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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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überaus heiterer Stimmung. Sowie ein Dhow angefüllt war, erhielt der
Kapitän Befehl, weiter ab von der Küste zu ankern und auf das Signal zum
Absegeln zu warten. Am 12. Novbr. (1874) Nachm. 5 Uhr hatten 224 Mann
beim Namensaufruf geantwortet und waren auf fünf arabische Schiffe ver¬
theilt worden. Das sechste ankerte noch dicht am Lande. Es sollte Stanley
selbst, Fredrick Barker, ihr Gepäck und die Hunde aufnehmen. Nun folgten
die letzten Abschiedsworte zwischen Stanley und Augustus Sparhawk, nachdem
schon vorher die gesammten übrigen Spitzen der europäischen Kolonie, wie der
arabischen und Hindu-Gesellschaft von Zanzibar von Stanley den freundlichsten
Abschied genommen. Die beiden Männer schieden vor überströmenden Gefühl
in fast vollständigem Schweigen. Dann ein Wink von Stanley's Hand, und
die Anker wurden aufgewunden und in den Schiffen niedergelegt; "darauf unsre
lateinischen Segel aufhissend, fuhren wir westwärts, um uns in die Arme des
Glücks zu werfen. Viel Schwenken von Tüchern und Hüten, viele von weißen
Händen gegebenen Abschiedssiguale und letzte auf die weißen Gesichter der
Freunde lange geheftete Blicke; schließlich sich verwirrende Bilder der Figuren¬
gruppen unsrer Freunde am Strande, und dann hatte uns der kühle Abend-
wind über den Bereich des sinnlichen Erkennens hinaus mitten in die See hin¬
weggeweht. Die Sonne sinkt schnell zum westlichen Horizont hinab und
düster ist die Dämmerung, welche bald in immer tieferes Dunkel übergeht.
Dichter Schatten fällt auf das ferne Land und über die schweigende See und
legt sich auch drückend auf unser klopfendes, mit Wehmuth erfülltes Herz,
während wir durch das hinsterbende Licht nach dem dunkeln Kontinent hin¬
übergleiten."




Die Hebietsveränderungen auf der Ballianljalbinj'el nach
dem Berliner Frieden.

Der Kampf um's Dasein, der im Völkerleben wie in der Natur gilt, hat
wieder einmal ans der Balkanhalbinsel feine Rolle gespielt. Die Anfsananug
und Vernichtung schwächerer Volker durch geistig überlegene, der fortdauernde
Umwcmdlungs- und Vernichtnngsproeeß nimmt dort seinen Fortgang. Wieder,
wie 1853, führte Nußland für feine "unerträglich bedrückten Glaubensgenossen",
für die "slavisch-griechischen Rcijcch", Krieg, und wurde ihm anch durch England
ein Theil der Siegespalme entrissen, so sehen wir doch in dem Erreichten


überaus heiterer Stimmung. Sowie ein Dhow angefüllt war, erhielt der
Kapitän Befehl, weiter ab von der Küste zu ankern und auf das Signal zum
Absegeln zu warten. Am 12. Novbr. (1874) Nachm. 5 Uhr hatten 224 Mann
beim Namensaufruf geantwortet und waren auf fünf arabische Schiffe ver¬
theilt worden. Das sechste ankerte noch dicht am Lande. Es sollte Stanley
selbst, Fredrick Barker, ihr Gepäck und die Hunde aufnehmen. Nun folgten
die letzten Abschiedsworte zwischen Stanley und Augustus Sparhawk, nachdem
schon vorher die gesammten übrigen Spitzen der europäischen Kolonie, wie der
arabischen und Hindu-Gesellschaft von Zanzibar von Stanley den freundlichsten
Abschied genommen. Die beiden Männer schieden vor überströmenden Gefühl
in fast vollständigem Schweigen. Dann ein Wink von Stanley's Hand, und
die Anker wurden aufgewunden und in den Schiffen niedergelegt; „darauf unsre
lateinischen Segel aufhissend, fuhren wir westwärts, um uns in die Arme des
Glücks zu werfen. Viel Schwenken von Tüchern und Hüten, viele von weißen
Händen gegebenen Abschiedssiguale und letzte auf die weißen Gesichter der
Freunde lange geheftete Blicke; schließlich sich verwirrende Bilder der Figuren¬
gruppen unsrer Freunde am Strande, und dann hatte uns der kühle Abend-
wind über den Bereich des sinnlichen Erkennens hinaus mitten in die See hin¬
weggeweht. Die Sonne sinkt schnell zum westlichen Horizont hinab und
düster ist die Dämmerung, welche bald in immer tieferes Dunkel übergeht.
Dichter Schatten fällt auf das ferne Land und über die schweigende See und
legt sich auch drückend auf unser klopfendes, mit Wehmuth erfülltes Herz,
während wir durch das hinsterbende Licht nach dem dunkeln Kontinent hin¬
übergleiten."




