Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

hciupt, alles werth und heilig war, was sie von den Vätern ererbt und was
ihnen in der empfänglichsten Zeit ihres Lebens, der Kindheit, als verehrungs-
wttrdig und göttlich dargestellt worden war." *) -- Es gehören in dieser Bezie¬
hung hierher eine Anzahl Göttermythen, welche bemerkenswerthe Parallelen zu
den hellenischen Göttersagen ergeben. G. Smith theilt einen Mythus von den
sieben bösen Geistern in fragmentarer Form mit, welcher an die griechischen
Titanenkämpfe erinnert.**) Ein anderes strophisches Lied von denselben sieben
Geistern, den "Adisina" oder Teufeln giebt Schrader in dieser Form:


Strophe:
Sieben sind sie, sieben sind sie,
In des Meeres Tiefe sieben sind sie,
In des Himmels Aether sieben sind sie,
In dem Meer tiefinnen ihre Geburt. Gegenstrophe:
Nicht männlich sind sie, nicht weiblich sind sie.
Ein Weib nahmen sie nicht,
Einen Sohn haben sie nicht,
Ordnung und Sitte kennen sie nicht,
Gebete, Wünsche erhören sie nicht. Epode:
Sieben sind sie, sieben sind sie,
Die sieben Adisina sind sie.

Dieser Hymnus auf die sieben bösen Geister ist einer großen Sammlung
von Hymnen an die Götter der Assyrier entnommen, welche bereits 2000 Jahre
vor Christi Geburt eine Art chaldäisches Gesangbuch bildeten, dessen einzelne
Beiträge verschiedenen Verfassern und Daten angehörten. Sie alle bezeichnen
die Phase einer großen religiösen Reform, welche innerhalb des althergebrachten
Götterglaubens statt hatte."") Die höchst schätzenswerten Rseorcls ot? tus ?asr
enthalten in ihrem 9. Bande (1877) xsA- 141--148 neben dem oben mitge¬
theilten ein anderes, bilingnales Gedicht auf die sieben bösen Geister, im arka¬
dischen Original mit einer interlinearen assyrischen Uebersetzung; ein Umstand,
der darauf hinzuweisen scheint, daß das Gedicht zwei verschiedenen Perioden
angehört. -- Demselben Hymnenkreise entstammt ein anderes Lied, welches an
Shamas, den Sonnengott, gerichtet ist und so lautet: s)






*> G. Ebers, Eine ägyptische Königstochter, 4. Aufl., Stuttgart 187S. Bd. II., 8?.
"
**) In seiner Vollständigkeit mitgetheilt im Zöcklerschen "Beweis des Glaubens. Bd X.,
xax. 489.
***) v. Lwitli (und H. 8s,>ce), Mök. Lg,b>Ioin!>,, Iiouäon, 1377, paZ. 23.
1') Die Uebersetzung nach 6. Linien, Rist, ok IZal,/1., 24.

hciupt, alles werth und heilig war, was sie von den Vätern ererbt und was
ihnen in der empfänglichsten Zeit ihres Lebens, der Kindheit, als verehrungs-
wttrdig und göttlich dargestellt worden war." *) — Es gehören in dieser Bezie¬
hung hierher eine Anzahl Göttermythen, welche bemerkenswerthe Parallelen zu
den hellenischen Göttersagen ergeben. G. Smith theilt einen Mythus von den
sieben bösen Geistern in fragmentarer Form mit, welcher an die griechischen
Titanenkämpfe erinnert.**) Ein anderes strophisches Lied von denselben sieben
Geistern, den „Adisina" oder Teufeln giebt Schrader in dieser Form:


Strophe:
Sieben sind sie, sieben sind sie,
In des Meeres Tiefe sieben sind sie,
In des Himmels Aether sieben sind sie,
In dem Meer tiefinnen ihre Geburt. Gegenstrophe:
Nicht männlich sind sie, nicht weiblich sind sie.
Ein Weib nahmen sie nicht,
Einen Sohn haben sie nicht,
Ordnung und Sitte kennen sie nicht,
Gebete, Wünsche erhören sie nicht. Epode:
Sieben sind sie, sieben sind sie,
Die sieben Adisina sind sie.

