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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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seinen scharf charakterisirelrdeu Pinsel den kriegerischen Ereignissen von 1870
und 1871 zu widmen. Auf dem Marsfelde sind nicht "veniger als siebzehn
Bilder von seiner Hand ausgestellt, ein Schauspiel, das so blendend ist, daß
man sich seiner bestrickenden Wirkung nicht entziehen kann. Unter ihnen sind
fünf deu Erinnerungen an die napoleonischen Kriege gewidmet. Man weiß,
daß Meissonier flach und aufgeblasen wird, sobald er bei seinen Bildern über
einen gewissen Maßstab hinausgeht. Während z. B. eine Husarenvedette, die
auf einem dicht mit Schnee bedeckten Hügel hält -- es sind kann: spannen¬
lange Figürchen -- alle glänzenden Eigenschaften des Meisters enthält, Leben¬
digkeit und Schürfe der Charakteristik, Genauigkeit des Details, emailartige
Behandlung der Figuren, die sich kräftig von dem Fonds abheben, ist ein um
das Doppelte größeres, fignrenreiches Gemälde, auf dein eine Kürassierabthei¬
lung in Erwartung eines Kommandos dargestellt ist, fade und ausdruckslos.
Es scheint, als konnte der große Kleinmaler mehr als fünf oder sechs Personen
auf einmal nicht bewältigen. Das Mittelalter, die Renaissance und das vorige
Jahrhundert siud Gebiete, auf denen er mit ungleich größerem Glück operirt.
Er kommt fast niemals von seinen historischen Exkursionen heim, ohne einen
Treffer mitzubringen. So ist z. B. eine Szene ans einem Kasernenhofe --
ein Tintoretto malt das Porträt eines Sergeanten -- mit seinem, köstlichem
Humor und in den Details der Uniformen und Waffen mit jener urkundlichen
Treue geschildert, auf die Meissouier nicht wenig stolz ist. Ein Porträt
Alexander Dumas', welches den gefeierten Schriftsteller an feinem Schreibtische
sitzend in ganzer Figur darstellt, soll, wie von denen versichert wird, welche
die Ehre haben, den Autor der DsM-monÄs persönlich zu kennen, dem geisti¬
gen Ausdruck und der liebenswürdigen Bonhommie des Originals nicht gleich¬
kommen.




Literatur.
Baedeker's Tirol, Südbaicrn, Salzburg :c. ist soeben in achtzehnter Auflage,
wesentlich erweitert, ausgegeben worden. (Leipzig, Verlag von Karl Baedeker, 1878.)

Der Verfasser hat die beschriebenen Gegenden, um diese neue Auflage zu ver¬
anstalten, in den letzten Jahren wiederholt selbst bereist. Durch schriftliche Mitthei¬
lungen wohlwollender sachkundiger Freunde ist die Nichtigkeit der eigenen Angaben
verstärkt und ergänzt worden. Die Auzcchl der Karten ist auf einundzwanzig ge¬
stiegen, d. h. um drei gegen die frühere Auflage vermehrt worden. Eine Reihe
weiterer Blätter, welche das Netz der deutsch-österreichischen Alpen zum Ab¬
schluß bringen werdeu, ist in Vorbereitung. So ist das Buch deutschen Tirol-


seinen scharf charakterisirelrdeu Pinsel den kriegerischen Ereignissen von 1870
und 1871 zu widmen. Auf dem Marsfelde sind nicht »veniger als siebzehn
Bilder von seiner Hand ausgestellt, ein Schauspiel, das so blendend ist, daß
man sich seiner bestrickenden Wirkung nicht entziehen kann. Unter ihnen sind
fünf deu Erinnerungen an die napoleonischen Kriege gewidmet. Man weiß,
daß Meissonier flach und aufgeblasen wird, sobald er bei seinen Bildern über
einen gewissen Maßstab hinausgeht. Während z. B. eine Husarenvedette, die
auf einem dicht mit Schnee bedeckten Hügel hält — es sind kann: spannen¬
lange Figürchen — alle glänzenden Eigenschaften des Meisters enthält, Leben¬
digkeit und Schürfe der Charakteristik, Genauigkeit des Details, emailartige
Behandlung der Figuren, die sich kräftig von dem Fonds abheben, ist ein um
das Doppelte größeres, fignrenreiches Gemälde, auf dein eine Kürassierabthei¬
lung in Erwartung eines Kommandos dargestellt ist, fade und ausdruckslos.
Es scheint, als konnte der große Kleinmaler mehr als fünf oder sechs Personen
auf einmal nicht bewältigen. Das Mittelalter, die Renaissance und das vorige
Jahrhundert siud Gebiete, auf denen er mit ungleich größerem Glück operirt.
Er kommt fast niemals von seinen historischen Exkursionen heim, ohne einen
Treffer mitzubringen. So ist z. B. eine Szene ans einem Kasernenhofe —
ein Tintoretto malt das Porträt eines Sergeanten — mit seinem, köstlichem
Humor und in den Details der Uniformen und Waffen mit jener urkundlichen
Treue geschildert, auf die Meissouier nicht wenig stolz ist. Ein Porträt
Alexander Dumas', welches den gefeierten Schriftsteller an feinem Schreibtische
sitzend in ganzer Figur darstellt, soll, wie von denen versichert wird, welche
die Ehre haben, den Autor der DsM-monÄs persönlich zu kennen, dem geisti¬
gen Ausdruck und der liebenswürdigen Bonhommie des Originals nicht gleich¬
kommen.




