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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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Hälfte des Juli bereits das Matthäus-, Markus-, und Lukasevcmgelium und
zugleich der Römer- und Korintherbrief fertig. Die vollendeten Bogen ließ
Luther fort und fort Spalatin zugehen, mit der Bitte, sie auch dem Kurfürsten
mitzutheilen. Ende Juli arbeiteten drei Pressen gleichzeitig, da jetzt wahr¬
scheinlich auch die Offenbarung Johannis neben den beiden andern Reihen ge¬
sondert in Angriff genommen wurde, und so kamen nun täglich 10,000 Bogen
aus der Presse. Am 21. September war der Druck vollendet. Am 25. schickt
Luther eins der ersten fertig gewordenen Exemplare an Spalatin mit der
Bitte, es feinem treuen Wartburgwirthe, dem Schloßhauptmann vou Berlepsch,
zu übersenden. Spalatin selbst muß noch warten: Luther klagt, daß ihn Lotter
mit den Exemplaren knapp halte. Die Ausgabe erschien in Folio mit dem
einfachen Titel: "Das reve Testament, Deutzsch, Vuittenberg." Weder der
Uebersetzer, noch der Drucker, noch die Jahreszahl ist genannt. Erst auf der
zweiten Auflage, die schon im Dezember folgte, nennt sich Melchior Lotter der
Jüngere als der Drucker.

Die Herausgabe des Alten Testamentes veranstaltete Luther in mehreren
Theilen, die allmählich ans einander folgen sollten, weil er fürchtete, das Buch
würde, wenn es auf einmal erschiene, zu umfänglich und zu theuer werden.
Im Januar 1523 war der Druck der Fünf Bücher Mose im Gange. Sie
erschienen für sich allein noch in demselben Jahre, wieder ohne Angabe des
Druckers, aber ohne allen Zweifel von Melchior Lotter d. I. gedruckt. Anfang
1524 wurde der zweite Theil des Alten Testamentes ausgegeben, der die Ge¬
schichtsbücher von Josua bis Esra und Nehemia umfaßte; das Buch Esther
stand damals vor diesen beiden. An der Herstellung dieser Theile arbeitete
Melchior Lotter bereits in Gemeinschaft mit seinem Bruder Michael. Schon
eine zweite Ausgabe der Bücher Mose von 1523 ist von beiden gemeinsam
unterzeichnet. Von beiden Brüdern zusammen wurde dann auch im Jahre 1524
noch der dritte Theil des Alten Testamentes gedruckt, in welchem Luther den
Hiob, den Psalter, die Sprüche, den Prediger und das Hohelied zusammen¬
gefaßt hatte. Die ursprüngliche Absicht, auch die Propheten in diesen Abschnitt
mit aufzunehmen, hatte er wieder fallen lassen. Wohl aber erschienen von den
bisher ausgegebenen Theilen noch mehrfach neue Auflagen -- alle das Werk
der Lotter'schen Pressen.

Mit der Herausgabe des dritten Theiles vom Alten Testament erlitt die
Arbeit einen längeren Stillstand. Erst vom Jahre 1526 an machte sich Luther
zunächst an die Uebersetzung der kleinen, dann der großen Propheten und fügte
endlich von 1530 an auch die Apokryphen und eine neue, nochmalige Bearbeitung
des Psalters hinzu Aber da tritt uns auf einmal die befremdliche Thatsache
entgegen, daß von diesen Schriften bis zum Jahre 1529 aus den Lotter'schen


Hälfte des Juli bereits das Matthäus-, Markus-, und Lukasevcmgelium und
zugleich der Römer- und Korintherbrief fertig. Die vollendeten Bogen ließ
Luther fort und fort Spalatin zugehen, mit der Bitte, sie auch dem Kurfürsten
mitzutheilen. Ende Juli arbeiteten drei Pressen gleichzeitig, da jetzt wahr¬
scheinlich auch die Offenbarung Johannis neben den beiden andern Reihen ge¬
sondert in Angriff genommen wurde, und so kamen nun täglich 10,000 Bogen
aus der Presse. Am 21. September war der Druck vollendet. Am 25. schickt
Luther eins der ersten fertig gewordenen Exemplare an Spalatin mit der
Bitte, es feinem treuen Wartburgwirthe, dem Schloßhauptmann vou Berlepsch,
zu übersenden. Spalatin selbst muß noch warten: Luther klagt, daß ihn Lotter
mit den Exemplaren knapp halte. Die Ausgabe erschien in Folio mit dem
einfachen Titel: „Das reve Testament, Deutzsch, Vuittenberg." Weder der
Uebersetzer, noch der Drucker, noch die Jahreszahl ist genannt. Erst auf der
zweiten Auflage, die schon im Dezember folgte, nennt sich Melchior Lotter der
Jüngere als der Drucker.

Die Herausgabe des Alten Testamentes veranstaltete Luther in mehreren
Theilen, die allmählich ans einander folgen sollten, weil er fürchtete, das Buch
würde, wenn es auf einmal erschiene, zu umfänglich und zu theuer werden.
Im Januar 1523 war der Druck der Fünf Bücher Mose im Gange. Sie
erschienen für sich allein noch in demselben Jahre, wieder ohne Angabe des
Druckers, aber ohne allen Zweifel von Melchior Lotter d. I. gedruckt. Anfang
1524 wurde der zweite Theil des Alten Testamentes ausgegeben, der die Ge¬
schichtsbücher von Josua bis Esra und Nehemia umfaßte; das Buch Esther
stand damals vor diesen beiden. An der Herstellung dieser Theile arbeitete
Melchior Lotter bereits in Gemeinschaft mit seinem Bruder Michael. Schon
eine zweite Ausgabe der Bücher Mose von 1523 ist von beiden gemeinsam
unterzeichnet. Von beiden Brüdern zusammen wurde dann auch im Jahre 1524
noch der dritte Theil des Alten Testamentes gedruckt, in welchem Luther den
Hiob, den Psalter, die Sprüche, den Prediger und das Hohelied zusammen¬
gefaßt hatte. Die ursprüngliche Absicht, auch die Propheten in diesen Abschnitt
mit aufzunehmen, hatte er wieder fallen lassen. Wohl aber erschienen von den
bisher ausgegebenen Theilen noch mehrfach neue Auflagen — alle das Werk
der Lotter'schen Pressen.

Mit der Herausgabe des dritten Theiles vom Alten Testament erlitt die
Arbeit einen längeren Stillstand. Erst vom Jahre 1526 an machte sich Luther
zunächst an die Uebersetzung der kleinen, dann der großen Propheten und fügte
endlich von 1530 an auch die Apokryphen und eine neue, nochmalige Bearbeitung
des Psalters hinzu Aber da tritt uns auf einmal die befremdliche Thatsache
entgegen, daß von diesen Schriften bis zum Jahre 1529 aus den Lotter'schen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/298>, abgerufen am 22.07.2024.