Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Lösz-Meorie des Ireiherrn von Kichthofen und
ihre Anwendung auf Luropa.
Von A. Oppel.

Ohne Zweifel gehört die oberrheinische Tiefebene zu denjenigen Theilen
Deutschland's, die von der Natur am reichsten und gütigsten ausgestattet sind.
Zu beiden Seiten des Rheines gelegen, wird sie links und rechts dnrch den
Steilabfall des Schwarzwalds, der Vogesen und ihrer Fortsetzungen natürlich
abgegrenzt und bietet allen denjenigen Wechsel der Landschaft, der auf das Ge¬
müth des Menschen einen wohlthuenden Einfluß ausübt. Dazu tritt ein mildes
Klima, fruchtbarer Boden, der um so ergiebiger wird, je näher er dem Fuße
der Berge liegt. In Folge des trefflichen Anbaues gedieh hier stets eine zahl¬
reiche Bevölkerung und gründete eine Zahl blühender Städte; stattliche und
freundliche Dörfer liegen nahe bei einander und werden durch belebte Straße"
verbunden. Ueber herrlichen Obsthainen und Weinbergen, die in üppigster Fülle
mit einander abwechseln, erheben sich alte Bnrggemäuer, welche bekunden, daß
auch ehemals an den Berglehnen das Hauptleben des Landes sich bewegt hat.
Und auch der Waarentransport nahm von früher Zeit an seinen Weg von
Basel über Mühlhausen und Colmar nach Straßbnrg, denn gerade das Stück
des Rhein's zwischen Basel und Straßbnrg besitzt ungünstige Stromverhältnisse,
so daß seine näheren Uferlandfchaften fast verödet erscheinen gegenüber dem
blühenden Leben in anderen Theilen. Das Hauptgewicht bedeutungsvoller
Stüdteumnen fällt in der Nähe des Stromes auf das linke Ufer. Kein Wunder,
denn dieses ist höher, anmuthiger, bewohnbarer, weit weniger Ueberschwem-
mungen und Versumpfungen, weniger den kalten Rheinnebeln und Reiffrösten
ausgesetzt als das rechte. Daher war besonders auf dem linken Ufer in frü¬
heren Jahrhunderten größere Dichtigkeit der Bevölkerung zu finden, eine größere
Zahl vou Städten, stärkerer Verkehr und volleres Leben. Und so ist das Elsaß
mit dem übrigen Oberrheinthal durch die Größe und Regelmäßigkeit seiner
Formation, die Fruchtbarkeit seines Bodens, die frische Rührigkeit seiner Be¬
wohner und durch die Menge theils noch blühender, theils altehrwürdiger Städte
die schönste und angenehmste Beckengestaltung Deutschland's. Durch seine histo¬
rische Entwickelung behauptet es vor den meisten anderen Abschnitten unseres
Vaterlands, ja vor deu meisten Flußthalstücken unseres ganzen Erdtheils den
Vorrang.

Alle diese Vorzüge sind dem Lande nicht dnrch Zufall eigenthümlich,
sondern sowohl die hohe Fruchtbarkeit und günstige Beschaffenheit des Landes


Die Lösz-Meorie des Ireiherrn von Kichthofen und
ihre Anwendung auf Luropa.
Von A. Oppel.

