Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

was seine Ankläger wider ihn "praetieiret", offenbar darauf abziele, ihn und
die Seinen von Wittenberg zu verdrängen. Luther Hütte ihm versprochen, er
solle die Bibelübersetzung drucken. Er habe dies angenommen und "mit großer
Darlegung und Unkost ein merklichen Vorrath von Papier bestellt und ander
Gezeug, darzu nothdürftig, verschafft". Da wären seine "guten Gönner zuge¬
fallen" (über ihn hergefallen?), hätten ihn hintergangen "und so viel zu Werke
getrieben", daß ihm die zugesagte Bibel wieder abgenommen worden und er
"mit seinem geschafften Vorrath sitzen blieben" sei. Er könne nachweisen, daß
er davon großen Schaden gehabt habe. Ans das Papier sei er noch 1400
Gulden schuldig, die er gehofft habe abzahlen zu können, wenn er die deutsche
Bibel hätte weiter drucken dürfen. Daran sei nun nicht zu denken, denn seit
dieser Zeit habe ihm Luther nicht ein einziges Blatt wieder zu drucken gegeben,
während doch viele andere Drucker, die "neben ihm einkommen", alle gefördert
würden. Aber er und sein Sohn seien "aus der Synagog geworfen".

Luther habe ihm aber auch zugesagt, eine neue Ausgabe der lateinischen
Bibel bei ihm drucken zu lassen; da habe er "die Schrift und ander Gezeug,
darzu gehörig, mit Müh und Arbeit gegossen und zugericht, auch das ciller-
schönste Papier, Mediau genannt, aus Lothringen von Spinat mit merklicher
Unkost und Darlegeu bestellt und in seine Verwahrung gegen Wittenberg
bracht". Aber nun habe man ihm wieder die Schrift getadelt und eine andere
haben wollen, er habe anch diese angefertigt und nun gemeint, seiner Sache ge¬
wiß zu sein, doch man habe ihn "abermals hintergangen und von solcher Bibel
mit Gewalt gedrungen".

Endlich nennt Lotter diejenigen, die ihn verdrängt, mit Namen. Er schreibt
weiter: Nachdem ihm nun die deutsche und die lateinische Bibel, worauf er
"alle seine Hoffnung und Trost gesetzt", beide abgenommen worden, habe er
Luther dringend gebeten, "mit Luca Cronach und C.ristanno Goldschmidt zu
reden und sie zu vermögen, dieweil sie solche Werke zu drucken bestanden"
(darauf bestanden), daß sie ihn wenigstens zu ihrem Drucker annehmen sollten;
er wolle ihnen "mit ganzem Fleiß dienen und, nachdem er von Jngend auf
der Kunst der Druckerei geübt, auch gute Schriften darzu hätte, beanspruche
er nicht mehr dafür als jeder andere. Luther hätte darüber auch "fleißig mit
ihnen gehandelt", aber es sei alles vergeblich gewest, und wiewohl Lotter den
beiden genannten früher "alle Dienstbarkeit und freundlichen Willen erzeiget,
ihnen in ihrem Verkaufen räthig und hülflich gewest und sich alleweg so ge¬
halten, daß je niemands änderst denn Freundschaft, Treu und Gutwilligkeit
bei ihm sollt spüren", so hätten sie doch sein Anerbieten abgelehnt, einen
"fremden Drucker" zu sich genommen, der ihm, Lotter, erst die Schrift abwendig
gemacht habe -- "der die Schrift von mir bracht, in welcher Gestalt, laß ich


was seine Ankläger wider ihn „praetieiret", offenbar darauf abziele, ihn und
die Seinen von Wittenberg zu verdrängen. Luther Hütte ihm versprochen, er
solle die Bibelübersetzung drucken. Er habe dies angenommen und „mit großer
Darlegung und Unkost ein merklichen Vorrath von Papier bestellt und ander
Gezeug, darzu nothdürftig, verschafft". Da wären seine „guten Gönner zuge¬
fallen" (über ihn hergefallen?), hätten ihn hintergangen „und so viel zu Werke
getrieben", daß ihm die zugesagte Bibel wieder abgenommen worden und er
„mit seinem geschafften Vorrath sitzen blieben" sei. Er könne nachweisen, daß
er davon großen Schaden gehabt habe. Ans das Papier sei er noch 1400
Gulden schuldig, die er gehofft habe abzahlen zu können, wenn er die deutsche
Bibel hätte weiter drucken dürfen. Daran sei nun nicht zu denken, denn seit
dieser Zeit habe ihm Luther nicht ein einziges Blatt wieder zu drucken gegeben,
während doch viele andere Drucker, die „neben ihm einkommen", alle gefördert
würden. Aber er und sein Sohn seien „aus der Synagog geworfen".

