Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Wie? des Crassus Streiter lebt als der Barbarin
schmachvoller Eh'manu? Unter Verschwiegerten
(O Curia! o Aftersitten!)
Ward er ein Greis in des Feindes Feldern!

Apuler, Marser fröhnen dem Mederherrn,
Vergessen Rainen, Toga und Heercsschild
Und selbst die Ewigmntter Vesta --
Während doch Rom und das Kapital stehn!?


Um so mächtiger war dann der Einfluß einer wirklich bedeutenden Feldherrn¬
persönlichkeit! Gegen die Bestimmungen der Verfassung wurde Marius
während der Germanenkriege fünfmal hintereinander, im Ganzen siebenmal
Konsul. Dennoch vermochte er seine Stellung an der Spitze der Demokratie
nicht zu behaupten, und die Oligarchie fand in Sulla einen Führer, welcher
militärisch dem Marius mindestens gleich kam, ihn politisch jedoch weit über¬
ragte. Zwischen beiden Männern bestand Eifersucht, seit Sulla durch die Ge¬
fangennahme des Jugurtha einen Theil des Ruhmes des Marius für sich er¬
worben, und die Feindschaft gelangte zum Ausbruch, als die Nobilität im Jahre
88 dem Sulla das Konsulat und den Oberbefehl für den bevorstehenden Krieg
mit dem Pontischen Könige Mithridates übertrug. Marius wollte dem Sulla
den Oberbefehl durch den Tribun Publius Sulpicius entreißen; aber Sulla
kehrte mit seinem Heere nach Rom zurück, warf die Demokraten nieder und
achtete ihre Führer, vor allem den Marius. Dies war der Beginn der
Bürgerkriege, und nun öffneten sich die Legionen ohne jede Rücksicht ans die
bestehenden Gesetze all' den mannigfaltigen Elementen, die im römischen Reiche
nebeneinander wohnten. Es kommen Legionen vor, die in den Provinzen aus¬
gehoben waren*) und IkAjoriss vsrnaenlÄk genannt wurdenspäter aber,
nachdem ihnen das Bürgerrecht ertheilt worden, unter den gewöhnlichen Legionen
mitzählen, und endlich bildet man aus Gladiatoren und anderen Sklaven
Heereskörper/"""') was vorher nur einmal in höchster Noth, nämlich nach der
Schlacht bei Carnac gewagt worden war. -- Wie fremd die Elemente waren,
die sich in diesen römischen Heeren zusammenfanden, zeigt eine Stelle bei Horazf):






Bon Pompejus sagt dies Cäsar (L. 0. 3, 4.) Cäsar selbst aber war es, der zuerst
eine Legion aus lauter Provinziellen bildete -- die ^lauas,, später lex. V, der er die Zivi-
tät im ersten Bürgerkriege ertheilt zu haben scheint. Auch Labienus und Brutus nahmen
Provinzialen in die Legionen aus.
Lange weist nach, daß diese lsgionss verus-ealg-s nicht etwa aus römischen Kolo¬
nisten, sondern wirklich aus Provinziellen entstanden.
Gladiatoren hatten Brutus bei Mutina und Antonius im perusinischen Kriege;
Marius aber rief die Sklaven zur Freiheit auf.
1) Oden I. SS. An Fortuna.

Wie? des Crassus Streiter lebt als der Barbarin
schmachvoller Eh'manu? Unter Verschwiegerten
(O Curia! o Aftersitten!)
Ward er ein Greis in des Feindes Feldern!

Apuler, Marser fröhnen dem Mederherrn,
Vergessen Rainen, Toga und Heercsschild
Und selbst die Ewigmntter Vesta —
Während doch Rom und das Kapital stehn!?


