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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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Hofe machen wir dieselbe Beobachtung. Die Anlage desselben ist hier eine
gleiche, wie die in den weiter im Inland stehenden kleineren Faktoreien, nur
sind die einzelnen Magazine, Arbeitshallen und übrigen Gebände nicht alle
aus Loangogras, sondern theilweise aus weiß getünchten Brettern oder Latten¬
wänden gebant und in größerem Maßstabe angelegt, weil diese Faktorei ein
Stapelplatz für die Filialen des benachbarten Bezirks ist, wie auch ihr Chef
eine gewisse Oberaufsicht über die Agenten der anderen ausübt. -- Fröhlich
flattert's auf dem Hof um eiuen großen Taubenschlag, zahlreiche Hühner
scharren im Sande, Schafe blöken, Ziegen meckern, Papageien stolziren mit
komischer Gravität spreizbeinig umher, ein Aeffchen klettert am Hause hinauf
und dort drüben, wo die Savane mit ihren mächtigen Graswogen, graziösen
Oelpalmen, barocken Affenbrodbäumen und buchenähnlichen Wollbäumen beginnt,
dehnt sich ein wohlgepflegter Garten hin, in welchem wir Gewächse aus allen
Zonen, zum Theil Geschenke einer benachbarten Jesuiteumission, finden, Gemüse
des Nordens neben denen der Tropen, zarte Bananen neben der Marakuja
(?a"sillora Säntis) mit den wunderbaren Passionsblumen und kostbaren Früchten,
und vieles andere mehr zum Genuß und zur Augenweide des Pflegers. --
In der einen Ecke des Gehöftes steht auch eine Anzahl kleiner Hütten, aber
wir siud in einer englischen Faktorei und hier giebt es keine Krumanos,
keine Sklaven, in diesen Tschimbeks wohnen Krooboys, freie Arbeiter vom
Cap Palmas an der Oberguinea Küste, die sich für einen bestimmten Monats¬
sold vermiethen; -- deshalb freuen wir uns, wenn wir Englands Banner
über dem weißen Dach des Hauses flattern sehen, denn diese Farben wehen
nnr über freien Menschen, und unter freien Menschen, Herren und Dienern,
gestaltet sich das Leben anders, harmloser, freudiger, achtungswerther und
sympatischer als in jenem einsamen portugiesischen Hause im düsteren, schwei¬
genden Walde! -- --

In herrlicher Strahlengluth taucht das belebende Tagesgestirn im Osten
über die Hügelzüge und jagt die Schatten der Nacht über die Ferne des
Ozeans neckisch in die Flucht. Ein freundliches Bild beleuchtet die Sonne;
unten am Ufer der See tummeln sich die Krooboys, der Dolmetsch, der
Wäscher und andere Bedienstete der Niederlassung im Bade; da tritt auf die
Veranda des Hauses ein junger Europäer, läutet die dort hängende große
Glocke und flugs horchen die Badenden ans, sie verlassen die See, die in ihrer
Brandung donnernd die schwarzen Leiber umsluthete, umhüllen sich mit ihren
Tüchern und springen hinauf in das Gehöft, wo der Weiße ihrer bereits
wartet und nun die Arbeit vertheilt. -- Oben im Hause decken Moleques,
oder wie sie im englischen Hause heißen, die Boys, bereits geschäftig den
Frühstückstisch, und wenn der junge Mann -- er ist einer der Clerks --


Hofe machen wir dieselbe Beobachtung. Die Anlage desselben ist hier eine
gleiche, wie die in den weiter im Inland stehenden kleineren Faktoreien, nur
sind die einzelnen Magazine, Arbeitshallen und übrigen Gebände nicht alle
aus Loangogras, sondern theilweise aus weiß getünchten Brettern oder Latten¬
wänden gebant und in größerem Maßstabe angelegt, weil diese Faktorei ein
Stapelplatz für die Filialen des benachbarten Bezirks ist, wie auch ihr Chef
eine gewisse Oberaufsicht über die Agenten der anderen ausübt. — Fröhlich
flattert's auf dem Hof um eiuen großen Taubenschlag, zahlreiche Hühner
scharren im Sande, Schafe blöken, Ziegen meckern, Papageien stolziren mit
komischer Gravität spreizbeinig umher, ein Aeffchen klettert am Hause hinauf
und dort drüben, wo die Savane mit ihren mächtigen Graswogen, graziösen
Oelpalmen, barocken Affenbrodbäumen und buchenähnlichen Wollbäumen beginnt,
dehnt sich ein wohlgepflegter Garten hin, in welchem wir Gewächse aus allen
Zonen, zum Theil Geschenke einer benachbarten Jesuiteumission, finden, Gemüse
des Nordens neben denen der Tropen, zarte Bananen neben der Marakuja
(?a»sillora Säntis) mit den wunderbaren Passionsblumen und kostbaren Früchten,
und vieles andere mehr zum Genuß und zur Augenweide des Pflegers. —
In der einen Ecke des Gehöftes steht auch eine Anzahl kleiner Hütten, aber
wir siud in einer englischen Faktorei und hier giebt es keine Krumanos,
keine Sklaven, in diesen Tschimbeks wohnen Krooboys, freie Arbeiter vom
Cap Palmas an der Oberguinea Küste, die sich für einen bestimmten Monats¬
sold vermiethen; — deshalb freuen wir uns, wenn wir Englands Banner
über dem weißen Dach des Hauses flattern sehen, denn diese Farben wehen
nnr über freien Menschen, und unter freien Menschen, Herren und Dienern,
gestaltet sich das Leben anders, harmloser, freudiger, achtungswerther und
sympatischer als in jenem einsamen portugiesischen Hause im düsteren, schwei¬
genden Walde! — —