Luther habe ihm aber auch zugesagt, eine neue Ausgabe der lateinischen
Bibel bei ihm drucken zu lassen; da habe er „die Schrift und ander Gezeug,
darzu gehörig, mit Müh und Arbeit gegossen und zugericht, auch das ciller-
schönste Papier, Mediau genannt, aus Lothringen von Spinat mit merklicher
Unkost und Darlegeu bestellt und in seine Verwahrung gegen Wittenberg
bracht". Aber nun habe man ihm wieder die Schrift getadelt und eine andere
haben wollen, er habe anch diese angefertigt und nun gemeint, seiner Sache ge¬
wiß zu sein, doch man habe ihn „abermals hintergangen und von solcher Bibel
mit Gewalt gedrungen".

Endlich nennt Lotter diejenigen, die ihn verdrängt, mit Namen. Er schreibt
weiter: Nachdem ihm nun die deutsche und die lateinische Bibel, worauf er
„alle seine Hoffnung und Trost gesetzt", beide abgenommen worden, habe er
Luther dringend gebeten, „mit Luca Cronach und C.ristanno Goldschmidt zu
reden und sie zu vermögen, dieweil sie solche Werke zu drucken bestanden"
(darauf bestanden), daß sie ihn wenigstens zu ihrem Drucker annehmen sollten;
er wolle ihnen „mit ganzem Fleiß dienen und, nachdem er von Jngend auf
der Kunst der Druckerei geübt, auch gute Schriften darzu hätte, beanspruche
er nicht mehr dafür als jeder andere. Luther hätte darüber auch „fleißig mit
ihnen gehandelt", aber es sei alles vergeblich gewest, und wiewohl Lotter den
beiden genannten früher „alle Dienstbarkeit und freundlichen Willen erzeiget,
ihnen in ihrem Verkaufen räthig und hülflich gewest und sich alleweg so ge¬
halten, daß je niemands änderst denn Freundschaft, Treu und Gutwilligkeit
bei ihm sollt spüren", so hätten sie doch sein Anerbieten abgelehnt, einen
„fremden Drucker" zu sich genommen, der ihm, Lotter, erst die Schrift abwendig
gemacht habe — „der die Schrift von mir bracht, in welcher Gestalt, laß ich