Literatur.
Baedeker's Tirol, Südbaicrn, Salzburg :c. ist soeben in achtzehnter Auflage,
wesentlich erweitert, ausgegeben worden. (Leipzig, Verlag von Karl Baedeker, 1878.)

Der Verfasser hat die beschriebenen Gegenden, um diese neue Auflage zu ver¬
anstalten, in den letzten Jahren wiederholt selbst bereist. Durch schriftliche Mitthei¬
lungen wohlwollender sachkundiger Freunde ist die Nichtigkeit der eigenen Angaben
verstärkt und ergänzt worden. Die Auzcchl der Karten ist auf einundzwanzig ge¬
stiegen, d. h. um drei gegen die frühere Auflage vermehrt worden. Eine Reihe
weiterer Blätter, welche das Netz der deutsch-österreichischen Alpen zum Ab¬
schluß bringen werdeu, ist in Vorbereitung. So ist das Buch deutschen Tirol-


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[0207] seinen scharf charakterisirelrdeu Pinsel den kriegerischen Ereignissen von 1870 und 1871 zu widmen. Auf dem Marsfelde sind nicht »veniger als siebzehn Bilder von seiner Hand ausgestellt, ein Schauspiel, das so blendend ist, daß man sich seiner bestrickenden Wirkung nicht entziehen kann. Unter ihnen sind fünf deu Erinnerungen an die napoleonischen Kriege gewidmet. Man weiß, daß Meissonier flach und aufgeblasen wird, sobald er bei seinen Bildern über einen gewissen Maßstab hinausgeht. Während z. B. eine Husarenvedette, die auf einem dicht mit Schnee bedeckten Hügel hält — es sind kann: spannen¬ lange Figürchen — alle glänzenden Eigenschaften des Meisters enthält, Leben¬ digkeit und Schürfe der Charakteristik, Genauigkeit des Details, emailartige Behandlung der Figuren, die sich kräftig von dem Fonds abheben, ist ein um das Doppelte größeres, fignrenreiches Gemälde, auf dein eine Kürassierabthei¬ lung in Erwartung eines Kommandos dargestellt ist, fade und ausdruckslos. Es scheint, als konnte der große Kleinmaler mehr als fünf oder sechs Personen auf einmal nicht bewältigen. Das Mittelalter, die Renaissance und das vorige Jahrhundert siud Gebiete, auf denen er mit ungleich größerem Glück operirt. Er kommt fast niemals von seinen historischen Exkursionen heim, ohne einen Treffer mitzubringen. So ist z. B. eine Szene ans einem Kasernenhofe — ein Tintoretto malt das Porträt eines Sergeanten — mit seinem, köstlichem Humor und in den Details der Uniformen und Waffen mit jener urkundlichen Treue geschildert, auf die Meissouier nicht wenig stolz ist. Ein Porträt Alexander Dumas', welches den gefeierten Schriftsteller an feinem Schreibtische sitzend in ganzer Figur darstellt, soll, wie von denen versichert wird, welche die Ehre haben, den Autor der DsM-monÄs persönlich zu kennen, dem geisti¬ gen Ausdruck und der liebenswürdigen Bonhommie des Originals nicht gleich¬ kommen. Literatur. Baedeker's Tirol, Südbaicrn, Salzburg :c. ist soeben in achtzehnter Auflage, wesentlich erweitert, ausgegeben worden. (Leipzig, Verlag von Karl Baedeker, 1878.) Der Verfasser hat die beschriebenen Gegenden, um diese neue Auflage zu ver¬ anstalten, in den letzten Jahren wiederholt selbst bereist. Durch schriftliche Mitthei¬ lungen wohlwollender sachkundiger Freunde ist die Nichtigkeit der eigenen Angaben verstärkt und ergänzt worden. Die Auzcchl der Karten ist auf einundzwanzig ge¬ stiegen, d. h. um drei gegen die frühere Auflage vermehrt worden. Eine Reihe weiterer Blätter, welche das Netz der deutsch-österreichischen Alpen zum Ab¬ schluß bringen werdeu, ist in Vorbereitung. So ist das Buch deutschen Tirol-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/207>, abgerufen am 22.07.2024.