Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.Schneider aus Neustadt, der sich unter possirlichen Verbeugungen und Kratz¬ Indeß trugen die Prinzen mit jugendlicher Fröhlichkeit auch zur Unter¬ Der König versäumte aber über seinen Badepflichten auch diesmal nicht, Schneider aus Neustadt, der sich unter possirlichen Verbeugungen und Kratz¬ Indeß trugen die Prinzen mit jugendlicher Fröhlichkeit auch zur Unter¬ Der König versäumte aber über seinen Badepflichten auch diesmal nicht, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0460" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/140281"/> <p xml:id="ID_1328" prev="#ID_1327"> Schneider aus Neustadt, der sich unter possirlichen Verbeugungen und Kratz¬<lb/> füßen näherte, und nach einer langen Pause sagte, Majestät kenne ihn ja schon,<lb/> er habe ihn ja schon früher gesprochen; er wurde dem Gelächter der stets<lb/> heiteren Prinzen preisgegeben, indem der König auf die Angabe seines Ge¬<lb/> werbes erwiderte: „O was, ein Schneider!" und sich umdrehte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1329"> Indeß trugen die Prinzen mit jugendlicher Fröhlichkeit auch zur Unter¬<lb/> haltung der Landleute und der Dienerschaft bei. Als sich am 15. die Bauer¬<lb/> mädchen aus Ober- und Niederthalheim einfanden, um mit den Husaren und<lb/> Reitknechten zu tanzen, traten die Prinzen herzu, eneouragirten die Husaren<lb/> zum Lustigsem und ließen ein Fäßchen Wein zu 8 Rthlr. auslegen. „Dieses<lb/> machte, sagt der Bericht, in Kurzen noch mehr Kourage und brachte zu Wege,<lb/> daß die Mädchens anfingen Menuett zu tanzen, so den durchlauchtigen Prinzen<lb/> einiges Vergnügen verursachte, aber doch die Nacht manchem Mädchen einen<lb/> Verlust zu Wege gebracht haben wird." Die Feldjäger scheinen besonders ge¬<lb/> fährlich gewesen zu sein. Ein Kaplan predigte, die Frauen und Jungfrauen<lb/> sollten sich fürsehen; der Teufel habe die Gestalt eines Jägers angenommen.<lb/> Krüger macht dazu die Bemerkung: „Es müssen also die in der Stadt ein-<lb/> quartirten Königlichen Feldjäger Jalousie bei ihm erweckt haben." Am Abend<lb/> vor der Abreise des Königs wiederholte sich die Lustbarkeit. Die Prinzen<lb/> ließen Vier und Branntwein auflegen und Musik machen, worauf der Tanz<lb/> begann; erst um Mitternacht nahm das Vergnügen ein Ende.</p><lb/> <p xml:id="ID_1330"> Der König versäumte aber über seinen Badepflichten auch diesmal nicht,<lb/> sich wie bei jeder Reise in Schlesien, nach dem Stande der Industrie zu er¬<lb/> kundigen und sie durch Rath und Aufmunterung zu fördern, und da er diesmal<lb/> abgehalten war, es persönlich zu thun, beauftragte er damit die Prinzen. Zu<lb/> diesem Zweck unternahmen sie, nachdem sie schon vom 6. bis 8. August einen<lb/> Ausflug nach Mittelwalde und ins Oesterreichische, sowie über den Wölfelsfall<lb/> gemacht hatten, am 16. August eine fünftägige Reise über Neurode, Wünschel¬<lb/> burg, Reinerz und Habelschwerdt, in Begleitung Tarrach's, Göltze's und des<lb/> Lieutenants v. Barsewisch. In Neurose, wo ihr erstes Nachtquartier war,<lb/> das sie beim Fabrik-Inspektor und Consul dirigens Heinze nahmen, besichtigten<lb/> sie die Wirkstühle der Kniestreicherei und die Spinnerei auf englischen Rädern;<lb/> sie kauften über 300 Nest. dunkel-, hellblaue und graue Tuche für sich und<lb/> die Domestiken, desgleichen Neuroder Unterfutter und viel Leinwand, versprachen<lb/> auch für die Zukunft ihren Bedarf aus Neurode zu entnehmen, weil das<lb/> Stück Tuch dort 12 g. Gr. billiger war als in Berlin. In Reinerz besahen<lb/> sie die Tuch- und Papierfabriken und kauften viel Papier ein; später entnahm<lb/> die Breslauer Kriegs- und Domänenkammer ihren Papierbedarf ausschließlich<lb/> aus Reinerz.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0460]
Schneider aus Neustadt, der sich unter possirlichen Verbeugungen und Kratz¬
füßen näherte, und nach einer langen Pause sagte, Majestät kenne ihn ja schon,
er habe ihn ja schon früher gesprochen; er wurde dem Gelächter der stets
heiteren Prinzen preisgegeben, indem der König auf die Angabe seines Ge¬
werbes erwiderte: „O was, ein Schneider!" und sich umdrehte.
