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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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schreibt eigenhändig unter sein Stanley geschenktes Bild: ^lit.i'sxiäo
viaMmtoro Dnrico Ltemle^ vintiorw Rh". Der Khedive von Egypten ver¬
leiht das große Commandenrkreuz seines höchsten Ordens. Der Prinz von
Wales geizt nicht mit seiner persönlichen Anerkennung des großen Erfolges
Stanley's. Geographische Gesellschaften, die Elite der Wissenschaft und Künste,
Handelskammern und das große gebildete Publikum wetteifern in Zeichen der
Anerkennung. Und dennoch stellt der Sohn des großen freien Amerika mit
Recht am höchsten unter all diesen Ehrenbezeugungen den offiziellen Beifall
seiner Negierung und das einstimmig in beiden Häusern des Kongresses der
Vereinigten Staaten angenommene Dankesvotum/ Wie jedoch der siegreiche
Führer in seinen Berichten immer am liebsten der heldenmüthigen verlorenen
Mitkämpfer gedenkt und auf die Ueberlebenden die anerkennende Bewunderung
zu lenken sucht, so auch Stanley. "Leider ist mir", sagt er, "um diesen Stolz
und diese Ehren zu theilen, kein einziger jener braven jungen Engländer übrig
geblieben, welche von diesem Lande auszogen, um quer durch den dunkeln Kon¬
tinent zu reisen, und welche mir durch ihre Treue und Zuneigung zu Herzens¬
freunden wurden; leider sind zum Genuß der entzückenden Freuden der Ruhe
unter theuren Freunden, nach monatelangen Kämpfen um das Leben unter
Kannibalen und auf Katarakten, auch nur so wenige von jenen braven Afri¬
kanern am Leben geblieben, welchen, als den dienstwilligen Händen und den
loyalen Herzen der Expedition, soviel vom Erfolge derselben zu verdanken ist."

Selten ist wohl eine Reise von dieser Wichtigkeit rascher beschlossen, vor¬
bereitet und angetreten worden, als diese.

Als Stanley im April 1874 aus dem Aschantikriege nach England zurück¬
kehrte, erreichte ihn die Nachricht von Livingstone's Tod. Die Hauptwirkung,
welche diese Nachricht auf Stanley hervorbrachte, war der feste Entschluß, dessen
Werk zu vervollständigen und entweder der geographischen Wissenschaft zum
Opfer zu fallen oder die großen Aufgaben zu lösen, die Livingstone, Burton,
Speke, Grant ungelöst hinterlassen: den gesammten Lauf des Großen Stromes
zu verfolgen und über alle Punkte, welche in ihren Entdeckungen noch proble¬
matisch und unvollständig geblieben, Licht zu verbreiten. Zu dieser Aufgabe
bereitete Stanley sich zunächst vor, indem er sich eine bedeutende Bibliothek über
Afrika anschasste, welche zur Geographie, Botanik, Geologie und Ethnologie
dieses Welttheils in enger Beziehung standen. Hundertunddreißig Werke dieser
Art durcharbeitete Stanley eifrig, mit dem Verständniß und Interesse eines
Reisenden, der den schwarzen Erdtheil schon viermal durchmessen hatte. Sein
Kopf wurde "förmlich zu einem Compendium afrikanischer Geographie". Er
kannte allmählig genau die Resultate, welche die afrikanischen Forscher bisher
gewonnen hatten und wußte auch, wie viel von dem dunkeln Innern Afrika's


Grenzboten Ul, 1878. Is

schreibt eigenhändig unter sein Stanley geschenktes Bild: ^lit.i'sxiäo
viaMmtoro Dnrico Ltemle^ vintiorw Rh". Der Khedive von Egypten ver¬
leiht das große Commandenrkreuz seines höchsten Ordens. Der Prinz von
Wales geizt nicht mit seiner persönlichen Anerkennung des großen Erfolges
Stanley's. Geographische Gesellschaften, die Elite der Wissenschaft und Künste,
Handelskammern und das große gebildete Publikum wetteifern in Zeichen der
Anerkennung. Und dennoch stellt der Sohn des großen freien Amerika mit
Recht am höchsten unter all diesen Ehrenbezeugungen den offiziellen Beifall
seiner Negierung und das einstimmig in beiden Häusern des Kongresses der
Vereinigten Staaten angenommene Dankesvotum/ Wie jedoch der siegreiche
Führer in seinen Berichten immer am liebsten der heldenmüthigen verlorenen
Mitkämpfer gedenkt und auf die Ueberlebenden die anerkennende Bewunderung
zu lenken sucht, so auch Stanley. „Leider ist mir", sagt er, „um diesen Stolz
und diese Ehren zu theilen, kein einziger jener braven jungen Engländer übrig
geblieben, welche von diesem Lande auszogen, um quer durch den dunkeln Kon¬
tinent zu reisen, und welche mir durch ihre Treue und Zuneigung zu Herzens¬
freunden wurden; leider sind zum Genuß der entzückenden Freuden der Ruhe
unter theuren Freunden, nach monatelangen Kämpfen um das Leben unter
Kannibalen und auf Katarakten, auch nur so wenige von jenen braven Afri¬
kanern am Leben geblieben, welchen, als den dienstwilligen Händen und den
loyalen Herzen der Expedition, soviel vom Erfolge derselben zu verdanken ist."

Selten ist wohl eine Reise von dieser Wichtigkeit rascher beschlossen, vor¬
bereitet und angetreten worden, als diese.

Als Stanley im April 1874 aus dem Aschantikriege nach England zurück¬
kehrte, erreichte ihn die Nachricht von Livingstone's Tod. Die Hauptwirkung,
welche diese Nachricht auf Stanley hervorbrachte, war der feste Entschluß, dessen
Werk zu vervollständigen und entweder der geographischen Wissenschaft zum
Opfer zu fallen oder die großen Aufgaben zu lösen, die Livingstone, Burton,
Speke, Grant ungelöst hinterlassen: den gesammten Lauf des Großen Stromes
zu verfolgen und über alle Punkte, welche in ihren Entdeckungen noch proble¬
matisch und unvollständig geblieben, Licht zu verbreiten. Zu dieser Aufgabe
bereitete Stanley sich zunächst vor, indem er sich eine bedeutende Bibliothek über
Afrika anschasste, welche zur Geographie, Botanik, Geologie und Ethnologie
dieses Welttheils in enger Beziehung standen. Hundertunddreißig Werke dieser
Art durcharbeitete Stanley eifrig, mit dem Verständniß und Interesse eines
Reisenden, der den schwarzen Erdtheil schon viermal durchmessen hatte. Sein
Kopf wurde „förmlich zu einem Compendium afrikanischer Geographie". Er
kannte allmählig genau die Resultate, welche die afrikanischen Forscher bisher
gewonnen hatten und wußte auch, wie viel von dem dunkeln Innern Afrika's


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/105>, abgerufen am 22.07.2024.