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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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gegeben, daß man eine große Zahl jener oben geschilderten Marmorstatuen,
jener koketten Nymphen, jener lieblichen Kinderfiguren in der Jndustrieabtheilung
aufgestellt hat, wo sie den leuchtenden Mittelpunkt mancher üppigen Pflanzen¬
gruppe abgeben.

Aus allen Erzeugnissen der italienischen Kunstindustrie tritt uns eine frische
lebendige Schaffenslust, eine schwungvolle, malerische Phantasie, eine technische
Fertigkeit entgegen, in der sich romanische Findigkeit und Gewandtheit mit
germanischer Zähigkeit und Ausdauer paaren. Gleichwie England hat Italien
uicht Proben von seinen sämmtlichen Industriezweigen ausgestellt, sondern es
hat nur eine Uebersicht über diejenigen kunstindustriellen Produkte geboten, in
welchen es entweder einzig dasteht oder doch mit jedem anderen Volke erfolg¬
reich rivalisiren kann.

Marmor- und Glasmosaiken, inkrustirte Möbel, Spiegel, Leuchter, Schaalen
und andere Geräthe aus Glas und Schmucksachen: das sind die Domänen
Italien's, seine Bijouterieen und Quinkaillerieen, die der Besucher Italien's lieb¬
gewonnen hat und die sich dann auf dem Weltmarkte eingebürgert haben.
Venedig, Mailand, Florenz und Rom waren und sind die Hauptorte dieser
verschiedenen Zweige der Kunstindustrie. Die Glaswaarenfabriken von Venedig
und Murano, die der Salviati's an der Spitze, sind sür gewisse Zweige der
Glaswaarenindustrie die ersten der Welt. Besonders haben die Glasmosaiken
Salviati's in den letzten Jahren eine weitreichende Berühmtheit erlangt. In¬
dessen sind ihrer nur wenige und von kleinerem Umfange auf der Ausstellung
zu sehen, die demjenigen nicht mehr imponiren, der Salviati's umfangreichstes
Werk, das Glasmosaik an der Berliner Siegessäule, kennt. Desto belangreicher
und interessanter ist die Sammlung herrlicher Krystallspiegel mit Glasrahmen,
die mit einer verschwenderischen Fülle von Blumen und Guirlanden dekorirt
sind. In die leicht geschwungenen Gewinde sind vielfach anch farbige Blumen,
in Roth, Grün, Gelb und Hellblau, verflochten, welche den phantastischen Reiz
der luftigen, kühn erfundenen und auf das sauberste ausgeführten Glasorna-
mentation uoch erhöhen. Neben den Glasfabriken Mnrano's blühen noch immer
die venetianischen Glasspinnereien, die sich nicht mehr darauf beschränken, Teller,
Körbe und Schüsseln ans gesponnenem Glase zu flechten, sondern die es in
ihrer Kunstfertigkeit schon so weit gebracht haben, daß sie allerliebste Damen¬
hüte aus farbigem Glase, in Braun und Rosa, herstellen und diese Hüte mit
Bändern und kühnen Federstntzen aus demselben Materials garniren.

Zu einer noch höheren Blüthe als das Glasmosaik hat sich das Marmor¬
mosaik entfaltet. Auf diesem Gebiete haben die Italiener Sachen ausgestellt,
die nicht blos an und für sich unsere lebhafteste Bewunderung erwecke", son¬
dern die zu dem Schönsten gehören, was uns die ganze große Ausstellung ans


gegeben, daß man eine große Zahl jener oben geschilderten Marmorstatuen,
jener koketten Nymphen, jener lieblichen Kinderfiguren in der Jndustrieabtheilung
aufgestellt hat, wo sie den leuchtenden Mittelpunkt mancher üppigen Pflanzen¬
gruppe abgeben.

Aus allen Erzeugnissen der italienischen Kunstindustrie tritt uns eine frische
lebendige Schaffenslust, eine schwungvolle, malerische Phantasie, eine technische
Fertigkeit entgegen, in der sich romanische Findigkeit und Gewandtheit mit
germanischer Zähigkeit und Ausdauer paaren. Gleichwie England hat Italien
uicht Proben von seinen sämmtlichen Industriezweigen ausgestellt, sondern es
hat nur eine Uebersicht über diejenigen kunstindustriellen Produkte geboten, in
welchen es entweder einzig dasteht oder doch mit jedem anderen Volke erfolg¬
reich rivalisiren kann.

