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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

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wechseln mit ornamentalen Darstellungen ab. Hohe Dächer, die in spitze, kühn
geschwungene, zackige Schnäbel auslaufen, lasten auf dem Gebäude; ihr schwarzer
Anstrich erhöht noch den Eindruck steifer, unnahbarer Wurde, welche das Reich
der Mitte im Gegensatz zu seinem alerten, findigen, geistig ungleich höher be¬
gabten Nachbarvolke im Osten trotz der neuerlichen Annäherung an die euro¬
päische Kultur bewahrt hat. Der Chinese hat den Zopf behalten, während ihn
der Japaner resolut abgeschnitten hat.

Unterhalb des chinesischen Pavillons liegt die japanische Kolonie, eine
reizende kleine Anlage, die uns zeigt, mit welchem Komfort die Franzosen des
Ostens sich einzurichten wissen. Das niedrige, lustige Häuschen, welches den
Mittelpunkt der Kolonie bildet, ist durch zierlich geflochtene Matten, welche die
Thür- und die Fensteröffnungen verschließen, gegen die Ungunst des Wetters
geschützt. Wenn die Matten aufgezogen sind, blickt man in das behaglich mit
eleganten Hausgeräthen ausgestattete Innere: niedrige Sessel aus geflochtenen
Maisstroh und Bambusrohr, hölzerne Kanapes, bemalte Wandschirme, lackirte
Truhen, Geräthschaften, die sich zum Theil, Dank der modernen Schwärmerei
für die japanische Kunstindustrie, auch bei uus eingebürgert haben, füllen die
kleinen Zimmer. Ein geräumiger Garten umgiebt das Haus. Kleine Blumen¬
beete, die an Sauberkeit den holländischen nicht weichen, und eine Fontaine
bilden seine anmuthige Zier. Ein mächtiger Sonnenschirm beschattet einen
Ruheplatz, und nicht weit davon treibt sich ein Hühnervölkchen mit einem gra¬
vitätischen Kochinchinahahn an der Spitze in einer kleinen Umfriedigung herum.
Ställe und Wirtschaftsgebäude, Ackergeräthschaften und Handwagen füllen den
übrigen Raum, der eine friedliche Oase in dem Getümmel der Weltausstel¬
lung bildet.

Schweden und Norwegen haben zwei charakteristische Bauernhäuser mit
reichem Schnitzwerk in jenem originellen Stil, der aus romanischen und
nationalen Elementen zusammengesetzt ist, in das bunte Bild auf dem Trocadero
eingefügt, Aegypten einen stolzen Palast mit einer antiken Pylvnenarchitektur,
Persien einen zierlichen Pavillon, dessen glänzender Mittelpunkt von einem
Spiegelsaale gebildet wird, der mit 1,800,0l)t) Spiegelstücken bekleidet ist. Wenn
die Vorhänge der Fenster geschlossen und die fünf von der Decke herabhän¬
genden Kronleuchter angezündet sind, glaubt man in einem Feenpalaste aus
Tausend und einer Nacht zu sein.

Um dem landschaftlichen Bilde auf dem Trocadero auch ein romantisches
Element beizugesellen, hat man unterhalb des rechten Flügels des Trocadero-
palastes eine Alpenlandschaft angelegt, ähnlich den Felspartien, die man für
Gemsen und Steinböcke in unseren zoologischen Gärten arrangirt hat. Auch
der Eingang zu dem unterirdischen Süßwasseraquarium wird durch eine solche


wechseln mit ornamentalen Darstellungen ab. Hohe Dächer, die in spitze, kühn
geschwungene, zackige Schnäbel auslaufen, lasten auf dem Gebäude; ihr schwarzer
Anstrich erhöht noch den Eindruck steifer, unnahbarer Wurde, welche das Reich
der Mitte im Gegensatz zu seinem alerten, findigen, geistig ungleich höher be¬
gabten Nachbarvolke im Osten trotz der neuerlichen Annäherung an die euro¬
päische Kultur bewahrt hat. Der Chinese hat den Zopf behalten, während ihn
der Japaner resolut abgeschnitten hat.

Unterhalb des chinesischen Pavillons liegt die japanische Kolonie, eine
reizende kleine Anlage, die uns zeigt, mit welchem Komfort die Franzosen des
Ostens sich einzurichten wissen. Das niedrige, lustige Häuschen, welches den
Mittelpunkt der Kolonie bildet, ist durch zierlich geflochtene Matten, welche die
Thür- und die Fensteröffnungen verschließen, gegen die Ungunst des Wetters
geschützt. Wenn die Matten aufgezogen sind, blickt man in das behaglich mit
eleganten Hausgeräthen ausgestattete Innere: niedrige Sessel aus geflochtenen
Maisstroh und Bambusrohr, hölzerne Kanapes, bemalte Wandschirme, lackirte
Truhen, Geräthschaften, die sich zum Theil, Dank der modernen Schwärmerei
für die japanische Kunstindustrie, auch bei uus eingebürgert haben, füllen die
kleinen Zimmer. Ein geräumiger Garten umgiebt das Haus. Kleine Blumen¬
beete, die an Sauberkeit den holländischen nicht weichen, und eine Fontaine
bilden seine anmuthige Zier. Ein mächtiger Sonnenschirm beschattet einen
Ruheplatz, und nicht weit davon treibt sich ein Hühnervölkchen mit einem gra¬
vitätischen Kochinchinahahn an der Spitze in einer kleinen Umfriedigung herum.
Ställe und Wirtschaftsgebäude, Ackergeräthschaften und Handwagen füllen den
übrigen Raum, der eine friedliche Oase in dem Getümmel der Weltausstel¬
lung bildet.

