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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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bloßer Routine hielten und gar nichts von wissenschaftlicher Behandlung des¬
selben wissen wollten. Solcher Männer mag es in Rom wohl sehr viele ge¬
geben haben.

Die Schrift Cato's ist uns, abgesehen von den ächten Bruchstücken, indirekt
noch in sofern erhalten worden, als Vegetius sie zum großen Theile ausge¬
schrieben hat.*) Eine der interessantesten Stellen ist diejenige, welche sich auf
die Formen der Schlachtordnungen bezieht, deren Cato sieben auf¬
zählt.^) Als erste bezeichnet er die Parallel-Ordnung (tronts lon^a,
Quadro sxerviw), deren man sich in älterer Zeit ausschließlich bedient zu haben
scheint; als zweite und dritte nennt er die schräge Schlachtordnung
("M^na), bei der das Heer in einen Offensiv- und einen Defensiv-Flügel
zerfällt; die vierte und fünfte Form ist die ÄnuÄw g,oiss,'^"") bei welcher
beide Flügel den Angriff machen, während die Mitte durch leichte Truppen
maskirt wird, f) Die sechste Schlachtordnung ist die in Äirälituäwkin
vorn (in Form eines Bratspießes), welche bei dem aus dem Marsche
heraus beginnenden Gefechte zur Anwendung kommt, indem das ganze Heer
in Kolonne auf eine Flanke des Feindes geführt wird und dann, ihn über¬
flügelnd, in einer Linie Front macht, die mit der feindlichen Aufstellung einen
spitzen Winkel bildet. Als die siebente Stellung wird endlich die mit Flügel¬
anlehnung im Terrain bezeichnet. Ans seine Zeitgenossen dürfte das Buch of
r<z "uüriu'i nicht die von Cato gehoffte Wirkung ausgeübt haben; es scheint
bald vergessen worden zu sein. Daran trug offenbar der Umstand Schuld,
daß ein die Anwendung der Manipulcirlegion lehrendes Werk veralten mußte,
sobald diese Legion selbst in umfassender Weise umgestaltet wurde. Dies aber
geschah nunmehr; und wie jede große taktische Umwälzung beruht auch diese
auf eiuer Aenderung der personellen Elemente des Heeres; diese jedoch geht
wieder (und auch das entspricht einem allgemein giltigen historischen Gesetze)
aus einer Verschiebung der sozialpolitischen Grundlagen des gesummten Volks-
thums hervor, einer Verschiebung, der wir unsere Aufmerksamkeit nunmehr zu¬
zuwenden haben.








Die Benutzung von Cato's Buch erwähnt Vegetius oftmals. (1, 8. 13. 16.)
Dase Vegetius an dieser Stelle den Cato benutzt hat, beweist ein erhaltenes Frag¬
ment des letzteren, das sich bei Vegetius wörtlich wiederfindet.
***
) Der Ausdruck selbst findet sich bei Vegetius nicht, doch bei Sensen dö vit. be-et.
4. Bergl. auch Liv. 28. 14.
f) So nahm Scipio im Jahre 206 bei Ilipa gegen Hasdrubal Stellung, indem er die
spanischen auxili^rs" ins Zentrum nahm.

bloßer Routine hielten und gar nichts von wissenschaftlicher Behandlung des¬
selben wissen wollten. Solcher Männer mag es in Rom wohl sehr viele ge¬
geben haben.

Die Schrift Cato's ist uns, abgesehen von den ächten Bruchstücken, indirekt
noch in sofern erhalten worden, als Vegetius sie zum großen Theile ausge¬
schrieben hat.*) Eine der interessantesten Stellen ist diejenige, welche sich auf
die Formen der Schlachtordnungen bezieht, deren Cato sieben auf¬
zählt.^) Als erste bezeichnet er die Parallel-Ordnung (tronts lon^a,
Quadro sxerviw), deren man sich in älterer Zeit ausschließlich bedient zu haben
scheint; als zweite und dritte nennt er die schräge Schlachtordnung
(»M^na), bei der das Heer in einen Offensiv- und einen Defensiv-Flügel
zerfällt; die vierte und fünfte Form ist die ÄnuÄw g,oiss,'^"") bei welcher
beide Flügel den Angriff machen, während die Mitte durch leichte Truppen
maskirt wird, f) Die sechste Schlachtordnung ist die in Äirälituäwkin
vorn (in Form eines Bratspießes), welche bei dem aus dem Marsche
heraus beginnenden Gefechte zur Anwendung kommt, indem das ganze Heer
in Kolonne auf eine Flanke des Feindes geführt wird und dann, ihn über¬
flügelnd, in einer Linie Front macht, die mit der feindlichen Aufstellung einen
spitzen Winkel bildet. Als die siebente Stellung wird endlich die mit Flügel¬
anlehnung im Terrain bezeichnet. Ans seine Zeitgenossen dürfte das Buch of
r<z »uüriu'i nicht die von Cato gehoffte Wirkung ausgeübt haben; es scheint
bald vergessen worden zu sein. Daran trug offenbar der Umstand Schuld,
daß ein die Anwendung der Manipulcirlegion lehrendes Werk veralten mußte,
sobald diese Legion selbst in umfassender Weise umgestaltet wurde. Dies aber
geschah nunmehr; und wie jede große taktische Umwälzung beruht auch diese
auf eiuer Aenderung der personellen Elemente des Heeres; diese jedoch geht
wieder (und auch das entspricht einem allgemein giltigen historischen Gesetze)
aus einer Verschiebung der sozialpolitischen Grundlagen des gesummten Volks-
thums hervor, einer Verschiebung, der wir unsere Aufmerksamkeit nunmehr zu¬
zuwenden haben.








