Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.Bibelwerkes stehen, aufzuklären. Sie gründet sich auf ein ziemlich umfängliches Leipzig hat im Laufe des 16. Jahrhunderts zwei hervorragende Buch¬ Melchior Lotter (Lotther) stammte aus Ane im sächsischen Vogtlande. Ungefähr seit dem Jahre 1500 wurde Lotter der Geschästsnachfolger seines Bibelwerkes stehen, aufzuklären. Sie gründet sich auf ein ziemlich umfängliches Leipzig hat im Laufe des 16. Jahrhunderts zwei hervorragende Buch¬ Melchior Lotter (Lotther) stammte aus Ane im sächsischen Vogtlande. Ungefähr seit dem Jahre 1500 wurde Lotter der Geschästsnachfolger seines <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0290" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/140641"/> <p xml:id="ID_873" prev="#ID_872"> Bibelwerkes stehen, aufzuklären. Sie gründet sich auf ein ziemlich umfängliches<lb/> Quellenmaterial, dessen Nachweis jedoch, soweit er sich nicht ungezwungen in<lb/> die Darstellung selber einflechten läßt, für eine andere Gelegenheit aufgespart<lb/> bleiben muß.</p><lb/> <p xml:id="ID_874"> Leipzig hat im Laufe des 16. Jahrhunderts zwei hervorragende Buch¬<lb/> drucker und Buchhändler aufzuweisen: in dritten Viertel Ernst Vögelin, im<lb/> ersten Melchior Lotter. Die Geschichte beider hat eine merkwürdige Aehnlichkeit.<lb/> Anfang der vierziger Jahre, als eine kleine Anzahl unbedeutender Druckereien<lb/> in Leipzig ihr Dasein fristete, gründete Valentin Papst eine neue Offizin, die<lb/> sofort durch die Schönheit und Gediegenheit ihrer typographischen Leistungen<lb/> alle andern in Schatten stellte und rasch in Aufnahme kam. Dieses Geschäft<lb/> übernahm 1556 nach Papst's Tode sein Schwiegersohn Vögelin, und feine gro߬<lb/> artige Verlagsthätigkeit bezeichnet die Blüthezeit des Geschäfts. Als Anhänger<lb/> des Kalvinismus aber zog er sich 1574 den Zorn Kurfürst August's zu, er<lb/> mußte von Leipzig flüchten, und in den Händen seiner Söhne verlor dann das<lb/> Geschäft seine frühere Bedeutung. Man braucht nur andere Namen einzusetzen,<lb/> so hat man die Geschichte Lotter's. Wie später Papst, so übertraf am Ende<lb/> des 15. Jahrhunderts Cuuz Kachelofen alle Druckereien, die seit der Ein¬<lb/> führung des Buchdrucks in Leipzig (1479) sich aufgethan hatten, durch die<lb/> Schönheit seiner Preßerzeugnisse. Sein Schwiegersohn Melchior Lotter<lb/> repräsentirt in der Reformationszeit den Höhepunkt des Geschäftes. Da traf<lb/> auch diesen fürstliche Ungnade und führte unter den Händen seiner Söhne den<lb/> Verfall des Geschäftes herbei.</p><lb/> <p xml:id="ID_875"> Melchior Lotter (Lotther) stammte aus Ane im sächsischen Vogtlande.<lb/> Sein Geburtsjahr ist unbekannt, ebenso, wann er nach Leipzig gekommen, und<lb/> ob er in Leipzig gleich anfangs eine eigene Druckerei gehabt oder, was das<lb/> wahrscheinlichere ist, zunächst in Kachelofen's Druckerei gearbeitet hat. Am<lb/> 16. Juni 1498 erhielt er das Leipziger Bürgerrecht, nachdem er vorher die<lb/> Tochter Kachelofen's, Dorothea, geheirathet hatte. Aus seiner Ehe mit ihr<lb/> gingen acht Kinder hervor.</p><lb/> <p xml:id="ID_876" next="#ID_877"> Ungefähr seit dem Jahre 1500 wurde Lotter der Geschästsnachfolger seines<lb/> Schwiegervaters; Thätigkeit und Ruf desselben gingen auf ihn über. Im Jahre<lb/> 1495 hatte Kachelofen sein Meißner Missale gedruckt, die ausgezeichnetste typo¬<lb/> graphische Leistung, die aus seiner Offizin bekannt ist. Die nächste Ausgabe<lb/> davon, welche 1500 erschien, druckten Kachelofen und Lotter bereits gemeinsam,<lb/> und von nun an ergingen bis in die zwanziger Jahre des 16. Jahrhunderts<lb/> alle Druckaufträge, die das Meißner Bisthum unter Bischof Johann VI. von<lb/> Salhausen und Johann V14. von Schleinitz zu vergeben hatte, an Lotter nach<lb/> Leipzig. Aus seiner Presse gingen alle Misfallen, Breviarien, Agenten und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0290]
Bibelwerkes stehen, aufzuklären. Sie gründet sich auf ein ziemlich umfängliches
Quellenmaterial, dessen Nachweis jedoch, soweit er sich nicht ungezwungen in
die Darstellung selber einflechten läßt, für eine andere Gelegenheit aufgespart
bleiben muß.