Ohne Zweifel gehört die oberrheinische Tiefebene zu denjenigen Theilen
Deutschland's, die von der Natur am reichsten und gütigsten ausgestattet sind.
Zu beiden Seiten des Rheines gelegen, wird sie links und rechts dnrch den
Steilabfall des Schwarzwalds, der Vogesen und ihrer Fortsetzungen natürlich
abgegrenzt und bietet allen denjenigen Wechsel der Landschaft, der auf das Ge¬
müth des Menschen einen wohlthuenden Einfluß ausübt. Dazu tritt ein mildes
Klima, fruchtbarer Boden, der um so ergiebiger wird, je näher er dem Fuße
der Berge liegt. In Folge des trefflichen Anbaues gedieh hier stets eine zahl¬
reiche Bevölkerung und gründete eine Zahl blühender Städte; stattliche und
freundliche Dörfer liegen nahe bei einander und werden durch belebte Straße»
verbunden. Ueber herrlichen Obsthainen und Weinbergen, die in üppigster Fülle
mit einander abwechseln, erheben sich alte Bnrggemäuer, welche bekunden, daß
auch ehemals an den Berglehnen das Hauptleben des Landes sich bewegt hat.
Und auch der Waarentransport nahm von früher Zeit an seinen Weg von
Basel über Mühlhausen und Colmar nach Straßbnrg, denn gerade das Stück
des Rhein's zwischen Basel und Straßbnrg besitzt ungünstige Stromverhältnisse,
so daß seine näheren Uferlandfchaften fast verödet erscheinen gegenüber dem
blühenden Leben in anderen Theilen. Das Hauptgewicht bedeutungsvoller
Stüdteumnen fällt in der Nähe des Stromes auf das linke Ufer. Kein Wunder,
denn dieses ist höher, anmuthiger, bewohnbarer, weit weniger Ueberschwem-
mungen und Versumpfungen, weniger den kalten Rheinnebeln und Reiffrösten
ausgesetzt als das rechte. Daher war besonders auf dem linken Ufer in frü¬
heren Jahrhunderten größere Dichtigkeit der Bevölkerung zu finden, eine größere
Zahl vou Städten, stärkerer Verkehr und volleres Leben. Und so ist das Elsaß
mit dem übrigen Oberrheinthal durch die Größe und Regelmäßigkeit seiner
Formation, die Fruchtbarkeit seines Bodens, die frische Rührigkeit seiner Be¬
wohner und durch die Menge theils noch blühender, theils altehrwürdiger Städte
die schönste und angenehmste Beckengestaltung Deutschland's. Durch seine histo¬
rische Entwickelung behauptet es vor den meisten anderen Abschnitten unseres
Vaterlands, ja vor deu meisten Flußthalstücken unseres ganzen Erdtheils den
Vorrang.

Alle diese Vorzüge sind dem Lande nicht dnrch Zufall eigenthümlich,
sondern sowohl die hohe Fruchtbarkeit und günstige Beschaffenheit des Landes


