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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

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ab, sind aber der religiösen Anschauungsweise des Orients in jeder Beziehung
konform. Trotz der Verschiedenheit in der Grnndanschciuung von schaffen¬
den Prinzip werden, ohne daß ich auf den mosaischen Bericht speziell eingehe,
die frappanten Parallelen zu ihm aufgefallen sein: der Befehl zum Archenban
(Gen. 6, 14), die Verderbtheit 5er Welt (v. 5), die göttliche Drohung (v. 7),
die Rettung einiger Seelen (v. 19), die Maße der Arche (v. 15), die geretteten
Thiere (v. 20), der Archenban (v. 22), die Verpichnng (v. 14), das Kommen
der Fluth (e. 7, 11), die Vernichtung der Menschen (v. 2l), die Dauer der
Fluth (v. 12, 17, 24: die Hauptdifferenz), das Ende der Fluth (v. 13), das
Oeffnen der Fenster (v. (!), die Ausseudung der drei Vögel (v. 7--12), die
Landung (v. 4), der Altar, das Opfer und sein Geruch (v. 20--21), der Bund
und Segen (v. 9) und die Unsterblichkeit Henochs (o. 5,24), welche die Assyrier
auf den Fluthheros selbst übertragen.

Endlich war nach so glückliche" Ergebnissen auf selten der Finder das
Verlangen nach eiuer assyrischen Thurmbauversion rege, um so mehr als die
mosaische an einigen Dunkelheiten leidet, und bei Berossvs keine Spur von ihr
sich siudet. -- Abgesehen von einigen frühbabhlonischen Bildern, die eine Be¬
ziehung zur Mhthe wenigstens nicht abweisen, wurde indessen nichts entdeckt,
bis Smith vor etwa 2 Jahren einige Fragmente fand, die am 6. Jan. 1876
in der Gesellschaft für bibl. Archäologie zu London durch Mr. Boseawen zur
Verlesung kamen;") wegen ihres fragmentarischen Charakters ist es einiger¬
maßen schwierig, eine korrekte Idee von ihrem Inhalte zu geben. Die wich¬
tigsten Zeilen lauten etwa so:

"Sein Herz war übel, -- Er wandte sich von: Vater aller Götter. --
Babylon ward verdorben und wandte sich zur Sünde. -- Großes und Kleines
mischte er an der Baugrube (oder nach Smith: "Großes und Kleines, ihre
Sprache verwirrte er."") -- Ihren festen Thurm bauten sie täglich. -- Ihren
Festungsthurm in der Nacht vernichtete er vollständig. -- In seinem Zorn ließ
er ausgehen einen Befehl, -- Einen Schwur. Sie in der Fremde zu zerstreuen,
- Erhob er sein Antlitz. -- Er gab einen Befehl: -- "Mache stürmisch (d. i.
verwirrt) ihren Rath." -- Die Vollendung hinderte er."

Soweit reichen die aus den assyrischen Monumenten gezogenen Parallelen
zur biblischen Urgeschichte; sie sind von allgemeinerem Interesse, und ihre
wissenschaftliche Würdigung ist auch bereits zu einem gewissen Abschlüsse ge-




?ra,mög.eil.vns ok tuo Soviel.^ lor LiKi. ^.rvlnivol., (!. Januar 1376.
") 6. LmitK, OK-M. ^voount ok Ssnosis, xag. 160. Diese Identifikation des assyri¬
schen Kens einmal mit "Baugrube" (avant), das anderemal mit "Sprache" ("posvli) ist fiir
das gegenwärtige Stadium der Entzisferungslvisscnschaft bezeichnend. Es ist das eine soge¬
nannte "geschmackvolle Ueberhebung" x"?" -r^"?^ der bereits bekannten Version.

ab, sind aber der religiösen Anschauungsweise des Orients in jeder Beziehung
konform. Trotz der Verschiedenheit in der Grnndanschciuung von schaffen¬
den Prinzip werden, ohne daß ich auf den mosaischen Bericht speziell eingehe,
die frappanten Parallelen zu ihm aufgefallen sein: der Befehl zum Archenban
(Gen. 6, 14), die Verderbtheit 5er Welt (v. 5), die göttliche Drohung (v. 7),
die Rettung einiger Seelen (v. 19), die Maße der Arche (v. 15), die geretteten
Thiere (v. 20), der Archenban (v. 22), die Verpichnng (v. 14), das Kommen
der Fluth (e. 7, 11), die Vernichtung der Menschen (v. 2l), die Dauer der
Fluth (v. 12, 17, 24: die Hauptdifferenz), das Ende der Fluth (v. 13), das
Oeffnen der Fenster (v. (!), die Ausseudung der drei Vögel (v. 7—12), die
Landung (v. 4), der Altar, das Opfer und sein Geruch (v. 20—21), der Bund
und Segen (v. 9) und die Unsterblichkeit Henochs (o. 5,24), welche die Assyrier
auf den Fluthheros selbst übertragen.