Leipzig hat im Laufe des 16. Jahrhunderts zwei hervorragende Buch¬
drucker und Buchhändler aufzuweisen: in dritten Viertel Ernst Vögelin, im
ersten Melchior Lotter. Die Geschichte beider hat eine merkwürdige Aehnlichkeit.
Anfang der vierziger Jahre, als eine kleine Anzahl unbedeutender Druckereien
in Leipzig ihr Dasein fristete, gründete Valentin Papst eine neue Offizin, die
sofort durch die Schönheit und Gediegenheit ihrer typographischen Leistungen
alle andern in Schatten stellte und rasch in Aufnahme kam. Dieses Geschäft
übernahm 1556 nach Papst's Tode sein Schwiegersohn Vögelin, und feine gro߬
artige Verlagsthätigkeit bezeichnet die Blüthezeit des Geschäfts. Als Anhänger
des Kalvinismus aber zog er sich 1574 den Zorn Kurfürst August's zu, er
mußte von Leipzig flüchten, und in den Händen seiner Söhne verlor dann das
Geschäft seine frühere Bedeutung. Man braucht nur andere Namen einzusetzen,
so hat man die Geschichte Lotter's. Wie später Papst, so übertraf am Ende
des 15. Jahrhunderts Cuuz Kachelofen alle Druckereien, die seit der Ein¬
führung des Buchdrucks in Leipzig (1479) sich aufgethan hatten, durch die
Schönheit seiner Preßerzeugnisse. Sein Schwiegersohn Melchior Lotter
repräsentirt in der Reformationszeit den Höhepunkt des Geschäftes. Da traf
auch diesen fürstliche Ungnade und führte unter den Händen seiner Söhne den
Verfall des Geschäftes herbei.
Melchior Lotter (Lotther) stammte aus Ane im sächsischen Vogtlande.
Sein Geburtsjahr ist unbekannt, ebenso, wann er nach Leipzig gekommen, und
ob er in Leipzig gleich anfangs eine eigene Druckerei gehabt oder, was das
wahrscheinlichere ist, zunächst in Kachelofen's Druckerei gearbeitet hat. Am
16. Juni 1498 erhielt er das Leipziger Bürgerrecht, nachdem er vorher die
Tochter Kachelofen's, Dorothea, geheirathet hatte. Aus seiner Ehe mit ihr
gingen acht Kinder hervor.
Ungefähr seit dem Jahre 1500 wurde Lotter der Geschästsnachfolger seines
Schwiegervaters; Thätigkeit und Ruf desselben gingen auf ihn über. Im Jahre
1495 hatte Kachelofen sein Meißner Missale gedruckt, die ausgezeichnetste typo¬
graphische Leistung, die aus seiner Offizin bekannt ist. Die nächste Ausgabe
davon, welche 1500 erschien, druckten Kachelofen und Lotter bereits gemeinsam,
und von nun an ergingen bis in die zwanziger Jahre des 16. Jahrhunderts
alle Druckaufträge, die das Meißner Bisthum unter Bischof Johann VI. von
Salhausen und Johann V14. von Schleinitz zu vergeben hatte, an Lotter nach
Leipzig. Aus seiner Presse gingen alle Misfallen, Breviarien, Agenten und
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