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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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Dinanuslo in Mailand dnrch den König zum Gegenstand hat. Der andere,
Jeronimo, erinnert in seinen Schilderungen aus dem italienischen Bauernleben
an den Münchener Mathias Schmid.

Die ausgezeichnetsten Maler Italien's, Pasini, de Nittis und Castiglione,
gehen gar nicht mehr aus Paris heraus. Sie gelten als Glieder der fran¬
zösischen Schule. Pasini figurirt mit einer Serie von Bildern aus dem Orient,
die sich durch eine ganz ungewöhnliche Farbenpracht auszeichnen. Sie sind
unzweifelhaft die besten Darstellungen orientalischer Natur, die auf dem Mars¬
felde zu sehen sind. Theils Lcmdschasts- theils Architekturbilder, weisen sie alle
auch der figürlichen Staffage einen gewissen Platz an, aber immer so, daß der
landschaftliche und architektonische Hintergrund, das wunderbare Spiel der
Lichter und Schatten, die Luft, die Sonne, der Staub, die Vegetation die
Hauptsache bleiben. Es fehlt ihnen daher der ethnograpische Werth, den z. B.
die orientalischen Bilder unseres Gentz besitzen, der den Menschen zur Haupt¬
sache macht, ohne dabei die Natur zu vernachlässigen.

De Nittis ist ein vollständiger Kosmopolit. Italiener von Geburt, malt
er Ansichten von London und Paris so liebevoll, so treu und so lebendig, wie
sie kein Engländer und kein Franzose gemalt hat. Bald schildert er das
unvergleichlich interessante Treiben in der Avenue des Loth as LunloAiiv,
wenn die ganze und die halbe Welt von einem Wettrennen in Auteuil heim¬
kehrt, bald das Getümmel am Pont Royal, bald malt er die neblige Themse,
die stolze Westminsterabtei und die Parlamentshüuser, den Trafalger Squcire
u. s. w., bald mit nüchterner Genauigkeit, bald mit schöpferischer, belebender
Phantasie.

Völlig national hingegen, mit allen Fasern im Lande wurzelnd, ist die
Kunstindustrie Italien's. Keine zweite Ausstellung gibt den Charakter ihres
Landes mit solcher Treue und mit solcher schönen, echt künstlerischen Treue
wieder. Ein Gang durch die Galerieen Italien's gleicht einer Wanderung
durch die stolze Vergangenheit und die fröhlich aufblühende Gegenwart des
Landes, einer Wanderung durch das Land der Künste und der Sonne selbst.
Man glaubt, daß hier die Sonne Heller durch das weiße Zeltdach scheint,
welches den grellen Reflex der durch die Glasdecke einfallenden Sonnenstrahlen
mildert, man glaubt, daß hier untere Lüfte wehen als in jeder andern Ab¬
theilung des Marsfeldes. Ein heiterer, festlicher Glanz empfängt uns aller
Orten. Ueberall wohin das Auge blickt, findet es einen angenehmen Ruhe-
Punkt auf einem Bijon, einer Marmorstatue, einer Blume, einer Vase, einem
kostbaren Möbel.

Wie in Frankreich sind auch hier Kunst und Kunstindustrie zu inniger
Harmonie verwachsen. Man hat dieser Harmonie dadurch einen Ausdruck


Dinanuslo in Mailand dnrch den König zum Gegenstand hat. Der andere,
Jeronimo, erinnert in seinen Schilderungen aus dem italienischen Bauernleben
an den Münchener Mathias Schmid.

Die ausgezeichnetsten Maler Italien's, Pasini, de Nittis und Castiglione,
gehen gar nicht mehr aus Paris heraus. Sie gelten als Glieder der fran¬
zösischen Schule. Pasini figurirt mit einer Serie von Bildern aus dem Orient,
die sich durch eine ganz ungewöhnliche Farbenpracht auszeichnen. Sie sind
unzweifelhaft die besten Darstellungen orientalischer Natur, die auf dem Mars¬
felde zu sehen sind. Theils Lcmdschasts- theils Architekturbilder, weisen sie alle
auch der figürlichen Staffage einen gewissen Platz an, aber immer so, daß der
landschaftliche und architektonische Hintergrund, das wunderbare Spiel der
Lichter und Schatten, die Luft, die Sonne, der Staub, die Vegetation die
Hauptsache bleiben. Es fehlt ihnen daher der ethnograpische Werth, den z. B.
die orientalischen Bilder unseres Gentz besitzen, der den Menschen zur Haupt¬
sache macht, ohne dabei die Natur zu vernachlässigen.

De Nittis ist ein vollständiger Kosmopolit. Italiener von Geburt, malt
er Ansichten von London und Paris so liebevoll, so treu und so lebendig, wie
sie kein Engländer und kein Franzose gemalt hat. Bald schildert er das
unvergleichlich interessante Treiben in der Avenue des Loth as LunloAiiv,
wenn die ganze und die halbe Welt von einem Wettrennen in Auteuil heim¬
kehrt, bald das Getümmel am Pont Royal, bald malt er die neblige Themse,
die stolze Westminsterabtei und die Parlamentshüuser, den Trafalger Squcire
u. s. w., bald mit nüchterner Genauigkeit, bald mit schöpferischer, belebender
Phantasie.

Völlig national hingegen, mit allen Fasern im Lande wurzelnd, ist die
Kunstindustrie Italien's. Keine zweite Ausstellung gibt den Charakter ihres
Landes mit solcher Treue und mit solcher schönen, echt künstlerischen Treue
wieder. Ein Gang durch die Galerieen Italien's gleicht einer Wanderung
durch die stolze Vergangenheit und die fröhlich aufblühende Gegenwart des
Landes, einer Wanderung durch das Land der Künste und der Sonne selbst.
Man glaubt, daß hier die Sonne Heller durch das weiße Zeltdach scheint,
welches den grellen Reflex der durch die Glasdecke einfallenden Sonnenstrahlen
mildert, man glaubt, daß hier untere Lüfte wehen als in jeder andern Ab¬
theilung des Marsfeldes. Ein heiterer, festlicher Glanz empfängt uns aller
Orten. Ueberall wohin das Auge blickt, findet es einen angenehmen Ruhe-
Punkt auf einem Bijon, einer Marmorstatue, einer Blume, einer Vase, einem
kostbaren Möbel.

Wie in Frankreich sind auch hier Kunst und Kunstindustrie zu inniger
Harmonie verwachsen. Man hat dieser Harmonie dadurch einen Ausdruck


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/375>, abgerufen am 22.07.2024.