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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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die Zucht des Schifferlebens. Der römische Legivnar genoß indessen darüber
hinaus noch des Segens einer großen, Sieg- und ehrenreichen Kameradschaft.
-- Wie die Legion auf die Comitien, so wirkten diese aber anch auf jene.
Unter der eisernen Ruthe der Disziplin blieb der Legionär doch immer der
souveräne Manu, dessen Stimme daheim eben deshalb von Gewicht war, weil
er die Ehre und die Mittel hatte, in der Elitetruppe Italien's zu stehen.*)

Uebrigens gewährte nicht nur die Einsicht der Comitien, sondern auch die
Herkunft der Tribunen Bürgschaft für die Tüchtigkeit der Führung der
römischen Legionen. Die Stabsoffiziere wurden nämlich grundsätzlich
nur aus dem Stande der Senatoren und Ritter gewählt. Und
zwar war es Vorschrift, daß von den tri.bli.tu lliiliwill a voviüo, d. h. von
den 24 Tribunen der vier ersten Legionen, 14 aus solchen Personen gewählt
werden mußten, welche fünf, 10 aber aus solchen, welche zehn Feldzüge mit¬
gemacht hatten/*) und nicht selten fanden sich unter den Tribunen Männer,
welche die höchsten Staatsämter, die Aedilität, die Prätur und das Konsulat
bekleidet hatten. -- Daß die Stabsoffiziere der außerordentlichen Legionen, die
vom Consul ernannt und zum Unterschiede von den gewählten als tridiilli
illWllill rutiili bezeichnet wurden,***) gewiß erprobte Männer aus gutem Hause
waren, dafür spricht der gesunde Sinn, welcher die Behörden des damaligen
Rom so merkwürdig auszeichnete. -- Da nun die Senatoren und Ritter jener
Zeit die Blüthe der Intelligenz, das konservative Interesse der Besitzenden und
die historische Würde angestammten Adels in ihren Reihen vereinigten, so er¬
scheint die Führung des bewaffneten Volkes durch sie ebenso naturgemäß wie
gesichert.

Man begreift das Uebergewicht, welches eine solche Heeresverfassnng den
Römern geben mußte, wenn man sich vergegenwärtigt, wie die meisten Völker,
mit denen sie in Italien kriegerisch zusammentrafen, weit entfernt von der
bürgerlichen Mannhaftigkeit Roms, mehr oder minder dem Söldnerwesen hul¬
digten. Zuerst hatte es sich um die Campaner gehandelt. Den Griechen gleich
hatte das üppige pelasgische Capua seine Seele in doppelter Weise dem Söld-
nerthnm verkauft. Während es selbst sich nicht zu bergen wußte vor den
Angriffen der Scunniter, strömte seine streitbare Jugend goldgierig nach Sizilien,
um dort den griechischen Tyrannen Solddienst zu thun, und die Campaner
mußten Fremde werben, um uur fechten zu können. -- Selbst die Samniter,
obgleich an kampffähigen Männern reicher als an Geld, bedienten sich in ihren





*) Nitzsch: Das Verhältniß von Heer und Staat in der römischen Republik. (Sybel's
histor. Zeitschrift. Bd. 7).
**) Polybios 6, 19, 1.
5**) Marquard II. S. 3S4.

die Zucht des Schifferlebens. Der römische Legivnar genoß indessen darüber
hinaus noch des Segens einer großen, Sieg- und ehrenreichen Kameradschaft.
— Wie die Legion auf die Comitien, so wirkten diese aber anch auf jene.
Unter der eisernen Ruthe der Disziplin blieb der Legionär doch immer der
souveräne Manu, dessen Stimme daheim eben deshalb von Gewicht war, weil
er die Ehre und die Mittel hatte, in der Elitetruppe Italien's zu stehen.*)

Uebrigens gewährte nicht nur die Einsicht der Comitien, sondern auch die
Herkunft der Tribunen Bürgschaft für die Tüchtigkeit der Führung der
römischen Legionen. Die Stabsoffiziere wurden nämlich grundsätzlich
nur aus dem Stande der Senatoren und Ritter gewählt. Und
zwar war es Vorschrift, daß von den tri.bli.tu lliiliwill a voviüo, d. h. von
den 24 Tribunen der vier ersten Legionen, 14 aus solchen Personen gewählt
werden mußten, welche fünf, 10 aber aus solchen, welche zehn Feldzüge mit¬
gemacht hatten/*) und nicht selten fanden sich unter den Tribunen Männer,
welche die höchsten Staatsämter, die Aedilität, die Prätur und das Konsulat
bekleidet hatten. — Daß die Stabsoffiziere der außerordentlichen Legionen, die
vom Consul ernannt und zum Unterschiede von den gewählten als tridiilli
illWllill rutiili bezeichnet wurden,***) gewiß erprobte Männer aus gutem Hause
waren, dafür spricht der gesunde Sinn, welcher die Behörden des damaligen
Rom so merkwürdig auszeichnete. — Da nun die Senatoren und Ritter jener
Zeit die Blüthe der Intelligenz, das konservative Interesse der Besitzenden und
die historische Würde angestammten Adels in ihren Reihen vereinigten, so er¬
scheint die Führung des bewaffneten Volkes durch sie ebenso naturgemäß wie
gesichert.

Man begreift das Uebergewicht, welches eine solche Heeresverfassnng den
Römern geben mußte, wenn man sich vergegenwärtigt, wie die meisten Völker,
mit denen sie in Italien kriegerisch zusammentrafen, weit entfernt von der
bürgerlichen Mannhaftigkeit Roms, mehr oder minder dem Söldnerwesen hul¬
digten. Zuerst hatte es sich um die Campaner gehandelt. Den Griechen gleich
hatte das üppige pelasgische Capua seine Seele in doppelter Weise dem Söld-
nerthnm verkauft. Während es selbst sich nicht zu bergen wußte vor den
Angriffen der Scunniter, strömte seine streitbare Jugend goldgierig nach Sizilien,
um dort den griechischen Tyrannen Solddienst zu thun, und die Campaner
mußten Fremde werben, um uur fechten zu können. — Selbst die Samniter,
obgleich an kampffähigen Männern reicher als an Geld, bedienten sich in ihren





*) Nitzsch: Das Verhältniß von Heer und Staat in der römischen Republik. (Sybel's
histor. Zeitschrift. Bd. 7).
**) Polybios 6, 19, 1.
5**) Marquard II. S. 3S4.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/142>, abgerufen am 22.07.2024.