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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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wolle, sondern alles, was er dort verdiene, nach Leipzig schaffe, wo er sich be¬
reits ein schönes Haus davon gebaut habe. Dies alles brächten seine Ankläger
aber nur "aus häßigem, neidigem und verbitterten Gemüthe" und gegen ihre
eigene bessere Ueberzeugung wider ihn vor. Dr. Christian Beyer und Valentin
Mellerstadt könnten ihm bezeugen, daß er sie wiederholt dringend gebeten habe,
ihm ein Haus, "so ihm zu seinem Handel dienstlich und gelegen", in Wittenberg
zu kaufen; sie hätten auch im Sommer 1523 mit dem Mag. Bernhard, dessen
Haus Mellerstadt gegenüber gelegen, in Unterhandlung gestanden und seien
sogar handelseinig geworden. Lotter habe ihm das Haus für 449 Gulden
abgekauft, eine Summe darauf angezahlt, es mit zwei Pressen und allem Zu¬
behör bezogen und elf Wochen darin gewohnt. Da habe unerwarteter Weise
Bernhard den Kauf rückgängig gemacht unter dem Vormande, er könne ihm
das Haus seiner Schwäger wegen nicht abtreten, und so habe er denn "mit
Schanden und merklichem Schaden" wieder ausziehen müssen.

Darauf habe er in ganz Wittenberg kein Haus wieder bekommen können.
Lucas Cranach, bei dem er früher "ein gut Zeit" gewohnt und in dessen
Hause er auch noch Druckereigeräthschaften und andere Habe stehen gehabt,
habe ihm auch die Aufnahme verweigert und eine eigene Druckerei in seinem Hanse
angelegt, und so sei er denn endlich "nit mit geringem Schaden und Schmach
aus großer Noth gedrungen worden, mit seinem Weib, Kindern, Gesinde und
allem Gezeug und Habe" in den Stall eines Barbiererhauses zu ziehen, wo er
von Ostern (27. März) bis Mitte Juni 1524 zugebracht habe. Zwar habe
sich der Bürgermeister Anton Nymick seiner erbarmt und habe ihm "zwei
kleine Stüblein" in seinem Hause angeboten. Doch habe er dies Anerbieten
mit Dank ablehnen müssen, weil der Raum "ihm doch zu seinem Gewerb zu
klein und unbequem gewest." Er habe sich nun alle Mühe gegeben, wieder
ein passendes Haus käuflich an sich zu bringen; eines, das "an der Mauern
oder fast (sust?) in einem unbequemen Winkel entlegen", könne er ja zu seinem
Geschäfte nicht brauchen; Beyer, Mellerstadt und Mag. Ulrich Binder hätten
sich "mit hohem Fleiß neben ihm darinne bemühet", aber alles sei vergebens
gewesen. Endlich habe er, um nur aus dem Stalle herauszukommen und um
nicht mit Schanden von Wittenberg abziehen zu müssen, sich an den Guardian
des Barfüßerklosters gewandt und auch "durch etzliche Herrn und gute Freund"
erreicht, daß dieser ihn "mit seinem Sohne, Gesinde und Druckerei" in's Kloster
aufgenommen und ihm für einen jährlichen Zins von 24 Gulden passende
Räume vermiethet habe. Er habe gehofft, daß der Kurfürst nichts dagegen
haben, es auch andern Leuten "nicht zu Nachtheil" sein werde.

Im weiteren Verlaufe seines Schreibens kommt Lotter auf seine bisherige
Thätigkeit in Wittenberg zu sprechen und erklärt dem Kurfürsten, daß alles,


wolle, sondern alles, was er dort verdiene, nach Leipzig schaffe, wo er sich be¬
reits ein schönes Haus davon gebaut habe. Dies alles brächten seine Ankläger
aber nur „aus häßigem, neidigem und verbitterten Gemüthe" und gegen ihre
eigene bessere Ueberzeugung wider ihn vor. Dr. Christian Beyer und Valentin
Mellerstadt könnten ihm bezeugen, daß er sie wiederholt dringend gebeten habe,
ihm ein Haus, „so ihm zu seinem Handel dienstlich und gelegen", in Wittenberg
zu kaufen; sie hätten auch im Sommer 1523 mit dem Mag. Bernhard, dessen
Haus Mellerstadt gegenüber gelegen, in Unterhandlung gestanden und seien
sogar handelseinig geworden. Lotter habe ihm das Haus für 449 Gulden
abgekauft, eine Summe darauf angezahlt, es mit zwei Pressen und allem Zu¬
behör bezogen und elf Wochen darin gewohnt. Da habe unerwarteter Weise
Bernhard den Kauf rückgängig gemacht unter dem Vormande, er könne ihm
das Haus seiner Schwäger wegen nicht abtreten, und so habe er denn „mit
Schanden und merklichem Schaden" wieder ausziehen müssen.

Darauf habe er in ganz Wittenberg kein Haus wieder bekommen können.
Lucas Cranach, bei dem er früher „ein gut Zeit" gewohnt und in dessen
Hause er auch noch Druckereigeräthschaften und andere Habe stehen gehabt,
habe ihm auch die Aufnahme verweigert und eine eigene Druckerei in seinem Hanse
angelegt, und so sei er denn endlich „nit mit geringem Schaden und Schmach
aus großer Noth gedrungen worden, mit seinem Weib, Kindern, Gesinde und
allem Gezeug und Habe" in den Stall eines Barbiererhauses zu ziehen, wo er
von Ostern (27. März) bis Mitte Juni 1524 zugebracht habe. Zwar habe
sich der Bürgermeister Anton Nymick seiner erbarmt und habe ihm „zwei
kleine Stüblein" in seinem Hause angeboten. Doch habe er dies Anerbieten
mit Dank ablehnen müssen, weil der Raum „ihm doch zu seinem Gewerb zu
klein und unbequem gewest." Er habe sich nun alle Mühe gegeben, wieder
ein passendes Haus käuflich an sich zu bringen; eines, das „an der Mauern
oder fast (sust?) in einem unbequemen Winkel entlegen", könne er ja zu seinem
Geschäfte nicht brauchen; Beyer, Mellerstadt und Mag. Ulrich Binder hätten
sich „mit hohem Fleiß neben ihm darinne bemühet", aber alles sei vergebens
gewesen. Endlich habe er, um nur aus dem Stalle herauszukommen und um
nicht mit Schanden von Wittenberg abziehen zu müssen, sich an den Guardian
des Barfüßerklosters gewandt und auch „durch etzliche Herrn und gute Freund"
erreicht, daß dieser ihn „mit seinem Sohne, Gesinde und Druckerei" in's Kloster
aufgenommen und ihm für einen jährlichen Zins von 24 Gulden passende
Räume vermiethet habe. Er habe gehofft, daß der Kurfürst nichts dagegen
haben, es auch andern Leuten „nicht zu Nachtheil" sein werde.

Im weiteren Verlaufe seines Schreibens kommt Lotter auf seine bisherige
Thätigkeit in Wittenberg zu sprechen und erklärt dem Kurfürsten, daß alles,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/300>, abgerufen am 22.07.2024.