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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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Schließung von zweien derselben schwebt eine Klage des Kardinalvikars vor
den Gerichten. Der Gottesdienst in den noch geöffneten Klosterkirchen bringt
einen Aufwand von '//. Million mit sich, wobei man annehmen kann, daß etwa
ein Drittel dieser Summe auf sachliche Ausgaben kommt, so daß zwei Drittel
einen sehr anständigen Zuschuß zu den Pensionen darstellen, welche die betref¬
fenden Ordensbrüder u, s. w. vom Staate erheben. Sowohl das römische
Observatorium, dem der berühmte Jesuit Seechi bis zu seinem kürzlich erfolgten
Tode vorstand, als das Museo Kirchericmo und das physikalische Kabinet des
römischen Kollegiums sind erhalten worden. Etwa 650,000 Bünde aus den
aufgehobenen Klosterbibliotheken bilden den Grundstock der neu errichteten
Bibliothek Victor Emanuel. Die Musikalien hat die Akademie von Santa
Cücilici bekommen, deren Bibliothekar ein Deutscher, Dr. Verum ist. Drei
Bibliotheken, die Angelika, die Casanatense und die Vallieelliana bleiben dnrch
Zuwendungen des Liquidatiousausschusses in ihrer Selbständigkeit bestehen.
Nicht selten klagen Männer der Wissenschaft in Rom, daß der letztere sich
schwerer entschließt, etwas für die Bibliotheken auszugeben, als für die ge¬
wöhnlich mit hoher Fürsprache auftretenden Nonnen. Hier muß aber um der
Gerechtigkeit willen angeführt werden, daß der Liquidationsausschuß nicht nur
der Regierung und einem besonderen Aufsichtsrath, in welchem 3 Senatoren,
3 Abgeordnete, 3 Staatsbeamte und 2 Mitglieder des römischen Provinzial-
ausschusses sitzen, Rechenschaft abzulegen hat, sondern daß die Buchhaltung für
jede aufgehobene Körperschaft einzeln durchgeführt wird. Das hat zur Folge,
daß Angehörige von Körperschaften, die einen beträchtlichen Ueberschuß liefern,
willig Gehör finden und daß der Liquidationsausschuß sich zweimal bedenkt,
ehe er von einem solchen Ueberschuß mehr nimmt, als zur Ausgleichung eines
von anderer Seite auftauchenden Deficits nöthig ist. Auch könnte z. B. die
römische Gemeindeverwaltung als Vertreterin des Elementarunterrichts recht
wohl eines Tages einen Nachweis darüber fordern, wohin das Vermögen einer
Anstalt, welche die Verpflichtung zum Volksunterricht hatte, gekommen ist. Die
Klöster dieser Kategorie sind bis jetzt noch passiv.

Die Vertreter der nicht aufgehobenen geistlichen Körperschaften, wie Dom¬
stifte, Seminarien, Sakristeien u. s. w. hatten drei Monate nach dem Eintritt des
Gesetzes die Wahl, zu erklären, ob sie selbst die angeordnete Umwandlung ihres
unbeweglichen Vermögens in Rente vornehmen wollten. Der Liquidations¬
ausschuß hat bis jetzt dies Geschäft für 53 Anstalten dieser Kategorie selb¬
ständig besorgen müssen und studirt nun die Kataster, um zu sehen, ob andere
geistliche Körperschaften unbewegliches, zu veräußerndes Gut besitzen. Die
Ablösung von 598 unter Laieupatrvnat stehenden Benefizien hat dem Liquida¬
tionsausschuß eine ansehnliche Summe eingetragen, von der 688,000 Lire an


Schließung von zweien derselben schwebt eine Klage des Kardinalvikars vor
den Gerichten. Der Gottesdienst in den noch geöffneten Klosterkirchen bringt
einen Aufwand von '//. Million mit sich, wobei man annehmen kann, daß etwa
ein Drittel dieser Summe auf sachliche Ausgaben kommt, so daß zwei Drittel
einen sehr anständigen Zuschuß zu den Pensionen darstellen, welche die betref¬
fenden Ordensbrüder u, s. w. vom Staate erheben. Sowohl das römische
Observatorium, dem der berühmte Jesuit Seechi bis zu seinem kürzlich erfolgten
Tode vorstand, als das Museo Kirchericmo und das physikalische Kabinet des
römischen Kollegiums sind erhalten worden. Etwa 650,000 Bünde aus den
aufgehobenen Klosterbibliotheken bilden den Grundstock der neu errichteten
Bibliothek Victor Emanuel. Die Musikalien hat die Akademie von Santa
Cücilici bekommen, deren Bibliothekar ein Deutscher, Dr. Verum ist. Drei
Bibliotheken, die Angelika, die Casanatense und die Vallieelliana bleiben dnrch
Zuwendungen des Liquidatiousausschusses in ihrer Selbständigkeit bestehen.
Nicht selten klagen Männer der Wissenschaft in Rom, daß der letztere sich
schwerer entschließt, etwas für die Bibliotheken auszugeben, als für die ge¬
wöhnlich mit hoher Fürsprache auftretenden Nonnen. Hier muß aber um der
Gerechtigkeit willen angeführt werden, daß der Liquidationsausschuß nicht nur
der Regierung und einem besonderen Aufsichtsrath, in welchem 3 Senatoren,
3 Abgeordnete, 3 Staatsbeamte und 2 Mitglieder des römischen Provinzial-
ausschusses sitzen, Rechenschaft abzulegen hat, sondern daß die Buchhaltung für
jede aufgehobene Körperschaft einzeln durchgeführt wird. Das hat zur Folge,
daß Angehörige von Körperschaften, die einen beträchtlichen Ueberschuß liefern,
willig Gehör finden und daß der Liquidationsausschuß sich zweimal bedenkt,
ehe er von einem solchen Ueberschuß mehr nimmt, als zur Ausgleichung eines
von anderer Seite auftauchenden Deficits nöthig ist. Auch könnte z. B. die
römische Gemeindeverwaltung als Vertreterin des Elementarunterrichts recht
wohl eines Tages einen Nachweis darüber fordern, wohin das Vermögen einer
Anstalt, welche die Verpflichtung zum Volksunterricht hatte, gekommen ist. Die
Klöster dieser Kategorie sind bis jetzt noch passiv.