Dieser Hymnus auf die sieben bösen Geister ist einer großen Sammlung
von Hymnen an die Götter der Assyrier entnommen, welche bereits 2000 Jahre
vor Christi Geburt eine Art chaldäisches Gesangbuch bildeten, dessen einzelne
Beiträge verschiedenen Verfassern und Daten angehörten. Sie alle bezeichnen
die Phase einer großen religiösen Reform, welche innerhalb des althergebrachten
Götterglaubens statt hatte.«") Die höchst schätzenswerten Rseorcls ot? tus ?asr
enthalten in ihrem 9. Bande (1877) xsA- 141—148 neben dem oben mitge¬
theilten ein anderes, bilingnales Gedicht auf die sieben bösen Geister, im arka¬
dischen Original mit einer interlinearen assyrischen Uebersetzung; ein Umstand,
der darauf hinzuweisen scheint, daß das Gedicht zwei verschiedenen Perioden
angehört. — Demselben Hymnenkreise entstammt ein anderes Lied, welches an
Shamas, den Sonnengott, gerichtet ist und so lautet: s)






*> G. Ebers, Eine ägyptische Königstochter, 4. Aufl., Stuttgart 187S. Bd. II., 8?.
"
**) In seiner Vollständigkeit mitgetheilt im Zöcklerschen „Beweis des Glaubens. Bd X.,
xax. 489.
***) v. Lwitli (und H. 8s,>ce), Mök. Lg,b>Ioin!>,, Iiouäon, 1377, paZ. 23.
1') Die Uebersetzung nach 6. Linien, Rist, ok IZal,/1., 24.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0058" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/139879"/>
          <p xml:id="ID_204" prev="#ID_203"> hciupt, alles werth und heilig war, was sie von den Vätern ererbt und was<lb/>
ihnen in der empfänglichsten Zeit ihres Lebens, der Kindheit, als verehrungs-<lb/>
wttrdig und göttlich dargestellt worden war." *) &#x2014; Es gehören in dieser Bezie¬<lb/>
hung hierher eine Anzahl Göttermythen, welche bemerkenswerthe Parallelen zu<lb/>
den hellenischen Göttersagen ergeben. G. Smith theilt einen Mythus von den<lb/>
sieben bösen Geistern in fragmentarer Form mit, welcher an die griechischen<lb/>
Titanenkämpfe erinnert.**) Ein anderes strophisches Lied von denselben sieben<lb/>
Geistern, den &#x201E;Adisina" oder Teufeln giebt Schrader in dieser Form:</p><lb/>
          <quote>
            <lg xml:id="POEMID_1" type="poem">
              <l> Strophe:<lb/>
Sieben sind sie, sieben sind sie,<lb/>
In des Meeres Tiefe sieben sind sie,<lb/>
In des Himmels Aether sieben sind sie,<lb/>
In dem Meer tiefinnen ihre Geburt. Gegenstrophe:<lb/>
Nicht männlich sind sie, nicht weiblich sind sie.<lb/>
Ein Weib nahmen sie nicht,<lb/>
Einen Sohn haben sie nicht,<lb/>
Ordnung und Sitte kennen sie nicht,<lb/>
Gebete, Wünsche erhören sie nicht. Epode:<lb/>
Sieben sind sie, sieben sind sie,<lb/>
Die sieben Adisina sind sie. </l>
            </lg>
          </quote><lb/>
          <p xml:id="ID_205"> Dieser Hymnus auf die sieben bösen Geister ist einer großen Sammlung<lb/>
von Hymnen an die Götter der Assyrier entnommen, welche bereits 2000 Jahre<lb/>
vor Christi Geburt eine Art chaldäisches Gesangbuch bildeten, dessen einzelne<lb/>
Beiträge verschiedenen Verfassern und Daten angehörten. Sie alle bezeichnen<lb/>
die Phase einer großen religiösen Reform, welche innerhalb des althergebrachten<lb/>
Götterglaubens statt hatte.«") Die höchst schätzenswerten Rseorcls ot? tus ?asr<lb/>
enthalten in ihrem 9. Bande (1877) xsA- 141&#x2014;148 neben dem oben mitge¬<lb/>
theilten ein anderes, bilingnales Gedicht auf die sieben bösen Geister, im arka¬<lb/>
