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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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Oeffnungen umrahmt, und Eingang und Ausguck ist vollendet. Das Hans
steht etwas erhöht auf einem etwa '/s Fuß hohen Lehm- oder Sandwall, um
den dahinflnthenden Wassermengen der Regenzeit das Eindringen zu verwehren.
Auf den höchsten Giebelbalken ruht in der Länge des Hauses eine lange mehr¬
fach gestützte Stange, anf welcher das Dach hängt. Es wird durch ein auf
zahlreich nach den Wänden hinführenden Querbalken ruhendes Gitterwerk aus
dünnen Gerten getragen und besteht ans Fiederpalmenwedeln, welche der Länge
nach zusammengefaltet find und sich schindelartig decken.

Soll das Haus dem Weißen als Wohnung dienen, so wird es durch eine
Längenwand und mehrere Querwände in verschiedene Zimmer getheilt, von
denen einige auch gedielt, d. h. mit rohbehauenen Brettern ausgelegt werden.
Das eine bildet das Schlafzimmer, das andere einen Eßsalon, die übrigen,
ungedielt, sind zu "Fetischen", Vorrathsräumen, bestimmt. Das Mobiliar ist
mit einem roh gezimmerten, sehr breiten Bett, überhangen mit der Moskitaire
aus dünnem Baumwollenstoff, einigen Stühlen, wackligen Tischen, einem Schrank,
hölzernen Koffern und blechernen Kästen, um die "Werthsachen" gegen die
Hanptbewohner des Baues, Ratten, Ameisen und Feuchtigkeit zu schützen, fertig.
Die Mehrzahl dieser Meubles ist von Eingeborenen hergestellt, nicht ungeschickt
in Anbetracht ihrer primitiven Werkzeuge. Von Komfort keine Spur, vielleicht
besteht er kaum noch in der Erinnerung des Bewohners.

Zur Linken und Rechten des dem Flußufer gegenüber errichteten Wohn¬
hauses, stehen ähnliche Hänser, die als Wciaremncigazine benützt werden. In
der Nähe findet sich eine kleine Anzahl niedriger Hütten, der Tschimbeks sür
die- Krumanos oder Sklaven, und der nahe am Ufer aus einem berußten
Häuschen aufsteigende Rauch zeigt die Küche an. Einige Viehumzäunnngen
stehen leer und selbst ein schwarzer Borstenträger, der doch sonst selten fehlt
ist nicht vorhanden. So trift aber das Gehöft selbst ist, so herrlich prangt
seine Umgebung. Da reiht sich im Halbrund um die Niederlassung Stamm
an Stamm zum mächtigen Urwald, der seine mannigfachen Blatt- und Blüthen-
fvrmen bis in die Fluth des Stromes hinabsendet. Umsonst sproßt und wächst
es dort immerdar und unaufhörlich, die Blumen erblühen und welken, die
Früchte reifen und fallen, die Stämme wachsen, modern und nähren ihre Nach¬
kommen -- aber wer kümmert sich um alle die Pracht und Herrlichkeit, wer
sieht danach? Nur der Krumcmo, der etwas Holz für die Küche der Faktorei
schlägt. -- Innerhalb der Faktorei ist kein Grün zu sehen, nur dem Wohnhaus
gegenüber am Fluß steht eine schlanke Oelpalme (Mais guirisellsis), die einen
ganz absonderlichen Anblick bietet. Jedes einzelne Fiederblatt ist zerfasert und
aus mehreren derselben je ein Nest der Webervögel gebildet, so daß den


Grenzboten III. 1873. 3

Oeffnungen umrahmt, und Eingang und Ausguck ist vollendet. Das Hans
steht etwas erhöht auf einem etwa '/s Fuß hohen Lehm- oder Sandwall, um
den dahinflnthenden Wassermengen der Regenzeit das Eindringen zu verwehren.
Auf den höchsten Giebelbalken ruht in der Länge des Hauses eine lange mehr¬
fach gestützte Stange, anf welcher das Dach hängt. Es wird durch ein auf
zahlreich nach den Wänden hinführenden Querbalken ruhendes Gitterwerk aus
dünnen Gerten getragen und besteht ans Fiederpalmenwedeln, welche der Länge
nach zusammengefaltet find und sich schindelartig decken.

Soll das Haus dem Weißen als Wohnung dienen, so wird es durch eine
Längenwand und mehrere Querwände in verschiedene Zimmer getheilt, von
denen einige auch gedielt, d. h. mit rohbehauenen Brettern ausgelegt werden.
Das eine bildet das Schlafzimmer, das andere einen Eßsalon, die übrigen,
ungedielt, sind zu „Fetischen", Vorrathsräumen, bestimmt. Das Mobiliar ist
mit einem roh gezimmerten, sehr breiten Bett, überhangen mit der Moskitaire
aus dünnem Baumwollenstoff, einigen Stühlen, wackligen Tischen, einem Schrank,
hölzernen Koffern und blechernen Kästen, um die „Werthsachen" gegen die
Hanptbewohner des Baues, Ratten, Ameisen und Feuchtigkeit zu schützen, fertig.
Die Mehrzahl dieser Meubles ist von Eingeborenen hergestellt, nicht ungeschickt
in Anbetracht ihrer primitiven Werkzeuge. Von Komfort keine Spur, vielleicht
besteht er kaum noch in der Erinnerung des Bewohners.

