Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.die in der Küche geschlafen, mit Tellern, der Tasse und dem dampfenden Thee Die Palmatoria gehört auch zum Meublement und fehlt in keinem euro¬ Einige Menschen zeigen sich vor der Thür des Zimmers, neugierig der die in der Küche geschlafen, mit Tellern, der Tasse und dem dampfenden Thee Die Palmatoria gehört auch zum Meublement und fehlt in keinem euro¬ Einige Menschen zeigen sich vor der Thür des Zimmers, neugierig der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0027" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/140378"/> <p xml:id="ID_63" prev="#ID_62"> die in der Küche geschlafen, mit Tellern, der Tasse und dem dampfenden Thee<lb/> hinüber ins Eßzimmer. Der Hausherr hat inzwischen „Toilette" gemacht, er<lb/> entnahm aus dem Schrank etwas Brod und kaltes Hühnerfleisch — die Butter<lb/> ist schon vor mehreren Wochen den Weg allen Fleisches gegangen — und ver¬<lb/> zehrt nun, einsam und allein sein Frühstück. Er hat zwar noch die beiden<lb/> Moleqnes, jeden Winkes gewärtig, hinter seinem Stuhl stehen, aber das sind,<lb/> wie gesagt, für ihn keine Menschen, er ist allein! Langsam, die Zeit eilt ja<lb/> nicht, ißt und trinkt der Herr; da, ein Fluch, eine Fluth von Scheltworten:<lb/> ans dem Fleisch wimmelt es von kleinen, schwarzen Ameisen ohne Zahl, das<lb/> Wasser in einem der Näpfe, in welchen die vier Füße des Schrankes stehen,<lb/> ist eingetrocknet und die Thiere haben ihren Einzug über Nacht gehalten»<lb/> Warum bemerkten das die Diener nicht? Ein paar derbe Ohrfeigen, einige<lb/> Püffe — nur die Einleitung für eine derbere Strafe, denn der Erzürnte schickt<lb/> einen der Geschlagenen fort: „Rufe den Lingster". Der Dolmetsch erscheint,<lb/> um das Amt eines Profoß zu verwalten; der Europäer diktirt, ohne ein Wort<lb/> weiter hinzuzufügen: „Oil-als, rim Ä03 rrialaMrvZ als^ vom ^ x^Im^tori^; Jedem<lb/> dieser Taugenichtse zehn mit der Palmatoria!"</p><lb/> <p xml:id="ID_64"> Die Palmatoria gehört auch zum Meublement und fehlt in keinem euro¬<lb/> päischen Hause Westafrikas. Sie ist ein etwa fußlanger und zolldicker Schlägel<lb/> von hartem, schwerem Holz, dessen eines Ende sich zu einer durchlöcherten<lb/> Scheibe — etwa löffelartig — erweitert. Die Palmatoria fällt in sausendem<lb/> Schlage auf die innere Handflüche (xalms.) des zu Bestrafenden. Der Schmerz<lb/> ist heftig, die Hiebe brennen gewaltig, aber die Bursche sind sie ja schon ge¬<lb/> wöhnt, und mit bereitwilliger Schnelligkeit strecken sie abwechselnd die Linke<lb/> und die Rechte zum Empfang der Palmatorda vor. —</p><lb/> <p xml:id="ID_65" next="#ID_66"> Einige Menschen zeigen sich vor der Thür des Zimmers, neugierig der<lb/> Züchtigung zublickend. Es sind Frauen, welche Lebensmittel zum Kauf an¬<lb/> bieten. Der Dolmetsch empfängt den Schlüssel zu einer Thür, welche vom<lb/> Eßzimmer in den Rumfetisch führt. Dort öffnet er ein Fenster und erhält<lb/> durch dasselbe vom Hofe unter den Angen des Herrn, der beobachtend in der<lb/> Thür steht, die Waaren, dafür Rum aufzählend. Da ist Maniok, Chikocmga<lb/> ein gedämpfter Teig aus Maniokmehl Bataten, ein paar Hühnereier<lb/> und ein Huhn. Die Preise sind feststehend, gefeilscht wird nicht. Das Huhn,<lb/> die Eier und die Bataten, wozu der Weiße noch ein wenig Salz und Aoräuru. —<lb/> Fett — legt, wandern für das Mittagessen in die Küche, das übrige bleibt im<lb/> Fetisch, um später unter die Krnmanos, die anderen Bediensteten und das<lb/> schwarze Weib des Europäers vertheilt zu werden. — Das Weib! eine zu edle<lb/> Bezeichnung für das, was die Negerin in ihrem'Verhältniß zum Weißen dar¬<lb/> stellt. Sie ist die monatlich bezahlte Konkubiue des Mannes, so wie sie fast</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0027]