In herrlicher Strahlengluth taucht das belebende Tagesgestirn im Osten
über die Hügelzüge und jagt die Schatten der Nacht über die Ferne des
Ozeans neckisch in die Flucht. Ein freundliches Bild beleuchtet die Sonne;
unten am Ufer der See tummeln sich die Krooboys, der Dolmetsch, der
Wäscher und andere Bedienstete der Niederlassung im Bade; da tritt auf die
Veranda des Hauses ein junger Europäer, läutet die dort hängende große
Glocke und flugs horchen die Badenden ans, sie verlassen die See, die in ihrer
Brandung donnernd die schwarzen Leiber umsluthete, umhüllen sich mit ihren
Tüchern und springen hinauf in das Gehöft, wo der Weiße ihrer bereits
wartet und nun die Arbeit vertheilt. — Oben im Hause decken Moleques,
oder wie sie im englischen Hause heißen, die Boys, bereits geschäftig den
Frühstückstisch, und wenn der junge Mann — er ist einer der Clerks —


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[0061] Hofe machen wir dieselbe Beobachtung. Die Anlage desselben ist hier eine gleiche, wie die in den weiter im Inland stehenden kleineren Faktoreien, nur sind die einzelnen Magazine, Arbeitshallen und übrigen Gebände nicht alle aus Loangogras, sondern theilweise aus weiß getünchten Brettern oder Latten¬ wänden gebant und in größerem Maßstabe angelegt, weil diese Faktorei ein Stapelplatz für die Filialen des benachbarten Bezirks ist, wie auch ihr Chef eine gewisse Oberaufsicht über die Agenten der anderen ausübt. — Fröhlich flattert's auf dem Hof um eiuen großen Taubenschlag, zahlreiche Hühner scharren im Sande, Schafe blöken, Ziegen meckern, Papageien stolziren mit komischer Gravität spreizbeinig umher, ein Aeffchen klettert am Hause hinauf und dort drüben, wo die Savane mit ihren mächtigen Graswogen, graziösen Oelpalmen, barocken Affenbrodbäumen und buchenähnlichen Wollbäumen beginnt, dehnt sich ein wohlgepflegter Garten hin, in welchem wir Gewächse aus allen Zonen, zum Theil Geschenke einer benachbarten Jesuiteumission, finden, Gemüse des Nordens neben denen der Tropen, zarte Bananen neben der Marakuja (?a»sillora Säntis) mit den wunderbaren Passionsblumen und kostbaren Früchten, und vieles andere mehr zum Genuß und zur Augenweide des Pflegers. — In der einen Ecke des Gehöftes steht auch eine Anzahl kleiner Hütten, aber wir siud in einer englischen Faktorei und hier giebt es keine Krumanos, keine Sklaven, in diesen Tschimbeks wohnen Krooboys, freie Arbeiter vom Cap Palmas an der Oberguinea Küste, die sich für einen bestimmten Monats¬ sold vermiethen; — deshalb freuen wir uns, wenn wir Englands Banner über dem weißen Dach des Hauses flattern sehen, denn diese Farben wehen nnr über freien Menschen, und unter freien Menschen, Herren und Dienern, gestaltet sich das Leben anders, harmloser, freudiger, achtungswerther und sympatischer als in jenem einsamen portugiesischen Hause im düsteren, schwei¬ genden Walde! — — In herrlicher Strahlengluth taucht das belebende Tagesgestirn im Osten über die Hügelzüge und jagt die Schatten der Nacht über die Ferne des Ozeans neckisch in die Flucht. Ein freundliches Bild beleuchtet die Sonne; unten am Ufer der See tummeln sich die Krooboys, der Dolmetsch, der Wäscher und andere Bedienstete der Niederlassung im Bade; da tritt auf die Veranda des Hauses ein junger Europäer, läutet die dort hängende große Glocke und flugs horchen die Badenden ans, sie verlassen die See, die in ihrer Brandung donnernd die schwarzen Leiber umsluthete, umhüllen sich mit ihren Tüchern und springen hinauf in das Gehöft, wo der Weiße ihrer bereits wartet und nun die Arbeit vertheilt. — Oben im Hause decken Moleques, oder wie sie im englischen Hause heißen, die Boys, bereits geschäftig den Frühstückstisch, und wenn der junge Mann — er ist einer der Clerks —

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/61>, abgerufen am 22.07.2024.