvpnlharz, nach dem
Strande wo sie ihre Lasten abwerfen; andere stauen dieselben in das auf
den Ausläufern der Brandungswogen tanzende Boot, während ein schon be-
ladenes Fahrzeug von den letzten Kroomen nach dem Kreter hinüber gerudert
wird. Im Magazin beaufsichtigt der weiße Clerk die Arbeit und zählt die
abgehenden Stücke, am Strand überwacht der schwarze Beamte das Verladen
und empfängt von den zurückkehrenden Booten die Quittung über die am
Bord des Kutters empfangenen Waaren. Der Chef der Faktorei ist indeß
in einem Magazin unter Beistand des Dragoman mit dem Einkauf von
Lebensmitteln beschäftigt. Eine Anzahl Frauen ist versammelt, um Feldfrttchte
und sonstige Waaren gegen die üblichen Preise zu verwerthen. Durch Ver¬
mittelung des Dolmetsch wickelt sich das Geschäft schnell ab, befriedigt kehren
die Eingeborenen heim, während der Lingster gleich die Rationen für das
Mittagsmahl der Leute in Empfang nimmt. Nicht immer, nur an bestimmten
Tagen ist der Markt so groß wie er heute war, denn mehrere Male in der
Woche erhalten die Kroomen Reis oder Bohnen und Fleisch oder getrocknete
Fische und nur an den andern Tagen jene Knollengewächse und übrigen


wieder erscheint, trifft er dort seinen schwarzen Kollegen, der sich nur dnrch
seine Hautfarbe von ihm unterscheidet, und seinen Chef. Der Thee ist aufge¬
tragen, auch würzig duftender Kaffee wird servirt, schönes Brod ans ameri¬
kanischem Waizenmehl, welches in großen Mengen eingeführt und mit Hefe aus
Palmwein verarbeitet wird, Butter in Blechbüchsen, Käse, Fleisch, Eier, mich
einige Radieschen aus dem Garten prangen einladend ans dem weißen Tischtuch.
Aufmerksam auf die Wünsche seines Herrn achtend, steht hinter jedem der
Tafelenten ein in saubere weiße, rothumgürtete Gewänder gehüllter Boy mit
stolz unterschlagenen Armen; schnell füllt er die eben geleerte Tasse und
präsentirt die befohlenen Speisen. Das Gespräch dreht sich um die Arbeit des
Tages, das Geschäft und einzelne Vorkommnisse; heiter und freundlich würzt die
Unterhaltung das Frühmahl und mitleidig gedenken wir jenes Verlassenen,
dessen einseitiges Gespräch nur von Schelten, Schimpfen und Befehlen weiß.
Erfrischt erheben sich die Herren, ein Pfeifchen wird gestopft, eine Cigarette
angeraucht, und fort eilt ein Jeder an seinen Posten.

Die Hauptarbeit ist heute das Laden eines kleinen Kutters, der nicht weit
vom Seestrand verankert schaukelt. Er sammelt die aufgestapelten Waaren der
verschiedenen Faktoreien seiner Firma, um sie zu der Generalagentur zu be¬
fördern; von dort werdeu sie mit Dampfern nach Europa verschifft. — Das
Meer ist das Lebenselement des Krooboys, und so sehen wir denn am Ufer
die Schwarzen vergnügt singend schaffen und arbeiten. Einzelne ziehen im
Gänsemarsch, beladen mit Säcken von Palmenkernen oder Kvpnlharz, nach dem
Strande wo sie ihre Lasten abwerfen; andere stauen dieselben in das auf
den Ausläufern der Brandungswogen tanzende Boot, während ein schon be-
ladenes Fahrzeug von den letzten Kroomen nach dem Kreter hinüber gerudert
wird. Im Magazin beaufsichtigt der weiße Clerk die Arbeit und zählt die
abgehenden Stücke, am Strand überwacht der schwarze Beamte das Verladen
und empfängt von den zurückkehrenden Booten die Quittung über die am
Bord des Kutters empfangenen Waaren. Der Chef der Faktorei ist indeß
in einem Magazin unter Beistand des Dragoman mit dem Einkauf von
Lebensmitteln beschäftigt. Eine Anzahl Frauen ist versammelt, um Feldfrttchte
und sonstige Waaren gegen die üblichen Preise zu verwerthen. Durch Ver¬
mittelung des Dolmetsch wickelt sich das Geschäft schnell ab, befriedigt kehren
die Eingeborenen heim, während der Lingster gleich die Rationen für das
Mittagsmahl der Leute in Empfang nimmt. Nicht immer, nur an bestimmten
Tagen ist der Markt so groß wie er heute war, denn mehrere Male in der
Woche erhalten die Kroomen Reis oder Bohnen und Fleisch oder getrocknete
Fische und nur an den andern Tagen jene Knollengewächse und übrigen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/62>, abgerufen am 25.08.2024.