Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

verlor, so bildete sie doch noch immer eine auserlesene und dnrch ihr Fort¬
bestehen in Friedenstagen korporativ gefestigte Elitetruppe, welche auf den
Kampf zu Roß wie zu Fuß eingerichtet war. In solchem Sinne erscheint diese
Ritterschaft als erster Keim der sndsiclig., d. h. jener Gefechtsreserven, die
sich bei den Römern zu großer Konsequenz und Vollendung entwickelten, wäh¬
rend sie bei den Griechen niemals über die ersten Anfänge hinaus gediehen.*)

Den Oberbefehl über das ganze Heer führte der König selbst als
irmAistsr xoMli; den Befehl über die equitss und über die ebenfalls meist
außerhalb der eigentlichen Phalanx fechtenden Leichtbewaffneten führte der
ra^istvr sqnlwiQ. -- Zu jeder Legion gehörten 6 Stabsoffiziere, die triwuii
iräliwin, welche im Gegensatz zu allen andern römischen Magistraten auch
aus den Reihen der Plebejer ernannt werden konnten.

Der Zeit nach fällt die Ausgestaltung der servianischen Verfassung, auf
welcher das römische Heerwesen durch zwei volle Jahrhunderte beruhte, offenbar
zusammen mit dem Bau des neuen Mauerrings von Rom und der Anbahnung
seiner Hegemonie über Latium. Die Form dieser Vorherrschaft war die
eines Schutz- und Trutzbündnisses zwischen dem römischen Volke und der
ladinischen Eidgenossenschaft. Das Bund es he er sollte zu gleichen Theilen
ans Streitkräften beider Staaten gebildet werden, der Oberbefehl zwischen
Rom und Latium wechseln, Landerwerb und Bente gleich getheilt werden
(asquom tosäu,"). Trotz dieser Bestimmungen dürfte jedoch Rom auch damals
schon das Uebergewicht gehabt haben, wie es da, wo ein Staatenbund und
ein einheitlicher, noch dazu monarchischer Staat miteinander in dauernde Ver¬
bindung treten, dem letzteren gewöhnlich zuzufallen pflegt.^)

Der Geist Roms war zu jener Zeit bereits, ja wohl von jeher, ein aus¬
geprägt kriegerischer und eroberungssüchtiger, und diese Richtung des Volkes
spricht sich anch in seinen religiösen Anschauungen und Gebräuchen aus. Der
heiligste Dienst war der des Mars. Mars ist eines Stammes mit mors.
Der tödtende Gott wird als speerschwingender Vorkämpfer der Quinten ge¬
dacht; das ihm geheiligte Thier, der Wolf, ist das Wahrzeichen der römischen
Gemeinde. Das Fest des Kriegsgottes eröffnet am 1. März das ganze
Jahr; ein Pferderennen leitet den heiligen Marsmonat ein, und die Höhepunkte
desselben sind die Festtage des Schildschmiedens, des Waffentanzes und der
Drommetenweihe (14., 19. und 23. März). Diese Tage feiern zugleich den
Beginn der Kriegsjahreszeit, den Heeresaufbruch, und ihnen entspricht im




*) Köchly und Rüstow a, a, O.
Mommsen a. a. O.

verlor, so bildete sie doch noch immer eine auserlesene und dnrch ihr Fort¬
bestehen in Friedenstagen korporativ gefestigte Elitetruppe, welche auf den
Kampf zu Roß wie zu Fuß eingerichtet war. In solchem Sinne erscheint diese
Ritterschaft als erster Keim der sndsiclig., d. h. jener Gefechtsreserven, die
sich bei den Römern zu großer Konsequenz und Vollendung entwickelten, wäh¬
rend sie bei den Griechen niemals über die ersten Anfänge hinaus gediehen.*)

Den Oberbefehl über das ganze Heer führte der König selbst als
irmAistsr xoMli; den Befehl über die equitss und über die ebenfalls meist
außerhalb der eigentlichen Phalanx fechtenden Leichtbewaffneten führte der
ra^istvr sqnlwiQ. — Zu jeder Legion gehörten 6 Stabsoffiziere, die triwuii
iräliwin, welche im Gegensatz zu allen andern römischen Magistraten auch
aus den Reihen der Plebejer ernannt werden konnten.