Endlich war nach so glückliche» Ergebnissen auf selten der Finder das
Verlangen nach eiuer assyrischen Thurmbauversion rege, um so mehr als die
mosaische an einigen Dunkelheiten leidet, und bei Berossvs keine Spur von ihr
sich siudet. — Abgesehen von einigen frühbabhlonischen Bildern, die eine Be¬
ziehung zur Mhthe wenigstens nicht abweisen, wurde indessen nichts entdeckt,
bis Smith vor etwa 2 Jahren einige Fragmente fand, die am 6. Jan. 1876
in der Gesellschaft für bibl. Archäologie zu London durch Mr. Boseawen zur
Verlesung kamen;") wegen ihres fragmentarischen Charakters ist es einiger¬
maßen schwierig, eine korrekte Idee von ihrem Inhalte zu geben. Die wich¬
tigsten Zeilen lauten etwa so:

„Sein Herz war übel, — Er wandte sich von: Vater aller Götter. —
Babylon ward verdorben und wandte sich zur Sünde. — Großes und Kleines
mischte er an der Baugrube (oder nach Smith: „Großes und Kleines, ihre
Sprache verwirrte er."") — Ihren festen Thurm bauten sie täglich. — Ihren
Festungsthurm in der Nacht vernichtete er vollständig. — In seinem Zorn ließ
er ausgehen einen Befehl, — Einen Schwur. Sie in der Fremde zu zerstreuen,
- Erhob er sein Antlitz. — Er gab einen Befehl: — „Mache stürmisch (d. i.
verwirrt) ihren Rath." — Die Vollendung hinderte er."

Soweit reichen die aus den assyrischen Monumenten gezogenen Parallelen
zur biblischen Urgeschichte; sie sind von allgemeinerem Interesse, und ihre
wissenschaftliche Würdigung ist auch bereits zu einem gewissen Abschlüsse ge-




?ra,mög.eil.vns ok tuo Soviel.^ lor LiKi. ^.rvlnivol., (!. Januar 1376.
") 6. LmitK, OK-M. ^voount ok Ssnosis, xag. 160. Diese Identifikation des assyri¬
schen Kens einmal mit „Baugrube" (avant), das anderemal mit „Sprache" («posvli) ist fiir
das gegenwärtige Stadium der Entzisferungslvisscnschaft bezeichnend. Es ist das eine soge¬
nannte „geschmackvolle Ueberhebung" x«?« -r^«?^ der bereits bekannten Version.
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[0066] ab, sind aber der religiösen Anschauungsweise des Orients in jeder Beziehung konform. Trotz der Verschiedenheit in der Grnndanschciuung von schaffen¬ den Prinzip werden, ohne daß ich auf den mosaischen Bericht speziell eingehe, die frappanten Parallelen zu ihm aufgefallen sein: der Befehl zum Archenban (Gen. 6, 14), die Verderbtheit 5er Welt (v. 5), die göttliche Drohung (v. 7), die Rettung einiger Seelen (v. 19), die Maße der Arche (v. 15), die geretteten Thiere (v. 20), der Archenban (v. 22), die Verpichnng (v. 14), das Kommen der Fluth (e. 7, 11), die Vernichtung der Menschen (v. 2l), die Dauer der Fluth (v. 12, 17, 24: die Hauptdifferenz), das Ende der Fluth (v. 13), das Oeffnen der Fenster (v. (!), die Ausseudung der drei Vögel (v. 7—12), die Landung (v. 4), der Altar, das Opfer und sein Geruch (v. 20—21), der Bund und Segen (v. 9) und die Unsterblichkeit Henochs (o. 5,24), welche die Assyrier auf den Fluthheros selbst übertragen. Endlich war nach so glückliche» Ergebnissen auf selten der Finder das Verlangen nach eiuer assyrischen Thurmbauversion rege, um so mehr als die mosaische an einigen Dunkelheiten leidet, und bei Berossvs keine Spur von ihr sich siudet. — Abgesehen von einigen frühbabhlonischen Bildern, die eine Be¬ ziehung zur Mhthe wenigstens nicht abweisen, wurde indessen nichts entdeckt, bis Smith vor etwa 2 Jahren einige Fragmente fand, die am 6. Jan. 1876 in der Gesellschaft für bibl. Archäologie zu London durch Mr. Boseawen zur Verlesung kamen;") wegen ihres fragmentarischen Charakters ist es einiger¬ maßen schwierig, eine korrekte Idee von ihrem Inhalte zu geben. Die wich¬ tigsten Zeilen lauten etwa so: „Sein Herz war übel, — Er wandte sich von: Vater aller Götter. — Babylon ward verdorben und wandte sich zur Sünde. — Großes und Kleines mischte er an der Baugrube (oder nach Smith: „Großes und Kleines, ihre Sprache verwirrte er."") — Ihren festen Thurm bauten sie täglich. — Ihren Festungsthurm in der Nacht vernichtete er vollständig. — In seinem Zorn ließ er ausgehen einen Befehl, — Einen Schwur. Sie in der Fremde zu zerstreuen, - Erhob er sein Antlitz. — Er gab einen Befehl: — „Mache stürmisch (d. i. verwirrt) ihren Rath." — Die Vollendung hinderte er." Soweit reichen die aus den assyrischen Monumenten gezogenen Parallelen zur biblischen Urgeschichte; sie sind von allgemeinerem Interesse, und ihre wissenschaftliche Würdigung ist auch bereits zu einem gewissen Abschlüsse ge- ?ra,mög.eil.vns ok tuo Soviel.^ lor LiKi. ^.rvlnivol., (!. Januar 1376. ") 6. LmitK, OK-M. ^voount ok Ssnosis, xag. 160. Diese Identifikation des assyri¬ schen Kens einmal mit „Baugrube" (avant), das anderemal mit „Sprache" («posvli) ist fiir das gegenwärtige Stadium der Entzisferungslvisscnschaft bezeichnend. Es ist das eine soge¬ nannte „geschmackvolle Ueberhebung" x«?« -r^«?^ der bereits bekannten Version.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/66>, abgerufen am 27.07.2024.