Indeß trugen die Prinzen mit jugendlicher Fröhlichkeit auch zur Unter¬
haltung der Landleute und der Dienerschaft bei. Als sich am 15. die Bauer¬
mädchen aus Ober- und Niederthalheim einfanden, um mit den Husaren und
Reitknechten zu tanzen, traten die Prinzen herzu, eneouragirten die Husaren
zum Lustigsem und ließen ein Fäßchen Wein zu 8 Rthlr. auslegen. „Dieses
machte, sagt der Bericht, in Kurzen noch mehr Kourage und brachte zu Wege,
daß die Mädchens anfingen Menuett zu tanzen, so den durchlauchtigen Prinzen
einiges Vergnügen verursachte, aber doch die Nacht manchem Mädchen einen
Verlust zu Wege gebracht haben wird." Die Feldjäger scheinen besonders ge¬
fährlich gewesen zu sein. Ein Kaplan predigte, die Frauen und Jungfrauen
sollten sich fürsehen; der Teufel habe die Gestalt eines Jägers angenommen.
Krüger macht dazu die Bemerkung: „Es müssen also die in der Stadt ein-
quartirten Königlichen Feldjäger Jalousie bei ihm erweckt haben." Am Abend
vor der Abreise des Königs wiederholte sich die Lustbarkeit. Die Prinzen
ließen Vier und Branntwein auflegen und Musik machen, worauf der Tanz
begann; erst um Mitternacht nahm das Vergnügen ein Ende.
Der König versäumte aber über seinen Badepflichten auch diesmal nicht,
sich wie bei jeder Reise in Schlesien, nach dem Stande der Industrie zu er¬
kundigen und sie durch Rath und Aufmunterung zu fördern, und da er diesmal
abgehalten war, es persönlich zu thun, beauftragte er damit die Prinzen. Zu
diesem Zweck unternahmen sie, nachdem sie schon vom 6. bis 8. August einen
Ausflug nach Mittelwalde und ins Oesterreichische, sowie über den Wölfelsfall
gemacht hatten, am 16. August eine fünftägige Reise über Neurode, Wünschel¬
burg, Reinerz und Habelschwerdt, in Begleitung Tarrach's, Göltze's und des
Lieutenants v. Barsewisch. In Neurose, wo ihr erstes Nachtquartier war,
das sie beim Fabrik-Inspektor und Consul dirigens Heinze nahmen, besichtigten
sie die Wirkstühle der Kniestreicherei und die Spinnerei auf englischen Rädern;
sie kauften über 300 Nest. dunkel-, hellblaue und graue Tuche für sich und
die Domestiken, desgleichen Neuroder Unterfutter und viel Leinwand, versprachen
auch für die Zukunft ihren Bedarf aus Neurode zu entnehmen, weil das
Stück Tuch dort 12 g. Gr. billiger war als in Berlin. In Reinerz besahen
sie die Tuch- und Papierfabriken und kauften viel Papier ein; später entnahm
die Breslauer Kriegs- und Domänenkammer ihren Papierbedarf ausschließlich
aus Reinerz.
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