Um so mächtiger war dann der Einfluß einer wirklich bedeutenden Feldherrn¬
persönlichkeit! Gegen die Bestimmungen der Verfassung wurde Marius
während der Germanenkriege fünfmal hintereinander, im Ganzen siebenmal
Konsul. Dennoch vermochte er seine Stellung an der Spitze der Demokratie
nicht zu behaupten, und die Oligarchie fand in Sulla einen Führer, welcher
militärisch dem Marius mindestens gleich kam, ihn politisch jedoch weit über¬
ragte. Zwischen beiden Männern bestand Eifersucht, seit Sulla durch die Ge¬
fangennahme des Jugurtha einen Theil des Ruhmes des Marius für sich er¬
worben, und die Feindschaft gelangte zum Ausbruch, als die Nobilität im Jahre
88 dem Sulla das Konsulat und den Oberbefehl für den bevorstehenden Krieg
mit dem Pontischen Könige Mithridates übertrug. Marius wollte dem Sulla
den Oberbefehl durch den Tribun Publius Sulpicius entreißen; aber Sulla
kehrte mit seinem Heere nach Rom zurück, warf die Demokraten nieder und
achtete ihre Führer, vor allem den Marius. Dies war der Beginn der
Bürgerkriege, und nun öffneten sich die Legionen ohne jede Rücksicht ans die
bestehenden Gesetze all' den mannigfaltigen Elementen, die im römischen Reiche
nebeneinander wohnten. Es kommen Legionen vor, die in den Provinzen aus¬
gehoben waren*) und IkAjoriss vsrnaenlÄk genannt wurdenspäter aber,
nachdem ihnen das Bürgerrecht ertheilt worden, unter den gewöhnlichen Legionen
mitzählen, und endlich bildet man aus Gladiatoren und anderen Sklaven
Heereskörper/"""') was vorher nur einmal in höchster Noth, nämlich nach der
Schlacht bei Carnac gewagt worden war. — Wie fremd die Elemente waren,
die sich in diesen römischen Heeren zusammenfanden, zeigt eine Stelle bei Horazf):