Der Zeit nach fällt die Ausgestaltung der servianischen Verfassung, auf
welcher das römische Heerwesen durch zwei volle Jahrhunderte beruhte, offenbar
zusammen mit dem Bau des neuen Mauerrings von Rom und der Anbahnung
seiner Hegemonie über Latium. Die Form dieser Vorherrschaft war die
eines Schutz- und Trutzbündnisses zwischen dem römischen Volke und der
ladinischen Eidgenossenschaft. Das Bund es he er sollte zu gleichen Theilen
ans Streitkräften beider Staaten gebildet werden, der Oberbefehl zwischen
Rom und Latium wechseln, Landerwerb und Bente gleich getheilt werden
(asquom tosäu,»). Trotz dieser Bestimmungen dürfte jedoch Rom auch damals
schon das Uebergewicht gehabt haben, wie es da, wo ein Staatenbund und
ein einheitlicher, noch dazu monarchischer Staat miteinander in dauernde Ver¬
bindung treten, dem letzteren gewöhnlich zuzufallen pflegt.^)

Der Geist Roms war zu jener Zeit bereits, ja wohl von jeher, ein aus¬
geprägt kriegerischer und eroberungssüchtiger, und diese Richtung des Volkes
spricht sich anch in seinen religiösen Anschauungen und Gebräuchen aus. Der
heiligste Dienst war der des Mars. Mars ist eines Stammes mit mors.
Der tödtende Gott wird als speerschwingender Vorkämpfer der Quinten ge¬
dacht; das ihm geheiligte Thier, der Wolf, ist das Wahrzeichen der römischen
Gemeinde. Das Fest des Kriegsgottes eröffnet am 1. März das ganze
Jahr; ein Pferderennen leitet den heiligen Marsmonat ein, und die Höhepunkte
desselben sind die Festtage des Schildschmiedens, des Waffentanzes und der
Drommetenweihe (14., 19. und 23. März). Diese Tage feiern zugleich den
Beginn der Kriegsjahreszeit, den Heeresaufbruch, und ihnen entspricht im