Schweden und Norwegen haben zwei charakteristische Bauernhäuser mit
reichem Schnitzwerk in jenem originellen Stil, der aus romanischen und
nationalen Elementen zusammengesetzt ist, in das bunte Bild auf dem Trocadero
eingefügt, Aegypten einen stolzen Palast mit einer antiken Pylvnenarchitektur,
Persien einen zierlichen Pavillon, dessen glänzender Mittelpunkt von einem
Spiegelsaale gebildet wird, der mit 1,800,0l)t) Spiegelstücken bekleidet ist. Wenn
die Vorhänge der Fenster geschlossen und die fünf von der Decke herabhän¬
genden Kronleuchter angezündet sind, glaubt man in einem Feenpalaste aus
Tausend und einer Nacht zu sein.

Um dem landschaftlichen Bilde auf dem Trocadero auch ein romantisches
Element beizugesellen, hat man unterhalb des rechten Flügels des Trocadero-
palastes eine Alpenlandschaft angelegt, ähnlich den Felspartien, die man für
Gemsen und Steinböcke in unseren zoologischen Gärten arrangirt hat. Auch
der Eingang zu dem unterirdischen Süßwasseraquarium wird durch eine solche


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[0518] wechseln mit ornamentalen Darstellungen ab. Hohe Dächer, die in spitze, kühn geschwungene, zackige Schnäbel auslaufen, lasten auf dem Gebäude; ihr schwarzer Anstrich erhöht noch den Eindruck steifer, unnahbarer Wurde, welche das Reich der Mitte im Gegensatz zu seinem alerten, findigen, geistig ungleich höher be¬ gabten Nachbarvolke im Osten trotz der neuerlichen Annäherung an die euro¬ päische Kultur bewahrt hat. Der Chinese hat den Zopf behalten, während ihn der Japaner resolut abgeschnitten hat. Unterhalb des chinesischen Pavillons liegt die japanische Kolonie, eine reizende kleine Anlage, die uns zeigt, mit welchem Komfort die Franzosen des Ostens sich einzurichten wissen. Das niedrige, lustige Häuschen, welches den Mittelpunkt der Kolonie bildet, ist durch zierlich geflochtene Matten, welche die Thür- und die Fensteröffnungen verschließen, gegen die Ungunst des Wetters geschützt. Wenn die Matten aufgezogen sind, blickt man in das behaglich mit eleganten Hausgeräthen ausgestattete Innere: niedrige Sessel aus geflochtenen Maisstroh und Bambusrohr, hölzerne Kanapes, bemalte Wandschirme, lackirte Truhen, Geräthschaften, die sich zum Theil, Dank der modernen Schwärmerei für die japanische Kunstindustrie, auch bei uus eingebürgert haben, füllen die kleinen Zimmer. Ein geräumiger Garten umgiebt das Haus. Kleine Blumen¬ beete, die an Sauberkeit den holländischen nicht weichen, und eine Fontaine bilden seine anmuthige Zier. Ein mächtiger Sonnenschirm beschattet einen Ruheplatz, und nicht weit davon treibt sich ein Hühnervölkchen mit einem gra¬ vitätischen Kochinchinahahn an der Spitze in einer kleinen Umfriedigung herum. Ställe und Wirtschaftsgebäude, Ackergeräthschaften und Handwagen füllen den übrigen Raum, der eine friedliche Oase in dem Getümmel der Weltausstel¬ lung bildet. Schweden und Norwegen haben zwei charakteristische Bauernhäuser mit reichem Schnitzwerk in jenem originellen Stil, der aus romanischen und nationalen Elementen zusammengesetzt ist, in das bunte Bild auf dem Trocadero eingefügt, Aegypten einen stolzen Palast mit einer antiken Pylvnenarchitektur, Persien einen zierlichen Pavillon, dessen glänzender Mittelpunkt von einem Spiegelsaale gebildet wird, der mit 1,800,0l)t) Spiegelstücken bekleidet ist. Wenn die Vorhänge der Fenster geschlossen und die fünf von der Decke herabhän¬ genden Kronleuchter angezündet sind, glaubt man in einem Feenpalaste aus Tausend und einer Nacht zu sein. Um dem landschaftlichen Bilde auf dem Trocadero auch ein romantisches Element beizugesellen, hat man unterhalb des rechten Flügels des Trocadero- palastes eine Alpenlandschaft angelegt, ähnlich den Felspartien, die man für Gemsen und Steinböcke in unseren zoologischen Gärten arrangirt hat. Auch der Eingang zu dem unterirdischen Süßwasseraquarium wird durch eine solche

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/518>, abgerufen am 01.09.2024.