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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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denn das Nationalgewand, die Toga, durfte eben nur der Bürger, nur der
Freie tragen. Keinem Nichtrömer war die Toga gestattet; für den Römer
dagegen galt es, wenigstens in der früheren Zeit als unschicklich, ohne dieselbe in
der Stadt zu erscheinen. Das leichte, bequeme Hauskleid aber und zugleich
der eigentliche Waffenrock der Soldaten ist die tunioa,, welche dem grie¬
chischen Chiton entspricht und in früher Zeit ärmellos war. Bei kalter Witte¬
rung trug mau mehrere Tuniken übereinander. Als Soldatenmantel diente
das MiZ-um oder s^uwiri, ein Schulterüberwurf aus dichtem Wollengewebe,
der die Arme frei ließ und den Körper nur mäßig bedeckte."1 Die Anführer
trugen größere Mäntel, welche bei den Feldherrn purpurn gefärbt waren. Ein
solcher längerer Mantel hieß xüIüäÄirlgnwiu. Die Schenkel pflegte man,
etruskischen Vorbilde folgend, mit Binden (eg,seig,s) zu umwickeln, wenigstens
bei kalter Witterung; denn daß es nicht immer geschah, beweisen die in Deutsch¬
land gefundenen Grabsteine römischer Krieger, aus denen die Beine unbekleidet
erscheinen. In der späteren Zeit, als die nordischen Feldzüge sich so häufig
wiederholten, wurden die bis dahin als barbarisch verschrieenen Beinkleider
(lWLLg,s) eingeführt: erst nur enge Kniehosen, dann lange eigentliche Pluder¬
hosen.

Die starken Soldatenschuhe (eW^-w) waren mit einem bis zur Wade
ausreichenden Riemengeflecht versehen und mit tüchtigen Nägeln beschlagen.
Sie glichen also den "Bundschuhen" des Mittelalters. Juvenal rechnet es
unter die ärgsten Unannehmlichkeiten des römischen Straßengetümmels, wenn
die Zehen unfreiwillige Bekanntschaft mit dem Schuhwerke eines Kriegers
machen müßten.

Das älteste und gemeinste Stück der Schutzrüstung, welches sich von
den frühesten bis zu den spätesten Zeiten erhalten zu haben scheint, ist die
lörios., der Lederpanzer: bei den einen ein eng anliegender Koller von starkem,
doch schmiegsamen Leder, bei den andern aus beweglichen Schienen oder Riemen
von gebranntem Sohlleder zusammengefügt. I-vriLs. heißt wörtlich Riemenwerk.
Die Riemen bildeten ein Leibstück und zwei Schulterstücke, und unterhalb des
ersteren wurde in der Herzgegend ein Eisenblech von ^ Fuß Höhe und Breite
angebracht, welches Polybios mit dem Ausdrucke x^alö^^ bezeichnet.**)
Unzweifelhaft haben sich jedoch die ehernen Schutz Waffen der Etrusker
auch bei den Römern schon früh eingebürgert. Vermuthlich trugen die Hopliten
der servianischen Klassenlegion einen dem altgriechischen Thorax entsprechenden
Brust- und Rückenharnisch, der nach der Muskulatur des Körpers gearbeitet




*) Müller: Etrusker I. 264.
*") ?o1?d. 6, 23, 14.

denn das Nationalgewand, die Toga, durfte eben nur der Bürger, nur der
Freie tragen. Keinem Nichtrömer war die Toga gestattet; für den Römer
dagegen galt es, wenigstens in der früheren Zeit als unschicklich, ohne dieselbe in
der Stadt zu erscheinen. Das leichte, bequeme Hauskleid aber und zugleich
der eigentliche Waffenrock der Soldaten ist die tunioa,, welche dem grie¬
chischen Chiton entspricht und in früher Zeit ärmellos war. Bei kalter Witte¬
rung trug mau mehrere Tuniken übereinander. Als Soldatenmantel diente
das MiZ-um oder s^uwiri, ein Schulterüberwurf aus dichtem Wollengewebe,
der die Arme frei ließ und den Körper nur mäßig bedeckte."1 Die Anführer
trugen größere Mäntel, welche bei den Feldherrn purpurn gefärbt waren. Ein
solcher längerer Mantel hieß xüIüäÄirlgnwiu. Die Schenkel pflegte man,
etruskischen Vorbilde folgend, mit Binden (eg,seig,s) zu umwickeln, wenigstens
bei kalter Witterung; denn daß es nicht immer geschah, beweisen die in Deutsch¬
land gefundenen Grabsteine römischer Krieger, aus denen die Beine unbekleidet
erscheinen. In der späteren Zeit, als die nordischen Feldzüge sich so häufig
wiederholten, wurden die bis dahin als barbarisch verschrieenen Beinkleider
(lWLLg,s) eingeführt: erst nur enge Kniehosen, dann lange eigentliche Pluder¬
hosen.