dischen Original mit einer interlinearen assyrischen Uebersetzung; ein Umstand,<lb/>
der darauf hinzuweisen scheint, daß das Gedicht zwei verschiedenen Perioden<lb/>
angehört. &#x2014; Demselben Hymnenkreise entstammt ein anderes Lied, welches an<lb/>
Shamas, den Sonnengott, gerichtet ist und so lautet: s)</p><lb/>
          <note xml:id="FID_34" place="foot"> *&gt; G. Ebers, Eine ägyptische Königstochter, 4. Aufl., Stuttgart 187S. Bd. II., 8?.<lb/>
"</note><lb/>
          <note xml:id="FID_35" place="foot"> **) In seiner Vollständigkeit mitgetheilt im Zöcklerschen &#x201E;Beweis des Glaubens. Bd X.,<lb/>
xax. 489.</note><lb/>
          <note xml:id="FID_36" place="foot"> ***) v. Lwitli (und   H. 8s,&gt;ce), Mök.   Lg,b&gt;Ioin!&gt;,, Iiouäon, 1377, paZ. 23.</note><lb/>
          <note xml:id="FID_37" place="foot"> 1') Die Uebersetzung nach 6. Linien, Rist, ok IZal,/1., 24.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0058] hciupt, alles werth und heilig war, was sie von den Vätern ererbt und was ihnen in der empfänglichsten Zeit ihres Lebens, der Kindheit, als verehrungs- wttrdig und göttlich dargestellt worden war." *) — Es gehören in dieser Bezie¬ hung hierher eine Anzahl Göttermythen, welche bemerkenswerthe Parallelen zu den hellenischen Göttersagen ergeben. G. Smith theilt einen Mythus von den sieben bösen Geistern in fragmentarer Form mit, welcher an die griechischen Titanenkämpfe erinnert.**) Ein anderes strophisches Lied von denselben sieben Geistern, den „Adisina" oder Teufeln giebt Schrader in dieser Form: Strophe: Sieben sind sie, sieben sind sie, In des Meeres Tiefe sieben sind sie, In des Himmels Aether sieben sind sie, In dem Meer tiefinnen ihre Geburt. Gegenstrophe: Nicht männlich sind sie, nicht weiblich sind sie. Ein Weib nahmen sie nicht, Einen Sohn haben sie nicht, Ordnung und Sitte kennen sie nicht, Gebete, Wünsche erhören sie nicht. Epode: Sieben sind sie, sieben sind sie, Die sieben Adisina sind sie. Dieser Hymnus auf die sieben bösen Geister ist einer großen Sammlung von Hymnen an die Götter der Assyrier entnommen, welche bereits 2000 Jahre vor Christi Geburt eine Art chaldäisches Gesangbuch bildeten, dessen einzelne Beiträge verschiedenen Verfassern und Daten angehörten. Sie alle bezeichnen die Phase einer großen religiösen Reform, welche innerhalb des althergebrachten Götterglaubens statt hatte.«") Die höchst schätzenswerten Rseorcls ot? tus ?asr enthalten in ihrem 9. Bande (1877) xsA- 141—148 neben dem oben mitge¬ theilten ein anderes, bilingnales Gedicht auf die sieben bösen Geister, im arka¬ dischen Original mit einer interlinearen assyrischen Uebersetzung; ein Umstand, der darauf hinzuweisen scheint, daß das Gedicht zwei verschiedenen Perioden angehört. — Demselben Hymnenkreise entstammt ein anderes Lied, welches an Shamas, den Sonnengott, gerichtet ist und so lautet: s) *> G. Ebers, Eine ägyptische Königstochter, 4. Aufl., Stuttgart 187S. Bd. II., 8?. " **) In seiner Vollständigkeit mitgetheilt im Zöcklerschen „Beweis des Glaubens. Bd X., xax. 489. ***) v. Lwitli (und H. 8s,>ce), Mök. Lg,b>Ioin!>,, Iiouäon, 1377, paZ. 23. 1') Die Uebersetzung nach 6. Linien, Rist, ok IZal,/1., 24.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/58
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/58>, abgerufen am 28.07.2024.