Bon Pompejus sagt dies Cäsar (L. 0. 3, 4.) Cäsar selbst aber war es, der zuerst
eine Legion aus lauter Provinziellen bildete — die ^lauas,, später lex. V, der er die Zivi-
tät im ersten Bürgerkriege ertheilt zu haben scheint. Auch Labienus und Brutus nahmen
Provinzialen in die Legionen aus.
Lange weist nach, daß diese lsgionss verus-ealg-s nicht etwa aus römischen Kolo¬
nisten, sondern wirklich aus Provinziellen entstanden.
Gladiatoren hatten Brutus bei Mutina und Antonius im perusinischen Kriege;
Marius aber rief die Sklaven zur Freiheit auf.
1) Oden I. SS. An Fortuna.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0503" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/140854"/>
          <quote>
            <p xml:id="ID_1535"> Wie? des Crassus Streiter lebt als der Barbarin<lb/>
schmachvoller Eh'manu? Unter Verschwiegerten<lb/>
(O Curia! o Aftersitten!)<lb/>
Ward er ein Greis in des Feindes Feldern!</p>
            <p xml:id="ID_1536"> Apuler, Marser fröhnen dem Mederherrn,<lb/>
Vergessen Rainen, Toga und Heercsschild<lb/>
Und selbst die Ewigmntter Vesta &#x2014;<lb/>
Während doch Rom und das Kapital stehn!?</p>
          </quote><lb/>
          <p xml:id="ID_1537"> Um so mächtiger war dann der Einfluß einer wirklich bedeutenden Feldherrn¬<lb/>
persönlichkeit! Gegen die Bestimmungen der Verfassung wurde Marius<lb/>
während der Germanenkriege fünfmal hintereinander, im Ganzen siebenmal<lb/>
Konsul. Dennoch vermochte er seine Stellung an der Spitze der Demokratie<lb/>
nicht zu behaupten, und die Oligarchie fand in Sulla einen Führer, welcher<lb/>
militärisch dem Marius mindestens gleich kam, ihn politisch jedoch weit über¬<lb/>
ragte. Zwischen beiden Männern bestand Eifersucht, seit Sulla durch die Ge¬<lb/>
fangennahme des Jugurtha einen Theil des Ruhmes des Marius für sich er¬<lb/>
worben, und die Feindschaft gelangte zum Ausbruch, als die Nobilität im Jahre<lb/>
88 dem Sulla das Konsulat und den Oberbefehl für den bevorstehenden Krieg<lb/>
mit dem Pontischen Könige Mithridates übertrug. Marius wollte dem Sulla<lb/>
den Oberbefehl durch den Tribun Publius Sulpicius entreißen; aber Sulla<lb/>
kehrte mit seinem Heere nach Rom zurück, warf die Demokraten nieder und<lb/>
achtete ihre Führer, vor allem den Marius. Dies war der Beginn der<lb/>
Bürgerkriege, und nun öffneten sich die Legionen ohne jede Rücksicht ans die<lb/>
bestehenden Gesetze all' den mannigfaltigen Elementen, die im römischen Reiche<lb/>
nebeneinander wohnten. Es kommen Legionen vor, die in den Provinzen aus¬<lb/>
gehoben waren*) und IkAjoriss vsrnaenlÄk genannt wurdenspäter aber,<lb/>
nachdem ihnen das Bürgerrecht ertheilt worden, unter den gewöhnlichen Legionen<lb/>
mitzählen, und endlich bildet man aus Gladiatoren und anderen Sklaven<lb/>
Heereskörper/"""') was vorher nur einmal in höchster Noth, nämlich nach der<lb/>
Schlacht bei Carnac gewagt worden war. &#x2014; Wie fremd die Elemente waren,<lb/>
die sich in diesen römischen Heeren zusammenfanden, zeigt eine Stelle bei Horazf):</p><lb/>
          <note xml:id="FID_241" place="foot"> Bon Pompejus sagt dies Cäsar (L. 0. 3, 4.) Cäsar selbst aber war es, der zuerst<lb/>
eine Legion aus lauter Provinziellen bildete &#x2014; die ^lauas,, später lex. V, der er die Zivi-<lb/>
tät im ersten Bürgerkriege ertheilt zu haben scheint. Auch Labienus und Brutus nahmen<lb/>
Provinzialen in die Legionen aus.</note><lb/>
          <note xml:id="FID_242" place="foot"> Lange weist nach, daß diese lsgionss verus-ealg-s nicht etwa aus römischen Kolo¬<lb/>
nisten, sondern wirklich aus Provinziellen entstanden.</note><lb/>
          <note xml:id="FID_243" place="foot"> Gladiatoren hatten Brutus bei Mutina und Antonius im perusinischen Kriege;<lb/>
Marius aber rief die Sklaven zur Freiheit auf.</note><lb/>
          <note xml:id="FID_244" place="foot"> 1) Oden I. SS. An Fortuna.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0503] Wie? des Crassus Streiter lebt als der Barbarin schmachvoller Eh'manu? Unter Verschwiegerten (O Curia! o Aftersitten!) Ward er ein Greis in des Feindes Feldern! Apuler, Marser fröhnen dem Mederherrn, Vergessen Rainen, Toga und Heercsschild Und selbst die Ewigmntter Vesta — Während doch Rom und das Kapital stehn!? Um so mächtiger war dann der Einfluß einer wirklich bedeutenden Feldherrn¬ persönlichkeit! Gegen die Bestimmungen der Verfassung wurde Marius während der Germanenkriege fünfmal hintereinander, im Ganzen siebenmal Konsul. Dennoch vermochte er seine Stellung an der Spitze der Demokratie nicht zu behaupten, und die Oligarchie fand in Sulla einen Führer, welcher militärisch dem Marius mindestens gleich kam, ihn politisch jedoch weit über¬ ragte. Zwischen beiden Männern bestand Eifersucht, seit Sulla durch die Ge¬ fangennahme des Jugurtha einen Theil des Ruhmes des Marius für sich er¬ worben, und die Feindschaft gelangte zum Ausbruch, als die Nobilität im Jahre 88 dem Sulla das Konsulat und den Oberbefehl für den bevorstehenden Krieg mit dem Pontischen Könige Mithridates übertrug. Marius wollte dem Sulla den Oberbefehl durch den Tribun Publius Sulpicius entreißen; aber Sulla kehrte mit seinem Heere nach Rom zurück, warf die Demokraten nieder und achtete ihre Führer, vor allem den Marius. Dies war der Beginn der Bürgerkriege, und nun öffneten sich die Legionen ohne jede Rücksicht ans die bestehenden Gesetze all' den mannigfaltigen Elementen, die im römischen Reiche nebeneinander wohnten. Es kommen Legionen vor, die in den Provinzen aus¬ gehoben waren*) und IkAjoriss vsrnaenlÄk genannt wurdenspäter aber, nachdem ihnen das Bürgerrecht ertheilt worden, unter den gewöhnlichen Legionen mitzählen, und endlich bildet man aus Gladiatoren und anderen Sklaven Heereskörper/"""') was vorher nur einmal in höchster Noth, nämlich nach der Schlacht bei Carnac gewagt worden war. — Wie fremd die Elemente waren, die sich in diesen römischen Heeren zusammenfanden, zeigt eine Stelle bei Horazf): Bon Pompejus sagt dies Cäsar (L. 0. 3, 4.) Cäsar selbst aber war es, der zuerst eine Legion aus lauter Provinziellen bildete — die ^lauas,, später lex. V, der er die Zivi- tät im ersten Bürgerkriege ertheilt zu haben scheint. Auch Labienus und Brutus nahmen Provinzialen in die Legionen aus. Lange weist nach, daß diese lsgionss verus-ealg-s nicht etwa aus römischen Kolo¬ nisten, sondern wirklich aus Provinziellen entstanden. Gladiatoren hatten Brutus bei Mutina und Antonius im perusinischen Kriege; Marius aber rief die Sklaven zur Freiheit auf. 1) Oden I. SS. An Fortuna.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/503
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/503>, abgerufen am 22.07.2024.