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0301" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/140652"/>
          <p xml:id="ID_909" prev="#ID_908"> was seine Ankläger wider ihn &#x201E;praetieiret", offenbar darauf abziele, ihn und<lb/>
die Seinen von Wittenberg zu verdrängen. Luther Hütte ihm versprochen, er<lb/>
solle die Bibelübersetzung drucken. Er habe dies angenommen und &#x201E;mit großer<lb/>
Darlegung und Unkost ein merklichen Vorrath von Papier bestellt und ander<lb/>
Gezeug, darzu nothdürftig, verschafft". Da wären seine &#x201E;guten Gönner zuge¬<lb/>
fallen" (über ihn hergefallen?), hätten ihn hintergangen &#x201E;und so viel zu Werke<lb/>
getrieben", daß ihm die zugesagte Bibel wieder abgenommen worden und er<lb/>
&#x201E;mit seinem geschafften Vorrath sitzen blieben" sei. Er könne nachweisen, daß<lb/>
er davon großen Schaden gehabt habe. Ans das Papier sei er noch 1400<lb/>
Gulden schuldig, die er gehofft habe abzahlen zu können, wenn er die deutsche<lb/>
Bibel hätte weiter drucken dürfen. Daran sei nun nicht zu denken, denn seit<lb/>
dieser Zeit habe ihm Luther nicht ein einziges Blatt wieder zu drucken gegeben,<lb/>
während doch viele andere Drucker, die &#x201E;neben ihm einkommen", alle gefördert<lb/>
würden. Aber er und sein Sohn seien &#x201E;aus der Synagog geworfen".</p><lb/>
          <p xml:id="ID_910"> Luther habe ihm aber auch zugesagt, eine neue Ausgabe der lateinischen<lb/>
Bibel bei ihm drucken zu lassen; da habe er &#x201E;die Schrift und ander Gezeug,<lb/>
darzu gehörig, mit Müh und Arbeit gegossen und zugericht, auch das ciller-<lb/>
schönste Papier, Mediau genannt, aus Lothringen von Spinat mit merklicher<lb/>
Unkost und Darlegeu bestellt und in seine Verwahrung gegen Wittenberg<lb/>
bracht". Aber nun habe man ihm wieder die Schrift getadelt und eine andere<lb/>
haben wollen, er habe anch diese angefertigt und nun gemeint, seiner Sache ge¬<lb/>
wiß zu sein, doch man habe ihn &#x201E;abermals hintergangen und von solcher Bibel<lb/>
mit Gewalt gedrungen".</p><lb/>
          <p xml:id="ID_911" next="#ID_912"> Endlich nennt Lotter diejenigen, die ihn verdrängt, mit Namen. Er schreibt<lb/>
weiter: Nachdem ihm nun die deutsche und die lateinische Bibel, worauf er<lb/>
&#x201E;alle seine Hoffnung und Trost gesetzt", beide abgenommen worden, habe er<lb/>
Luther dringend gebeten, &#x201E;mit Luca Cronach und C.ristanno Goldschmidt zu<lb/>
reden und sie zu vermögen, dieweil sie solche Werke zu drucken bestanden"<lb/>
(darauf bestanden), daß sie ihn wenigstens zu ihrem Drucker annehmen sollten;<lb/>
er wolle ihnen &#x201E;mit ganzem Fleiß dienen und, nachdem er von Jngend auf<lb/>
der Kunst der Druckerei geübt, auch gute Schriften darzu hätte, beanspruche<lb/>
er nicht mehr dafür als jeder andere. Luther hätte darüber auch &#x201E;fleißig mit<lb/>
ihnen gehandelt", aber es sei alles vergeblich gewest, und wiewohl Lotter den<lb/>
beiden genannten früher &#x201E;alle Dienstbarkeit und freundlichen Willen erzeiget,<lb/>
ihnen in ihrem Verkaufen räthig und hülflich gewest und sich alleweg so ge¬<lb/>
halten, daß je niemands änderst denn Freundschaft, Treu und Gutwilligkeit<lb/>
bei ihm sollt spüren", so hätten sie doch sein Anerbieten abgelehnt, einen<lb/>
&#x201E;fremden Drucker" zu sich genommen, der ihm, Lotter, erst die Schrift abwendig<lb/>
gemacht habe &#x2014; &#x201E;der die Schrift von mir bracht, in welcher Gestalt, laß ich</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0301] was seine Ankläger wider ihn „praetieiret", offenbar darauf abziele, ihn und die Seinen von Wittenberg zu verdrängen. Luther Hütte ihm versprochen, er solle die Bibelübersetzung drucken. Er habe dies angenommen und „mit großer Darlegung und Unkost ein merklichen Vorrath von Papier bestellt und ander Gezeug, darzu nothdürftig, verschafft". Da wären seine „guten Gönner zuge¬ fallen" (über ihn hergefallen?), hätten ihn hintergangen „und so viel zu Werke getrieben", daß ihm die zugesagte Bibel wieder abgenommen worden und er „mit seinem geschafften Vorrath sitzen blieben" sei. Er könne nachweisen, daß er davon großen Schaden gehabt habe. Ans das Papier sei er noch 1400 Gulden schuldig, die er gehofft habe abzahlen zu können, wenn er die deutsche Bibel hätte weiter drucken dürfen. Daran sei nun nicht zu denken, denn seit dieser Zeit habe ihm Luther nicht ein einziges Blatt wieder zu drucken gegeben, während doch viele andere Drucker, die „neben ihm einkommen", alle gefördert würden. Aber er und sein Sohn seien „aus der Synagog geworfen". Luther habe ihm aber auch zugesagt, eine neue Ausgabe der lateinischen Bibel bei ihm drucken zu lassen; da habe er „die Schrift und ander Gezeug, darzu gehörig, mit Müh und Arbeit gegossen und zugericht, auch das ciller- schönste Papier, Mediau genannt, aus Lothringen von Spinat mit merklicher Unkost und Darlegeu bestellt und in seine Verwahrung gegen Wittenberg bracht". Aber nun habe man ihm wieder die Schrift getadelt und eine andere haben wollen, er habe anch diese angefertigt und nun gemeint, seiner Sache ge¬ wiß zu sein, doch man habe ihn „abermals hintergangen und von solcher Bibel mit Gewalt gedrungen". Endlich nennt Lotter diejenigen, die ihn verdrängt, mit Namen. Er schreibt weiter: Nachdem ihm nun die deutsche und die lateinische Bibel, worauf er „alle seine Hoffnung und Trost gesetzt", beide abgenommen worden, habe er Luther dringend gebeten, „mit Luca Cronach und C.ristanno Goldschmidt zu reden und sie zu vermögen, dieweil sie solche Werke zu drucken bestanden" (darauf bestanden), daß sie ihn wenigstens zu ihrem Drucker annehmen sollten; er wolle ihnen „mit ganzem Fleiß dienen und, nachdem er von Jngend auf der Kunst der Druckerei geübt, auch gute Schriften darzu hätte, beanspruche er nicht mehr dafür als jeder andere. Luther hätte darüber auch „fleißig mit ihnen gehandelt", aber es sei alles vergeblich gewest, und wiewohl Lotter den beiden genannten früher „alle Dienstbarkeit und freundlichen Willen erzeiget, ihnen in ihrem Verkaufen räthig und hülflich gewest und sich alleweg so ge¬ halten, daß je niemands änderst denn Freundschaft, Treu und Gutwilligkeit bei ihm sollt spüren", so hätten sie doch sein Anerbieten abgelehnt, einen „fremden Drucker" zu sich genommen, der ihm, Lotter, erst die Schrift abwendig gemacht habe — „der die Schrift von mir bracht, in welcher Gestalt, laß ich

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/301
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/301>, abgerufen am 22.07.2024.