Die Vertreter der nicht aufgehobenen geistlichen Körperschaften, wie Dom¬
stifte, Seminarien, Sakristeien u. s. w. hatten drei Monate nach dem Eintritt des
Gesetzes die Wahl, zu erklären, ob sie selbst die angeordnete Umwandlung ihres
unbeweglichen Vermögens in Rente vornehmen wollten. Der Liquidations¬
ausschuß hat bis jetzt dies Geschäft für 53 Anstalten dieser Kategorie selb¬
ständig besorgen müssen und studirt nun die Kataster, um zu sehen, ob andere
geistliche Körperschaften unbewegliches, zu veräußerndes Gut besitzen. Die
Ablösung von 598 unter Laieupatrvnat stehenden Benefizien hat dem Liquida¬
tionsausschuß eine ansehnliche Summe eingetragen, von der 688,000 Lire an


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[0274] Schließung von zweien derselben schwebt eine Klage des Kardinalvikars vor den Gerichten. Der Gottesdienst in den noch geöffneten Klosterkirchen bringt einen Aufwand von '//. Million mit sich, wobei man annehmen kann, daß etwa ein Drittel dieser Summe auf sachliche Ausgaben kommt, so daß zwei Drittel einen sehr anständigen Zuschuß zu den Pensionen darstellen, welche die betref¬ fenden Ordensbrüder u, s. w. vom Staate erheben. Sowohl das römische Observatorium, dem der berühmte Jesuit Seechi bis zu seinem kürzlich erfolgten Tode vorstand, als das Museo Kirchericmo und das physikalische Kabinet des römischen Kollegiums sind erhalten worden. Etwa 650,000 Bünde aus den aufgehobenen Klosterbibliotheken bilden den Grundstock der neu errichteten Bibliothek Victor Emanuel. Die Musikalien hat die Akademie von Santa Cücilici bekommen, deren Bibliothekar ein Deutscher, Dr. Verum ist. Drei Bibliotheken, die Angelika, die Casanatense und die Vallieelliana bleiben dnrch Zuwendungen des Liquidatiousausschusses in ihrer Selbständigkeit bestehen. Nicht selten klagen Männer der Wissenschaft in Rom, daß der letztere sich schwerer entschließt, etwas für die Bibliotheken auszugeben, als für die ge¬ wöhnlich mit hoher Fürsprache auftretenden Nonnen. Hier muß aber um der Gerechtigkeit willen angeführt werden, daß der Liquidationsausschuß nicht nur der Regierung und einem besonderen Aufsichtsrath, in welchem 3 Senatoren, 3 Abgeordnete, 3 Staatsbeamte und 2 Mitglieder des römischen Provinzial- ausschusses sitzen, Rechenschaft abzulegen hat, sondern daß die Buchhaltung für jede aufgehobene Körperschaft einzeln durchgeführt wird. Das hat zur Folge, daß Angehörige von Körperschaften, die einen beträchtlichen Ueberschuß liefern, willig Gehör finden und daß der Liquidationsausschuß sich zweimal bedenkt, ehe er von einem solchen Ueberschuß mehr nimmt, als zur Ausgleichung eines von anderer Seite auftauchenden Deficits nöthig ist. Auch könnte z. B. die römische Gemeindeverwaltung als Vertreterin des Elementarunterrichts recht wohl eines Tages einen Nachweis darüber fordern, wohin das Vermögen einer Anstalt, welche die Verpflichtung zum Volksunterricht hatte, gekommen ist. Die Klöster dieser Kategorie sind bis jetzt noch passiv. Die Vertreter der nicht aufgehobenen geistlichen Körperschaften, wie Dom¬ stifte, Seminarien, Sakristeien u. s. w. hatten drei Monate nach dem Eintritt des Gesetzes die Wahl, zu erklären, ob sie selbst die angeordnete Umwandlung ihres unbeweglichen Vermögens in Rente vornehmen wollten. Der Liquidations¬ ausschuß hat bis jetzt dies Geschäft für 53 Anstalten dieser Kategorie selb¬ ständig besorgen müssen und studirt nun die Kataster, um zu sehen, ob andere geistliche Körperschaften unbewegliches, zu veräußerndes Gut besitzen. Die Ablösung von 598 unter Laieupatrvnat stehenden Benefizien hat dem Liquida¬ tionsausschuß eine ansehnliche Summe eingetragen, von der 688,000 Lire an

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/274>, abgerufen am 22.07.2024.