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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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daß eine gewisse Unklarheit oder Weite der bisherigen Vorschriften über die
Fahr-Distanz unsrer Marine, vielleicht auch eine zu große Berücksichtigung der
soldatischen, eine zu geringe der nautischen Ausbildung unsrer Seemcmnschasten
und -Offiziere Schuld an jeuer furchtbaren Katastrophe trug, deren voller
Schrecken nur dadurch übertäubt wurde, daß gleichzeitig die Kunde von der
Unthat Hödel's, wenige Wochen später die Nachricht von dem noch schauder¬
volleren Mordversuch Nobiling's das deutsche Reich durchzitterte und monate¬
lang in schmerzlicher Spannung erhielt. So tritt anch noch hente das Interesse
an der Frage, wie jener Unfall geschehen konnte, wie ähnlichen in Zukunft
vorzubeugen sei, zurück vor der andern: wie jene Partei rasch und gründlich
ausgerottet werden könne, aus deren Lager die beiden Mordbuben aufstanden.
Ueber jene Frage darf die Nation in Ruhe den bevorstehenden Richterspruch,
das Urtheil sachverständiger Männer abwarten. Die Ausrottung der Sozial-
demokratie aber hat sie sofort durch ihre erwählten Vertreter selbst in die Hand
zu nehmen.

Der jetzige Sozialistengesetz-Entwurf der verbündete" Regierungen unter¬
scheidet sich sehr vortheilhaft von dem Mai-Entwurf. Diese Blätter haben sich
schon für Annahme des früheren Entwurfs -- etwa mit den Modifikationen,
die später das Amendement Gneist-Beseler enthielt --- ausgesprochen. Es be¬
darf daher nicht der Versicherung, daß sie dem jetzigen Entwürfe in der Haupt¬
sache freudig zustimmen. Genau bestimmt sind diesmal die gemeingefährlichen
Bestrebungen, welche durch den Gesetzentwurf getroffen werden sollen, wenigstens
genau sür jeden, der die Geschichte und die offiziellen Parteiprogramme der
deutschen Sozialdemokratie kennt. Wenn das Laster'sche Organ, die B. A. C.
diese Bestrebungen im Z. 1. des Gesetzentwurfs nicht genan definirt findet und "eine
Definition vermißt, welche der Nechtsbehandlung fähig ist," so wird es Zeit
für Herrn Laster, sich von diesem Organ und namentlich von diesem Artikel
desselben öffentlich loszusagen, wenn er fernerhin den Anspruch ans den Namen
eines nationalen und praktischen Politikers machen will. Was sozialdemokratische
und kommunistische Bestrebungen sind, weiß jeder, der sich überhaupt mit dieser
vaterlandslosen Umsturzpartei, ihren Blättern, ihren Schriften, Reden und Be¬
schlüssen beschäftigt hat. Wenn das Organ des Herrn Laster hierfür die recht¬
liche Definirbarkeit vermißt, so macht uns dieser Einwand ungefähr denselben
Eindruck wie das Plaidoyer des ÄÄvooatus <Zia.do1i in alten Zeiten. Nur war
der Rechtsbeistand Sr. Satanischen Majestät betreffs des guten Glaubens
seiner Ausflüchte und Rechtbehelfe bei weitem günstiger gestellt als das Or¬
gan des Herrn Laster, insofern nämlich als jeuer das leibhaftige Auftreten
des Gottseibeiuns, dem man an den Kragen wollte, immerhin in bescheidenen
Zweifel ziehen konnte, während uns die schamlosen Thaten und Bestrebungen


daß eine gewisse Unklarheit oder Weite der bisherigen Vorschriften über die
Fahr-Distanz unsrer Marine, vielleicht auch eine zu große Berücksichtigung der
soldatischen, eine zu geringe der nautischen Ausbildung unsrer Seemcmnschasten
und -Offiziere Schuld an jeuer furchtbaren Katastrophe trug, deren voller
Schrecken nur dadurch übertäubt wurde, daß gleichzeitig die Kunde von der
Unthat Hödel's, wenige Wochen später die Nachricht von dem noch schauder¬
volleren Mordversuch Nobiling's das deutsche Reich durchzitterte und monate¬
lang in schmerzlicher Spannung erhielt. So tritt anch noch hente das Interesse
an der Frage, wie jener Unfall geschehen konnte, wie ähnlichen in Zukunft
vorzubeugen sei, zurück vor der andern: wie jene Partei rasch und gründlich
ausgerottet werden könne, aus deren Lager die beiden Mordbuben aufstanden.
Ueber jene Frage darf die Nation in Ruhe den bevorstehenden Richterspruch,
das Urtheil sachverständiger Männer abwarten. Die Ausrottung der Sozial-
demokratie aber hat sie sofort durch ihre erwählten Vertreter selbst in die Hand
zu nehmen.

Der jetzige Sozialistengesetz-Entwurf der verbündete» Regierungen unter¬
scheidet sich sehr vortheilhaft von dem Mai-Entwurf. Diese Blätter haben sich
schon für Annahme des früheren Entwurfs — etwa mit den Modifikationen,
die später das Amendement Gneist-Beseler enthielt -— ausgesprochen. Es be¬
darf daher nicht der Versicherung, daß sie dem jetzigen Entwürfe in der Haupt¬
sache freudig zustimmen. Genau bestimmt sind diesmal die gemeingefährlichen
Bestrebungen, welche durch den Gesetzentwurf getroffen werden sollen, wenigstens
genau sür jeden, der die Geschichte und die offiziellen Parteiprogramme der
deutschen Sozialdemokratie kennt. Wenn das Laster'sche Organ, die B. A. C.
diese Bestrebungen im Z. 1. des Gesetzentwurfs nicht genan definirt findet und „eine
Definition vermißt, welche der Nechtsbehandlung fähig ist," so wird es Zeit
für Herrn Laster, sich von diesem Organ und namentlich von diesem Artikel
desselben öffentlich loszusagen, wenn er fernerhin den Anspruch ans den Namen
eines nationalen und praktischen Politikers machen will. Was sozialdemokratische
und kommunistische Bestrebungen sind, weiß jeder, der sich überhaupt mit dieser
vaterlandslosen Umsturzpartei, ihren Blättern, ihren Schriften, Reden und Be¬
schlüssen beschäftigt hat. Wenn das Organ des Herrn Laster hierfür die recht¬
liche Definirbarkeit vermißt, so macht uns dieser Einwand ungefähr denselben
Eindruck wie das Plaidoyer des ÄÄvooatus <Zia.do1i in alten Zeiten. Nur war
der Rechtsbeistand Sr. Satanischen Majestät betreffs des guten Glaubens
seiner Ausflüchte und Rechtbehelfe bei weitem günstiger gestellt als das Or¬
gan des Herrn Laster, insofern nämlich als jeuer das leibhaftige Auftreten
des Gottseibeiuns, dem man an den Kragen wollte, immerhin in bescheidenen
Zweifel ziehen konnte, während uns die schamlosen Thaten und Bestrebungen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/485>, abgerufen am 22.07.2024.