Die starken Soldatenschuhe (eW^-w) waren mit einem bis zur Wade
ausreichenden Riemengeflecht versehen und mit tüchtigen Nägeln beschlagen.
Sie glichen also den „Bundschuhen" des Mittelalters. Juvenal rechnet es
unter die ärgsten Unannehmlichkeiten des römischen Straßengetümmels, wenn
die Zehen unfreiwillige Bekanntschaft mit dem Schuhwerke eines Kriegers
machen müßten.

Das älteste und gemeinste Stück der Schutzrüstung, welches sich von
den frühesten bis zu den spätesten Zeiten erhalten zu haben scheint, ist die
lörios., der Lederpanzer: bei den einen ein eng anliegender Koller von starkem,
doch schmiegsamen Leder, bei den andern aus beweglichen Schienen oder Riemen
von gebranntem Sohlleder zusammengefügt. I-vriLs. heißt wörtlich Riemenwerk.
Die Riemen bildeten ein Leibstück und zwei Schulterstücke, und unterhalb des
ersteren wurde in der Herzgegend ein Eisenblech von ^ Fuß Höhe und Breite
angebracht, welches Polybios mit dem Ausdrucke x^alö^^ bezeichnet.**)
Unzweifelhaft haben sich jedoch die ehernen Schutz Waffen der Etrusker
auch bei den Römern schon früh eingebürgert. Vermuthlich trugen die Hopliten
der servianischen Klassenlegion einen dem altgriechischen Thorax entsprechenden
Brust- und Rückenharnisch, der nach der Muskulatur des Körpers gearbeitet




*) Müller: Etrusker I. 264.
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[0211] denn das Nationalgewand, die Toga, durfte eben nur der Bürger, nur der Freie tragen. Keinem Nichtrömer war die Toga gestattet; für den Römer dagegen galt es, wenigstens in der früheren Zeit als unschicklich, ohne dieselbe in der Stadt zu erscheinen. Das leichte, bequeme Hauskleid aber und zugleich der eigentliche Waffenrock der Soldaten ist die tunioa,, welche dem grie¬ chischen Chiton entspricht und in früher Zeit ärmellos war. Bei kalter Witte¬ rung trug mau mehrere Tuniken übereinander. Als Soldatenmantel diente das MiZ-um oder s^uwiri, ein Schulterüberwurf aus dichtem Wollengewebe, der die Arme frei ließ und den Körper nur mäßig bedeckte."1 Die Anführer trugen größere Mäntel, welche bei den Feldherrn purpurn gefärbt waren. Ein solcher längerer Mantel hieß xüIüäÄirlgnwiu. Die Schenkel pflegte man, etruskischen Vorbilde folgend, mit Binden (eg,seig,s) zu umwickeln, wenigstens bei kalter Witterung; denn daß es nicht immer geschah, beweisen die in Deutsch¬ land gefundenen Grabsteine römischer Krieger, aus denen die Beine unbekleidet erscheinen. In der späteren Zeit, als die nordischen Feldzüge sich so häufig wiederholten, wurden die bis dahin als barbarisch verschrieenen Beinkleider (lWLLg,s) eingeführt: erst nur enge Kniehosen, dann lange eigentliche Pluder¬ hosen. Die starken Soldatenschuhe (eW^-w) waren mit einem bis zur Wade ausreichenden Riemengeflecht versehen und mit tüchtigen Nägeln beschlagen. Sie glichen also den „Bundschuhen" des Mittelalters. Juvenal rechnet es unter die ärgsten Unannehmlichkeiten des römischen Straßengetümmels, wenn die Zehen unfreiwillige Bekanntschaft mit dem Schuhwerke eines Kriegers machen müßten. Das älteste und gemeinste Stück der Schutzrüstung, welches sich von den frühesten bis zu den spätesten Zeiten erhalten zu haben scheint, ist die lörios., der Lederpanzer: bei den einen ein eng anliegender Koller von starkem, doch schmiegsamen Leder, bei den andern aus beweglichen Schienen oder Riemen von gebranntem Sohlleder zusammengefügt. I-vriLs. heißt wörtlich Riemenwerk. Die Riemen bildeten ein Leibstück und zwei Schulterstücke, und unterhalb des ersteren wurde in der Herzgegend ein Eisenblech von ^ Fuß Höhe und Breite angebracht, welches Polybios mit dem Ausdrucke x^alö^^ bezeichnet.**) Unzweifelhaft haben sich jedoch die ehernen Schutz Waffen der Etrusker auch bei den Römern schon früh eingebürgert. Vermuthlich trugen die Hopliten der servianischen Klassenlegion einen dem altgriechischen Thorax entsprechenden Brust- und Rückenharnisch, der nach der Muskulatur des Körpers gearbeitet *) Müller: Etrusker I. 264. *») ?o1?d. 6, 23, 14.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/211>, abgerufen am 22.07.2024.