*) Köchly und Rüstow a, a, O.
Mommsen a. a. O.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0101" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/140452"/>
          <p xml:id="ID_300" prev="#ID_299"> verlor, so bildete sie doch noch immer eine auserlesene und dnrch ihr Fort¬<lb/>
bestehen in Friedenstagen korporativ gefestigte Elitetruppe, welche auf den<lb/>
Kampf zu Roß wie zu Fuß eingerichtet war. In solchem Sinne erscheint diese<lb/>
Ritterschaft als erster Keim der sndsiclig., d. h. jener Gefechtsreserven, die<lb/>
sich bei den Römern zu großer Konsequenz und Vollendung entwickelten, wäh¬<lb/>
rend sie bei den Griechen niemals über die ersten Anfänge hinaus gediehen.*)</p><lb/>
          <p xml:id="ID_301"> Den Oberbefehl über das ganze Heer führte der König selbst als<lb/>
irmAistsr xoMli; den Befehl über die equitss und über die ebenfalls meist<lb/>
außerhalb der eigentlichen Phalanx fechtenden Leichtbewaffneten führte der<lb/>
ra^istvr sqnlwiQ. &#x2014; Zu jeder Legion gehörten 6 Stabsoffiziere, die triwuii<lb/>
iräliwin, welche im Gegensatz zu allen andern römischen Magistraten auch<lb/>
aus den Reihen der Plebejer ernannt werden konnten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_302"> Der Zeit nach fällt die Ausgestaltung der servianischen Verfassung, auf<lb/>
welcher das römische Heerwesen durch zwei volle Jahrhunderte beruhte, offenbar<lb/>
zusammen mit dem Bau des neuen Mauerrings von Rom und der Anbahnung<lb/>
seiner Hegemonie über Latium. Die Form dieser Vorherrschaft war die<lb/>
eines Schutz- und Trutzbündnisses zwischen dem römischen Volke und der<lb/>
ladinischen Eidgenossenschaft. Das Bund es he er sollte zu gleichen Theilen<lb/>
ans Streitkräften beider Staaten gebildet werden, der Oberbefehl zwischen<lb/>
Rom und Latium wechseln, Landerwerb und Bente gleich getheilt werden<lb/>
(asquom tosäu,»). Trotz dieser Bestimmungen dürfte jedoch Rom auch damals<lb/>
schon das Uebergewicht gehabt haben, wie es da, wo ein Staatenbund und<lb/>
ein einheitlicher, noch dazu monarchischer Staat miteinander in dauernde Ver¬<lb/>
bindung treten, dem letzteren gewöhnlich zuzufallen pflegt.^)</p><lb/>
          <p xml:id="ID_303" next="#ID_304"> Der Geist Roms war zu jener Zeit bereits, ja wohl von jeher, ein aus¬<lb/>
geprägt kriegerischer und eroberungssüchtiger, und diese Richtung des Volkes<lb/>
spricht sich anch in seinen religiösen Anschauungen und Gebräuchen aus. Der<lb/>
heiligste Dienst war der des Mars. Mars ist eines Stammes mit mors.<lb/>
Der tödtende Gott wird als speerschwingender Vorkämpfer der Quinten ge¬<lb/>
dacht; das ihm geheiligte Thier, der Wolf, ist das Wahrzeichen der römischen<lb/>
Gemeinde. Das Fest des Kriegsgottes eröffnet am 1. März das ganze<lb/>
Jahr; ein Pferderennen leitet den heiligen Marsmonat ein, und die Höhepunkte<lb/>
desselben sind die Festtage des Schildschmiedens, des Waffentanzes und der<lb/>
Drommetenweihe (14., 19. und 23. März). Diese Tage feiern zugleich den<lb/>
Beginn der Kriegsjahreszeit, den Heeresaufbruch, und ihnen entspricht im</p><lb/>
          <note xml:id="FID_55" place="foot"> *) Köchly und Rüstow a, a, O.</note><lb/>
          <note xml:id="FID_56" place="foot"> Mommsen a. a. O.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0101] verlor, so bildete sie doch noch immer eine auserlesene und dnrch ihr Fort¬ bestehen in Friedenstagen korporativ gefestigte Elitetruppe, welche auf den Kampf zu Roß wie zu Fuß eingerichtet war. In solchem Sinne erscheint diese Ritterschaft als erster Keim der sndsiclig., d. h. jener Gefechtsreserven, die sich bei den Römern zu großer Konsequenz und Vollendung entwickelten, wäh¬ rend sie bei den Griechen niemals über die ersten Anfänge hinaus gediehen.*) Den Oberbefehl über das ganze Heer führte der König selbst als irmAistsr xoMli; den Befehl über die equitss und über die ebenfalls meist außerhalb der eigentlichen Phalanx fechtenden Leichtbewaffneten führte der ra^istvr sqnlwiQ. — Zu jeder Legion gehörten 6 Stabsoffiziere, die triwuii iräliwin, welche im Gegensatz zu allen andern römischen Magistraten auch aus den Reihen der Plebejer ernannt werden konnten. Der Zeit nach fällt die Ausgestaltung der servianischen Verfassung, auf welcher das römische Heerwesen durch zwei volle Jahrhunderte beruhte, offenbar zusammen mit dem Bau des neuen Mauerrings von Rom und der Anbahnung seiner Hegemonie über Latium. Die Form dieser Vorherrschaft war die eines Schutz- und Trutzbündnisses zwischen dem römischen Volke und der ladinischen Eidgenossenschaft. Das Bund es he er sollte zu gleichen Theilen ans Streitkräften beider Staaten gebildet werden, der Oberbefehl zwischen Rom und Latium wechseln, Landerwerb und Bente gleich getheilt werden (asquom tosäu,»). Trotz dieser Bestimmungen dürfte jedoch Rom auch damals schon das Uebergewicht gehabt haben, wie es da, wo ein Staatenbund und ein einheitlicher, noch dazu monarchischer Staat miteinander in dauernde Ver¬ bindung treten, dem letzteren gewöhnlich zuzufallen pflegt.^) Der Geist Roms war zu jener Zeit bereits, ja wohl von jeher, ein aus¬ geprägt kriegerischer und eroberungssüchtiger, und diese Richtung des Volkes spricht sich anch in seinen religiösen Anschauungen und Gebräuchen aus. Der heiligste Dienst war der des Mars. Mars ist eines Stammes mit mors. Der tödtende Gott wird als speerschwingender Vorkämpfer der Quinten ge¬ dacht; das ihm geheiligte Thier, der Wolf, ist das Wahrzeichen der römischen Gemeinde. Das Fest des Kriegsgottes eröffnet am 1. März das ganze Jahr; ein Pferderennen leitet den heiligen Marsmonat ein, und die Höhepunkte desselben sind die Festtage des Schildschmiedens, des Waffentanzes und der Drommetenweihe (14., 19. und 23. März). Diese Tage feiern zugleich den Beginn der Kriegsjahreszeit, den Heeresaufbruch, und ihnen entspricht im *) Köchly und Rüstow a, a, O. Mommsen a. a. O.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/101
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/101>, abgerufen am 22.07.2024.