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0453" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/140804"/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die Lösz-Meorie des Ireiherrn von Kichthofen und<lb/>
ihre Anwendung auf Luropa.<lb/><note type="byline"> Von A. Oppel.</note></head><lb/>
          <p xml:id="ID_1396"> Ohne Zweifel gehört die oberrheinische Tiefebene zu denjenigen Theilen<lb/>
Deutschland's, die von der Natur am reichsten und gütigsten ausgestattet sind.<lb/>
Zu beiden Seiten des Rheines gelegen, wird sie links und rechts dnrch den<lb/>
Steilabfall des Schwarzwalds, der Vogesen und ihrer Fortsetzungen natürlich<lb/>
abgegrenzt und bietet allen denjenigen Wechsel der Landschaft, der auf das Ge¬<lb/>
müth des Menschen einen wohlthuenden Einfluß ausübt. Dazu tritt ein mildes<lb/>
Klima, fruchtbarer Boden, der um so ergiebiger wird, je näher er dem Fuße<lb/>
der Berge liegt. In Folge des trefflichen Anbaues gedieh hier stets eine zahl¬<lb/>
reiche Bevölkerung und gründete eine Zahl blühender Städte; stattliche und<lb/>
freundliche Dörfer liegen nahe bei einander und werden durch belebte Straße»<lb/>
verbunden. Ueber herrlichen Obsthainen und Weinbergen, die in üppigster Fülle<lb/>
mit einander abwechseln, erheben sich alte Bnrggemäuer, welche bekunden, daß<lb/>
auch ehemals an den Berglehnen das Hauptleben des Landes sich bewegt hat.<lb/>
Und auch der Waarentransport nahm von früher Zeit an seinen Weg von<lb/>
Basel über Mühlhausen und Colmar nach Straßbnrg, denn gerade das Stück<lb/>
des Rhein's zwischen Basel und Straßbnrg besitzt ungünstige Stromverhältnisse,<lb/>
so daß seine näheren Uferlandfchaften fast verödet erscheinen gegenüber dem<lb/>
blühenden Leben in anderen Theilen. Das Hauptgewicht bedeutungsvoller<lb/>
Stüdteumnen fällt in der Nähe des Stromes auf das linke Ufer. Kein Wunder,<lb/>
denn dieses ist höher, anmuthiger, bewohnbarer, weit weniger Ueberschwem-<lb/>
mungen und Versumpfungen, weniger den kalten Rheinnebeln und Reiffrösten<lb/>
ausgesetzt als das rechte. Daher war besonders auf dem linken Ufer in frü¬<lb/>
heren Jahrhunderten größere Dichtigkeit der Bevölkerung zu finden, eine größere<lb/>
Zahl vou Städten, stärkerer Verkehr und volleres Leben. Und so ist das Elsaß<lb/>
mit dem übrigen Oberrheinthal durch die Größe und Regelmäßigkeit seiner<lb/>
Formation, die Fruchtbarkeit seines Bodens, die frische Rührigkeit seiner Be¬<lb/>
wohner und durch die Menge theils noch blühender, theils altehrwürdiger Städte<lb/>
die schönste und angenehmste Beckengestaltung Deutschland's. Durch seine histo¬<lb/>
rische Entwickelung behauptet es vor den meisten anderen Abschnitten unseres<lb/>
Vaterlands, ja vor deu meisten Flußthalstücken unseres ganzen Erdtheils den<lb/>
Vorrang.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1397" next="#ID_1398"> Alle diese Vorzüge sind dem Lande nicht dnrch Zufall eigenthümlich,<lb/>
sondern sowohl die hohe Fruchtbarkeit und günstige Beschaffenheit des Landes</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0453] Die Lösz-Meorie des Ireiherrn von Kichthofen und ihre Anwendung auf Luropa. Von A. Oppel. Ohne Zweifel gehört die oberrheinische Tiefebene zu denjenigen Theilen Deutschland's, die von der Natur am reichsten und gütigsten ausgestattet sind. Zu beiden Seiten des Rheines gelegen, wird sie links und rechts dnrch den Steilabfall des Schwarzwalds, der Vogesen und ihrer Fortsetzungen natürlich abgegrenzt und bietet allen denjenigen Wechsel der Landschaft, der auf das Ge¬ müth des Menschen einen wohlthuenden Einfluß ausübt. Dazu tritt ein mildes Klima, fruchtbarer Boden, der um so ergiebiger wird, je näher er dem Fuße der Berge liegt. In Folge des trefflichen Anbaues gedieh hier stets eine zahl¬ reiche Bevölkerung und gründete eine Zahl blühender Städte; stattliche und freundliche Dörfer liegen nahe bei einander und werden durch belebte Straße» verbunden. Ueber herrlichen Obsthainen und Weinbergen, die in üppigster Fülle mit einander abwechseln, erheben sich alte Bnrggemäuer, welche bekunden, daß auch ehemals an den Berglehnen das Hauptleben des Landes sich bewegt hat. Und auch der Waarentransport nahm von früher Zeit an seinen Weg von Basel über Mühlhausen und Colmar nach Straßbnrg, denn gerade das Stück des Rhein's zwischen Basel und Straßbnrg besitzt ungünstige Stromverhältnisse, so daß seine näheren Uferlandfchaften fast verödet erscheinen gegenüber dem blühenden Leben in anderen Theilen. Das Hauptgewicht bedeutungsvoller Stüdteumnen fällt in der Nähe des Stromes auf das linke Ufer. Kein Wunder, denn dieses ist höher, anmuthiger, bewohnbarer, weit weniger Ueberschwem- mungen und Versumpfungen, weniger den kalten Rheinnebeln und Reiffrösten ausgesetzt als das rechte. Daher war besonders auf dem linken Ufer in frü¬ heren Jahrhunderten größere Dichtigkeit der Bevölkerung zu finden, eine größere Zahl vou Städten, stärkerer Verkehr und volleres Leben. Und so ist das Elsaß mit dem übrigen Oberrheinthal durch die Größe und Regelmäßigkeit seiner Formation, die Fruchtbarkeit seines Bodens, die frische Rührigkeit seiner Be¬ wohner und durch die Menge theils noch blühender, theils altehrwürdiger Städte die schönste und angenehmste Beckengestaltung Deutschland's. Durch seine histo¬ rische Entwickelung behauptet es vor den meisten anderen Abschnitten unseres Vaterlands, ja vor deu meisten Flußthalstücken unseres ganzen Erdtheils den Vorrang. Alle diese Vorzüge sind dem Lande nicht dnrch Zufall eigenthümlich, sondern sowohl die hohe Fruchtbarkeit und günstige Beschaffenheit des Landes

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/453
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/453>, abgerufen am 22.07.2024.