Marmor- und Glasmosaiken, inkrustirte Möbel, Spiegel, Leuchter, Schaalen
und andere Geräthe aus Glas und Schmucksachen: das sind die Domänen
Italien's, seine Bijouterieen und Quinkaillerieen, die der Besucher Italien's lieb¬
gewonnen hat und die sich dann auf dem Weltmarkte eingebürgert haben.
Venedig, Mailand, Florenz und Rom waren und sind die Hauptorte dieser
verschiedenen Zweige der Kunstindustrie. Die Glaswaarenfabriken von Venedig
und Murano, die der Salviati's an der Spitze, sind sür gewisse Zweige der
Glaswaarenindustrie die ersten der Welt. Besonders haben die Glasmosaiken
Salviati's in den letzten Jahren eine weitreichende Berühmtheit erlangt. In¬
dessen sind ihrer nur wenige und von kleinerem Umfange auf der Ausstellung
zu sehen, die demjenigen nicht mehr imponiren, der Salviati's umfangreichstes
Werk, das Glasmosaik an der Berliner Siegessäule, kennt. Desto belangreicher
und interessanter ist die Sammlung herrlicher Krystallspiegel mit Glasrahmen,
die mit einer verschwenderischen Fülle von Blumen und Guirlanden dekorirt
sind. In die leicht geschwungenen Gewinde sind vielfach anch farbige Blumen,
in Roth, Grün, Gelb und Hellblau, verflochten, welche den phantastischen Reiz
der luftigen, kühn erfundenen und auf das sauberste ausgeführten Glasorna-
mentation uoch erhöhen. Neben den Glasfabriken Mnrano's blühen noch immer
die venetianischen Glasspinnereien, die sich nicht mehr darauf beschränken, Teller,
Körbe und Schüsseln ans gesponnenem Glase zu flechten, sondern die es in
ihrer Kunstfertigkeit schon so weit gebracht haben, daß sie allerliebste Damen¬
hüte aus farbigem Glase, in Braun und Rosa, herstellen und diese Hüte mit
Bändern und kühnen Federstntzen aus demselben Materials garniren.

Zu einer noch höheren Blüthe als das Glasmosaik hat sich das Marmor¬
mosaik entfaltet. Auf diesem Gebiete haben die Italiener Sachen ausgestellt,
die nicht blos an und für sich unsere lebhafteste Bewunderung erwecke«, son¬
dern die zu dem Schönsten gehören, was uns die ganze große Ausstellung ans


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[0376] gegeben, daß man eine große Zahl jener oben geschilderten Marmorstatuen, jener koketten Nymphen, jener lieblichen Kinderfiguren in der Jndustrieabtheilung aufgestellt hat, wo sie den leuchtenden Mittelpunkt mancher üppigen Pflanzen¬ gruppe abgeben. Aus allen Erzeugnissen der italienischen Kunstindustrie tritt uns eine frische lebendige Schaffenslust, eine schwungvolle, malerische Phantasie, eine technische Fertigkeit entgegen, in der sich romanische Findigkeit und Gewandtheit mit germanischer Zähigkeit und Ausdauer paaren. Gleichwie England hat Italien uicht Proben von seinen sämmtlichen Industriezweigen ausgestellt, sondern es hat nur eine Uebersicht über diejenigen kunstindustriellen Produkte geboten, in welchen es entweder einzig dasteht oder doch mit jedem anderen Volke erfolg¬ reich rivalisiren kann. Marmor- und Glasmosaiken, inkrustirte Möbel, Spiegel, Leuchter, Schaalen und andere Geräthe aus Glas und Schmucksachen: das sind die Domänen Italien's, seine Bijouterieen und Quinkaillerieen, die der Besucher Italien's lieb¬ gewonnen hat und die sich dann auf dem Weltmarkte eingebürgert haben. Venedig, Mailand, Florenz und Rom waren und sind die Hauptorte dieser verschiedenen Zweige der Kunstindustrie. Die Glaswaarenfabriken von Venedig und Murano, die der Salviati's an der Spitze, sind sür gewisse Zweige der Glaswaarenindustrie die ersten der Welt. Besonders haben die Glasmosaiken Salviati's in den letzten Jahren eine weitreichende Berühmtheit erlangt. In¬ dessen sind ihrer nur wenige und von kleinerem Umfange auf der Ausstellung zu sehen, die demjenigen nicht mehr imponiren, der Salviati's umfangreichstes Werk, das Glasmosaik an der Berliner Siegessäule, kennt. Desto belangreicher und interessanter ist die Sammlung herrlicher Krystallspiegel mit Glasrahmen, die mit einer verschwenderischen Fülle von Blumen und Guirlanden dekorirt sind. In die leicht geschwungenen Gewinde sind vielfach anch farbige Blumen, in Roth, Grün, Gelb und Hellblau, verflochten, welche den phantastischen Reiz der luftigen, kühn erfundenen und auf das sauberste ausgeführten Glasorna- mentation uoch erhöhen. Neben den Glasfabriken Mnrano's blühen noch immer die venetianischen Glasspinnereien, die sich nicht mehr darauf beschränken, Teller, Körbe und Schüsseln ans gesponnenem Glase zu flechten, sondern die es in ihrer Kunstfertigkeit schon so weit gebracht haben, daß sie allerliebste Damen¬ hüte aus farbigem Glase, in Braun und Rosa, herstellen und diese Hüte mit Bändern und kühnen Federstntzen aus demselben Materials garniren. Zu einer noch höheren Blüthe als das Glasmosaik hat sich das Marmor¬ mosaik entfaltet. Auf diesem Gebiete haben die Italiener Sachen ausgestellt, die nicht blos an und für sich unsere lebhafteste Bewunderung erwecke«, son¬ dern die zu dem Schönsten gehören, was uns die ganze große Ausstellung ans

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/376>, abgerufen am 22.07.2024.