Zur Linken und Rechten des dem Flußufer gegenüber errichteten Wohn¬
hauses, stehen ähnliche Hänser, die als Wciaremncigazine benützt werden. In
der Nähe findet sich eine kleine Anzahl niedriger Hütten, der Tschimbeks sür
die- Krumanos oder Sklaven, und der nahe am Ufer aus einem berußten
Häuschen aufsteigende Rauch zeigt die Küche an. Einige Viehumzäunnngen
stehen leer und selbst ein schwarzer Borstenträger, der doch sonst selten fehlt
ist nicht vorhanden. So trift aber das Gehöft selbst ist, so herrlich prangt
seine Umgebung. Da reiht sich im Halbrund um die Niederlassung Stamm
an Stamm zum mächtigen Urwald, der seine mannigfachen Blatt- und Blüthen-
fvrmen bis in die Fluth des Stromes hinabsendet. Umsonst sproßt und wächst
es dort immerdar und unaufhörlich, die Blumen erblühen und welken, die
Früchte reifen und fallen, die Stämme wachsen, modern und nähren ihre Nach¬
kommen — aber wer kümmert sich um alle die Pracht und Herrlichkeit, wer
sieht danach? Nur der Krumcmo, der etwas Holz für die Küche der Faktorei
schlägt. — Innerhalb der Faktorei ist kein Grün zu sehen, nur dem Wohnhaus
gegenüber am Fluß steht eine schlanke Oelpalme (Mais guirisellsis), die einen
ganz absonderlichen Anblick bietet. Jedes einzelne Fiederblatt ist zerfasert und
aus mehreren derselben je ein Nest der Webervögel gebildet, so daß den


Grenzboten III. 1873. 3
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[0025] Oeffnungen umrahmt, und Eingang und Ausguck ist vollendet. Das Hans steht etwas erhöht auf einem etwa '/s Fuß hohen Lehm- oder Sandwall, um den dahinflnthenden Wassermengen der Regenzeit das Eindringen zu verwehren. Auf den höchsten Giebelbalken ruht in der Länge des Hauses eine lange mehr¬ fach gestützte Stange, anf welcher das Dach hängt. Es wird durch ein auf zahlreich nach den Wänden hinführenden Querbalken ruhendes Gitterwerk aus dünnen Gerten getragen und besteht ans Fiederpalmenwedeln, welche der Länge nach zusammengefaltet find und sich schindelartig decken. Soll das Haus dem Weißen als Wohnung dienen, so wird es durch eine Längenwand und mehrere Querwände in verschiedene Zimmer getheilt, von denen einige auch gedielt, d. h. mit rohbehauenen Brettern ausgelegt werden. Das eine bildet das Schlafzimmer, das andere einen Eßsalon, die übrigen, ungedielt, sind zu „Fetischen", Vorrathsräumen, bestimmt. Das Mobiliar ist mit einem roh gezimmerten, sehr breiten Bett, überhangen mit der Moskitaire aus dünnem Baumwollenstoff, einigen Stühlen, wackligen Tischen, einem Schrank, hölzernen Koffern und blechernen Kästen, um die „Werthsachen" gegen die Hanptbewohner des Baues, Ratten, Ameisen und Feuchtigkeit zu schützen, fertig. Die Mehrzahl dieser Meubles ist von Eingeborenen hergestellt, nicht ungeschickt in Anbetracht ihrer primitiven Werkzeuge. Von Komfort keine Spur, vielleicht besteht er kaum noch in der Erinnerung des Bewohners. Zur Linken und Rechten des dem Flußufer gegenüber errichteten Wohn¬ hauses, stehen ähnliche Hänser, die als Wciaremncigazine benützt werden. In der Nähe findet sich eine kleine Anzahl niedriger Hütten, der Tschimbeks sür die- Krumanos oder Sklaven, und der nahe am Ufer aus einem berußten Häuschen aufsteigende Rauch zeigt die Küche an. Einige Viehumzäunnngen stehen leer und selbst ein schwarzer Borstenträger, der doch sonst selten fehlt ist nicht vorhanden. So trift aber das Gehöft selbst ist, so herrlich prangt seine Umgebung. Da reiht sich im Halbrund um die Niederlassung Stamm an Stamm zum mächtigen Urwald, der seine mannigfachen Blatt- und Blüthen- fvrmen bis in die Fluth des Stromes hinabsendet. Umsonst sproßt und wächst es dort immerdar und unaufhörlich, die Blumen erblühen und welken, die Früchte reifen und fallen, die Stämme wachsen, modern und nähren ihre Nach¬ kommen — aber wer kümmert sich um alle die Pracht und Herrlichkeit, wer sieht danach? Nur der Krumcmo, der etwas Holz für die Küche der Faktorei schlägt. — Innerhalb der Faktorei ist kein Grün zu sehen, nur dem Wohnhaus gegenüber am Fluß steht eine schlanke Oelpalme (Mais guirisellsis), die einen ganz absonderlichen Anblick bietet. Jedes einzelne Fiederblatt ist zerfasert und aus mehreren derselben je ein Nest der Webervögel gebildet, so daß den Grenzboten III. 1873. 3

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/25>, abgerufen am 22.07.2024.