Die Benutzung von Cato's Buch erwähnt Vegetius oftmals. (1, 8. 13. 16.)
Dase Vegetius an dieser Stelle den Cato benutzt hat, beweist ein erhaltenes Frag¬
ment des letzteren, das sich bei Vegetius wörtlich wiederfindet.
***
) Der Ausdruck selbst findet sich bei Vegetius nicht, doch bei Sensen dö vit. be-et.
4. Bergl. auch Liv. 28. 14.
f) So nahm Scipio im Jahre 206 bei Ilipa gegen Hasdrubal Stellung, indem er die
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[0452] bloßer Routine hielten und gar nichts von wissenschaftlicher Behandlung des¬ selben wissen wollten. Solcher Männer mag es in Rom wohl sehr viele ge¬ geben haben. Die Schrift Cato's ist uns, abgesehen von den ächten Bruchstücken, indirekt noch in sofern erhalten worden, als Vegetius sie zum großen Theile ausge¬ schrieben hat.*) Eine der interessantesten Stellen ist diejenige, welche sich auf die Formen der Schlachtordnungen bezieht, deren Cato sieben auf¬ zählt.^) Als erste bezeichnet er die Parallel-Ordnung (tronts lon^a, Quadro sxerviw), deren man sich in älterer Zeit ausschließlich bedient zu haben scheint; als zweite und dritte nennt er die schräge Schlachtordnung (»M^na), bei der das Heer in einen Offensiv- und einen Defensiv-Flügel zerfällt; die vierte und fünfte Form ist die ÄnuÄw g,oiss,'^"") bei welcher beide Flügel den Angriff machen, während die Mitte durch leichte Truppen maskirt wird, f) Die sechste Schlachtordnung ist die in Äirälituäwkin vorn (in Form eines Bratspießes), welche bei dem aus dem Marsche heraus beginnenden Gefechte zur Anwendung kommt, indem das ganze Heer in Kolonne auf eine Flanke des Feindes geführt wird und dann, ihn über¬ flügelnd, in einer Linie Front macht, die mit der feindlichen Aufstellung einen spitzen Winkel bildet. Als die siebente Stellung wird endlich die mit Flügel¬ anlehnung im Terrain bezeichnet. Ans seine Zeitgenossen dürfte das Buch of r<z »uüriu'i nicht die von Cato gehoffte Wirkung ausgeübt haben; es scheint bald vergessen worden zu sein. Daran trug offenbar der Umstand Schuld, daß ein die Anwendung der Manipulcirlegion lehrendes Werk veralten mußte, sobald diese Legion selbst in umfassender Weise umgestaltet wurde. Dies aber geschah nunmehr; und wie jede große taktische Umwälzung beruht auch diese auf eiuer Aenderung der personellen Elemente des Heeres; diese jedoch geht wieder (und auch das entspricht einem allgemein giltigen historischen Gesetze) aus einer Verschiebung der sozialpolitischen Grundlagen des gesummten Volks- thums hervor, einer Verschiebung, der wir unsere Aufmerksamkeit nunmehr zu¬ zuwenden haben. Die Benutzung von Cato's Buch erwähnt Vegetius oftmals. (1, 8. 13. 16.) Dase Vegetius an dieser Stelle den Cato benutzt hat, beweist ein erhaltenes Frag¬ ment des letzteren, das sich bei Vegetius wörtlich wiederfindet. *** ) Der Ausdruck selbst findet sich bei Vegetius nicht, doch bei Sensen dö vit. be-et. 4. Bergl. auch Liv. 28. 14. f) So nahm Scipio im Jahre 206 bei Ilipa gegen Hasdrubal Stellung, indem er die spanischen auxili^rs« ins Zentrum nahm.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/452>, abgerufen am 22.07.2024.