die in der Küche geschlafen, mit Tellern, der Tasse und dem dampfenden Thee
hinüber ins Eßzimmer. Der Hausherr hat inzwischen „Toilette" gemacht, er
entnahm aus dem Schrank etwas Brod und kaltes Hühnerfleisch — die Butter
ist schon vor mehreren Wochen den Weg allen Fleisches gegangen — und ver¬
zehrt nun, einsam und allein sein Frühstück. Er hat zwar noch die beiden
Moleqnes, jeden Winkes gewärtig, hinter seinem Stuhl stehen, aber das sind,
wie gesagt, für ihn keine Menschen, er ist allein! Langsam, die Zeit eilt ja
nicht, ißt und trinkt der Herr; da, ein Fluch, eine Fluth von Scheltworten:
ans dem Fleisch wimmelt es von kleinen, schwarzen Ameisen ohne Zahl, das
Wasser in einem der Näpfe, in welchen die vier Füße des Schrankes stehen,
ist eingetrocknet und die Thiere haben ihren Einzug über Nacht gehalten»
Warum bemerkten das die Diener nicht? Ein paar derbe Ohrfeigen, einige
Püffe — nur die Einleitung für eine derbere Strafe, denn der Erzürnte schickt
einen der Geschlagenen fort: „Rufe den Lingster". Der Dolmetsch erscheint,
um das Amt eines Profoß zu verwalten; der Europäer diktirt, ohne ein Wort
weiter hinzuzufügen: „Oil-als, rim Ä03 rrialaMrvZ als^ vom ^ x^Im^tori^; Jedem
dieser Taugenichtse zehn mit der Palmatoria!"
Die Palmatoria gehört auch zum Meublement und fehlt in keinem euro¬
päischen Hause Westafrikas. Sie ist ein etwa fußlanger und zolldicker Schlägel
von hartem, schwerem Holz, dessen eines Ende sich zu einer durchlöcherten
Scheibe — etwa löffelartig — erweitert. Die Palmatoria fällt in sausendem
Schlage auf die innere Handflüche (xalms.) des zu Bestrafenden. Der Schmerz
ist heftig, die Hiebe brennen gewaltig, aber die Bursche sind sie ja schon ge¬
wöhnt, und mit bereitwilliger Schnelligkeit strecken sie abwechselnd die Linke
und die Rechte zum Empfang der Palmatorda vor. —
Einige Menschen zeigen sich vor der Thür des Zimmers, neugierig der
Züchtigung zublickend. Es sind Frauen, welche Lebensmittel zum Kauf an¬
bieten. Der Dolmetsch empfängt den Schlüssel zu einer Thür, welche vom
Eßzimmer in den Rumfetisch führt. Dort öffnet er ein Fenster und erhält
durch dasselbe vom Hofe unter den Angen des Herrn, der beobachtend in der
Thür steht, die Waaren, dafür Rum aufzählend. Da ist Maniok, Chikocmga
ein gedämpfter Teig aus Maniokmehl Bataten, ein paar Hühnereier
und ein Huhn. Die Preise sind feststehend, gefeilscht wird nicht. Das Huhn,
die Eier und die Bataten, wozu der Weiße noch ein wenig Salz und Aoräuru. —
Fett — legt, wandern für das Mittagessen in die Küche, das übrige bleibt im
Fetisch, um später unter die Krnmanos, die anderen Bediensteten und das
schwarze Weib des Europäers vertheilt zu werden. — Das Weib! eine zu edle
Bezeichnung für das, was die Negerin in ihrem'Verhältniß zum Weißen dar¬
stellt. Sie ist die monatlich bezahlte Konkubiue des Mannes, so wie sie fast
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