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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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tidal, des C. Metellus, vermochte die mißtrauische Aufregung der Masse nicht
zu beschwichtigen, als es einem alten Soldaten, eben dem Marius, aus per¬
sönlicher Gereiztheit einfiel, die Verstimmung des Volkes für sich zu benutzen.
Seine Siege im Jugurthinischen Kriege hoben ihn auf die Höhe der Popula¬
rität, und er benutzte seine unbedingte Herrschaft dazu, das römische Wehrthum
von Grund aus umzuwandeln. Das mißbräuchlich eingerissene Prinzip zur
äußersten Konsequenz treibend, hob er vorzugsweise Freiwillige und zwar aus
den Aermsten, ja sogar -- was bisher noch nicht dagewesen war -- aus den
eapits esusi aus.*) Auf diese folgten bald Libertinen und Sklaven.**) Die
Zulässigkeit, innerhalb des dienstpflichtigen Alters überhaupt nur der gesetzlichen
Anzahl von Feldzügen beiwohnen zu dürfen, gleichviel mit welchen Unterbre¬
chungen, hörte nunmehr ganz ans. Sämmtliche Mannschaften mußten nach
dem Eintritt in das Heer, insofern sie nicht in Folge eines Friedensschlusses
entlassen wurden, ihre ganze gesetzliche Dienstzeit von 20 Jahren ununter¬
brochen bei der Fahne bleiben.***) Das mußte und sollte ein stehendes Heer
werden, ein solches, das auch in der Heimath, wenn es die Waffen niederge¬
legt hatte, dem Rufe des Feldherrn gewärtig blieb.

Ein entschlossenes Nivellirungssystem verwischte die althergebrachte
Stufenfolge der vslitss, KastAti, xrineixgg und triarii; die Veliten, welche
man zuletzt im Jugurthinischen Kriege erwähnt findet, wurden gänzlich besei¬
tigt; den Triariern ward das Plinn gegeben und damit der letzte Rest der
urrömischen Bewaffnung, der Handspieß, vertilgt. Die römische Ritterschaft wurde
als Kavallerie aufgehoben: die römischen Soldaten sollten als eine konforme,
schwergerüstete Infanterie einander in jeder Hinsicht gleich sein. Nur die alten
Namen der Hastati, Prinzipes und Triarier blieben bestehn, wesentlich wohl
als Mittel, den Ehrgeiz der Centurionen zu spornen, durch die 60 Stellen vom
cisoilniis liÄswws xostsrior zum xrimixiws emporzusteigen. Die einzige, ge¬
wissermaßen exklusive Truppe, welche Marius bestehen ließ und weiter bildete,
ist die eoliors prastorig,, d. h. die aus besonders zuverlässigen und erfahrenen
Kriegern gebildete starke Leibwache des Feldherrn, welche als äklsots, ra-mus,
als Eliteabtheilung für Kriegszwecke von besonderer Wichtigkeit verwendet
wurde und erhöhten, oft sechsfacher Sold bezog. Sie setzte sich theils aus
ovooM, d. h. Kapitulanten zusammen (und das waren bei 20 jähriger Dienst¬
zeit natürlich alles Veteranen), theils aus jungen Leuten vornehmer Familien,





*) 8^11, 5ux, 86 vom Jahre 647--107: Ixse intsrsa wilitss seribers von mors in"io-
rum means "x olassilms sea uU "mwsaus ludiÄo erst, oaxite vsvsos xlsros^"- ^ Vergl.
auch ?int, A^r. 9.
**) Letzteres allerdings wohl erst in den Bürgerkriegen.
**
*) ^.xxmm L. 0. S, 123. 129. -- Daher bezog sich nun das skeramsiMiri nicht mehr
auf den einzelnen Feldzug, sondern auf die ganze Dienstzeit,

tidal, des C. Metellus, vermochte die mißtrauische Aufregung der Masse nicht
zu beschwichtigen, als es einem alten Soldaten, eben dem Marius, aus per¬
sönlicher Gereiztheit einfiel, die Verstimmung des Volkes für sich zu benutzen.
Seine Siege im Jugurthinischen Kriege hoben ihn auf die Höhe der Popula¬
rität, und er benutzte seine unbedingte Herrschaft dazu, das römische Wehrthum
von Grund aus umzuwandeln. Das mißbräuchlich eingerissene Prinzip zur
äußersten Konsequenz treibend, hob er vorzugsweise Freiwillige und zwar aus
den Aermsten, ja sogar — was bisher noch nicht dagewesen war — aus den
eapits esusi aus.*) Auf diese folgten bald Libertinen und Sklaven.**) Die
Zulässigkeit, innerhalb des dienstpflichtigen Alters überhaupt nur der gesetzlichen
Anzahl von Feldzügen beiwohnen zu dürfen, gleichviel mit welchen Unterbre¬
chungen, hörte nunmehr ganz ans. Sämmtliche Mannschaften mußten nach
dem Eintritt in das Heer, insofern sie nicht in Folge eines Friedensschlusses
entlassen wurden, ihre ganze gesetzliche Dienstzeit von 20 Jahren ununter¬
brochen bei der Fahne bleiben.***) Das mußte und sollte ein stehendes Heer
werden, ein solches, das auch in der Heimath, wenn es die Waffen niederge¬
legt hatte, dem Rufe des Feldherrn gewärtig blieb.

Ein entschlossenes Nivellirungssystem verwischte die althergebrachte
Stufenfolge der vslitss, KastAti, xrineixgg und triarii; die Veliten, welche
man zuletzt im Jugurthinischen Kriege erwähnt findet, wurden gänzlich besei¬
tigt; den Triariern ward das Plinn gegeben und damit der letzte Rest der
urrömischen Bewaffnung, der Handspieß, vertilgt. Die römische Ritterschaft wurde
als Kavallerie aufgehoben: die römischen Soldaten sollten als eine konforme,
schwergerüstete Infanterie einander in jeder Hinsicht gleich sein. Nur die alten
Namen der Hastati, Prinzipes und Triarier blieben bestehn, wesentlich wohl
als Mittel, den Ehrgeiz der Centurionen zu spornen, durch die 60 Stellen vom
cisoilniis liÄswws xostsrior zum xrimixiws emporzusteigen. Die einzige, ge¬
wissermaßen exklusive Truppe, welche Marius bestehen ließ und weiter bildete,
ist die eoliors prastorig,, d. h. die aus besonders zuverlässigen und erfahrenen
Kriegern gebildete starke Leibwache des Feldherrn, welche als äklsots, ra-mus,
als Eliteabtheilung für Kriegszwecke von besonderer Wichtigkeit verwendet
wurde und erhöhten, oft sechsfacher Sold bezog. Sie setzte sich theils aus
ovooM, d. h. Kapitulanten zusammen (und das waren bei 20 jähriger Dienst¬
zeit natürlich alles Veteranen), theils aus jungen Leuten vornehmer Familien,





*) 8^11, 5ux, 86 vom Jahre 647—107: Ixse intsrsa wilitss seribers von mors in»io-
rum means «x olassilms sea uU «mwsaus ludiÄo erst, oaxite vsvsos xlsros^«- ^ Vergl.
auch ?int, A^r. 9.
**) Letzteres allerdings wohl erst in den Bürgerkriegen.
**
*) ^.xxmm L. 0. S, 123. 129. — Daher bezog sich nun das skeramsiMiri nicht mehr
auf den einzelnen Feldzug, sondern auf die ganze Dienstzeit,
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/495>, abgerufen am 22.07.2024.