Die Hebietsveränderungen auf der Ballianljalbinj'el nach
dem Berliner Frieden.

Der Kampf um's Dasein, der im Völkerleben wie in der Natur gilt, hat
wieder einmal ans der Balkanhalbinsel feine Rolle gespielt. Die Anfsananug
und Vernichtung schwächerer Volker durch geistig überlegene, der fortdauernde
Umwcmdlungs- und Vernichtnngsproeeß nimmt dort seinen Fortgang. Wieder,
wie 1853, führte Nußland für feine „unerträglich bedrückten Glaubensgenossen",
für die „slavisch-griechischen Rcijcch", Krieg, und wurde ihm anch durch England
ein Theil der Siegespalme entrissen, so sehen wir doch in dem Erreichten


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[0240] überaus heiterer Stimmung. Sowie ein Dhow angefüllt war, erhielt der Kapitän Befehl, weiter ab von der Küste zu ankern und auf das Signal zum Absegeln zu warten. Am 12. Novbr. (1874) Nachm. 5 Uhr hatten 224 Mann beim Namensaufruf geantwortet und waren auf fünf arabische Schiffe ver¬ theilt worden. Das sechste ankerte noch dicht am Lande. Es sollte Stanley selbst, Fredrick Barker, ihr Gepäck und die Hunde aufnehmen. Nun folgten die letzten Abschiedsworte zwischen Stanley und Augustus Sparhawk, nachdem schon vorher die gesammten übrigen Spitzen der europäischen Kolonie, wie der arabischen und Hindu-Gesellschaft von Zanzibar von Stanley den freundlichsten Abschied genommen. Die beiden Männer schieden vor überströmenden Gefühl in fast vollständigem Schweigen. Dann ein Wink von Stanley's Hand, und die Anker wurden aufgewunden und in den Schiffen niedergelegt; „darauf unsre lateinischen Segel aufhissend, fuhren wir westwärts, um uns in die Arme des Glücks zu werfen. Viel Schwenken von Tüchern und Hüten, viele von weißen Händen gegebenen Abschiedssiguale und letzte auf die weißen Gesichter der Freunde lange geheftete Blicke; schließlich sich verwirrende Bilder der Figuren¬ gruppen unsrer Freunde am Strande, und dann hatte uns der kühle Abend- wind über den Bereich des sinnlichen Erkennens hinaus mitten in die See hin¬ weggeweht. Die Sonne sinkt schnell zum westlichen Horizont hinab und düster ist die Dämmerung, welche bald in immer tieferes Dunkel übergeht. Dichter Schatten fällt auf das ferne Land und über die schweigende See und legt sich auch drückend auf unser klopfendes, mit Wehmuth erfülltes Herz, während wir durch das hinsterbende Licht nach dem dunkeln Kontinent hin¬ übergleiten." Die Hebietsveränderungen auf der Ballianljalbinj'el nach dem Berliner Frieden. Der Kampf um's Dasein, der im Völkerleben wie in der Natur gilt, hat wieder einmal ans der Balkanhalbinsel feine Rolle gespielt. Die Anfsananug und Vernichtung schwächerer Volker durch geistig überlegene, der fortdauernde Umwcmdlungs- und Vernichtnngsproeeß nimmt dort seinen Fortgang. Wieder, wie 1853, führte Nußland für feine „unerträglich bedrückten Glaubensgenossen", für die „slavisch-griechischen Rcijcch", Krieg, und wurde ihm anch durch England ein Theil der Siegespalme entrissen, so sehen wir doch in dem Erreichten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/240>, abgerufen am 22.07.2024.