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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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schieden. Durch Thomas' Vermittlung erhielt er, obwohl er noch nicht die
Magisterwürde erlangt hatte, von der philosophischen Fakultät zu Halle die
Erlaubniß, privatim Vorlesungen zu halten, und hatte starken Zulauf dabei.
Daneben entfaltete er von jetzt an eine reiche schriftstellerische Thätigkeit. Die
Anfänge derselben liegen allerdings schon etwas weiter zurück, sie gestaltete sich
aber jetzt so fruchtbar und vielseitig, daß Christ's Name bald auch über Halle
hinaus einen guten Klang erhielt. Die philosophische Fakultät von Leipzig
ernannte ihn im Februar 1728 in g-dssutia, zum Magister.

Dauernd in Halle zu bleiben, war aber nicht Christ's Absicht. Als die
dreijährige Studentenzeit der Barone v. Wolzogen zu Ende ging, richtete er
seine Blicke nach Leipzig, das er schon öfter zu Messenszeiten besucht hatte
und wo es ihm auch in Universitätskreisen bereits nicht an einflußreichen
Gönnern fehlte. Wieder war es zunächst eine Jnformatorstellung, die ihm die
Uebersiedlung nach Leipzig ermöglichte. Es wurde ihm eine Hofmeisterstelle
bei dem Sohne des mächtigen Kanzlers am kursächsischen Hofe, des Grafen v.
Bünau, -- er war der jüngere Bruder des nachmals berühmt gewordenen
Reichshistorikers -- angeboten, und da der junge Bünau in Leipzig studiren
sollte, so sah er durch Annahme dieser Stelle seinen Wunsch, hinfort in Leipzig
zu leben, erfüllt. Kurz vor seinem Weggange von Halle kehrte er nochmals
nach Koburg zurück. Sein Vater und seine Stiefmutter, des Vaters zweite
Frau, waren im September 1728 beinahe gleichzeitig gestorben. Um die nicht
unbedeutende väterliche Hinterlassenschaft zu regeln, verweilte er längere Zeit
in Koburg, von dort beriefen ihn Briefe des Kanzlers v. Bünau nach Dresden,
und im Mai 1729 wandte er sich mit seinem neuen Schützling nach der Leipziger
Universität.

In Leipzig wurde der thätige junge Magister bald heimisch. Soviel es
seine Stellung gestattete, war er auch hier eifrig literarisch thätig; bereits im
Juni 1729 habilitirte er sich, und im Frühjahr 1731 erhielt er eine außer¬
ordentliche besoldete Professur für Geschichte, mit der Aussicht auf baldige
Anstellung als ordentlicher Professor, eine auffällig rasche Carriere in einer
Stadt wie Leipzig, wo damals, wie der Verfasser unserer Schrift mittheilt, "die
Professuren in den gelehrten Familien fast erblich geworden waren".

Als der junge Bünau vier Jahre in Leipzig studirt hatte, sollte er die
übliche Bildungsreise in's Ausland antreten. Er wählte, wie zu erwarten,
Christ zu seinem Begleiter, und da dieser unter Beibehaltung seines Gehaltes
für die Dauer der Reise beurlaubt wurde, brachen sie im Frühjahr 1733 von
Leipzig auf. Sie bereisten zusammen die vornehmsten Hofe und alle größeren
Städte Süd- und Westdeutschland's und gingen dann nach den Niederlanden
und nach England. In London brachten sie den Rest des Sommers zu und


schieden. Durch Thomas' Vermittlung erhielt er, obwohl er noch nicht die
Magisterwürde erlangt hatte, von der philosophischen Fakultät zu Halle die
Erlaubniß, privatim Vorlesungen zu halten, und hatte starken Zulauf dabei.
Daneben entfaltete er von jetzt an eine reiche schriftstellerische Thätigkeit. Die
Anfänge derselben liegen allerdings schon etwas weiter zurück, sie gestaltete sich
aber jetzt so fruchtbar und vielseitig, daß Christ's Name bald auch über Halle
hinaus einen guten Klang erhielt. Die philosophische Fakultät von Leipzig
ernannte ihn im Februar 1728 in g-dssutia, zum Magister.

Dauernd in Halle zu bleiben, war aber nicht Christ's Absicht. Als die
dreijährige Studentenzeit der Barone v. Wolzogen zu Ende ging, richtete er
seine Blicke nach Leipzig, das er schon öfter zu Messenszeiten besucht hatte
und wo es ihm auch in Universitätskreisen bereits nicht an einflußreichen
Gönnern fehlte. Wieder war es zunächst eine Jnformatorstellung, die ihm die
Uebersiedlung nach Leipzig ermöglichte. Es wurde ihm eine Hofmeisterstelle
bei dem Sohne des mächtigen Kanzlers am kursächsischen Hofe, des Grafen v.
Bünau, — er war der jüngere Bruder des nachmals berühmt gewordenen
Reichshistorikers — angeboten, und da der junge Bünau in Leipzig studiren
sollte, so sah er durch Annahme dieser Stelle seinen Wunsch, hinfort in Leipzig
zu leben, erfüllt. Kurz vor seinem Weggange von Halle kehrte er nochmals
nach Koburg zurück. Sein Vater und seine Stiefmutter, des Vaters zweite
Frau, waren im September 1728 beinahe gleichzeitig gestorben. Um die nicht
unbedeutende väterliche Hinterlassenschaft zu regeln, verweilte er längere Zeit
in Koburg, von dort beriefen ihn Briefe des Kanzlers v. Bünau nach Dresden,
und im Mai 1729 wandte er sich mit seinem neuen Schützling nach der Leipziger
Universität.

In Leipzig wurde der thätige junge Magister bald heimisch. Soviel es
seine Stellung gestattete, war er auch hier eifrig literarisch thätig; bereits im
Juni 1729 habilitirte er sich, und im Frühjahr 1731 erhielt er eine außer¬
ordentliche besoldete Professur für Geschichte, mit der Aussicht auf baldige
Anstellung als ordentlicher Professor, eine auffällig rasche Carriere in einer
Stadt wie Leipzig, wo damals, wie der Verfasser unserer Schrift mittheilt, „die
Professuren in den gelehrten Familien fast erblich geworden waren".

Als der junge Bünau vier Jahre in Leipzig studirt hatte, sollte er die
übliche Bildungsreise in's Ausland antreten. Er wählte, wie zu erwarten,
Christ zu seinem Begleiter, und da dieser unter Beibehaltung seines Gehaltes
für die Dauer der Reise beurlaubt wurde, brachen sie im Frühjahr 1733 von
Leipzig auf. Sie bereisten zusammen die vornehmsten Hofe und alle größeren
Städte Süd- und Westdeutschland's und gingen dann nach den Niederlanden
und nach England. In London brachten sie den Rest des Sommers zu und


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/342>, abgerufen am 22.07.2024.