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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

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Fußvolk darnach eingerichtet worden." Dadurch verminderte sich die Gesammt-
zahl der vom Kreise zu gestellenden Mannschaften abermals und es blieben
1291 zu Roß und 2672 zu Fuß übrig. "Sintemahl aber/' so heißt es in
dem Kreisrezeß von 1681 wörtlich, "bei solcher Kreisverwillignng Ihre Kur¬
fürstliche Durchlaucht von Brandenburg ausdrücklich bedinget, daß sie von Dero
gesammte in diesem und mehr Craysen habenden Lande ein absonderliches Cvrpo
errichten und dem Reich zum besten unterhalten wollten, dergestalt demenach,
wiewohl icksqus xraöjuäioio, hochbesagter Seiner Kurfürstlichen Durchlaucht be-
schehener ohngefährer Ausmachung, Dero abgesondertes Kontingent 431 zu
Pferde und 884 zu Fuß antreffen möchte: So würde nach Abzug dessen an
der Mannschaft des Crays-Quanti übrig bleiben 860 zu Pferde und 1788 zu
Fuß." Bei dieser Moderation ließ man es jedoch keineswegs bewenden, sondern
reduzirte auf demselben Kreistage noch die Kontingente sämmtlicher Stände,
anßer Brandenburg, auf die Hälfte, so daß dann schließlich durch diesen De¬
stillationsprozeß nur 645t/z zu Roß und 1336 zu Fuß als zu Stellendes
Kreiskontingent übrig blieben. In ähnlicher Weise verfuhr man auch auf den
übrigen Kreistagen und die einzelnen Stände setzten das Geschäft "des Herunter¬
handelns" mit bestem Erfolge weiter fort. Wenn man jedoch glaubt, daß
wenigstens diese so reduzirten Kontingente im Fall eines Aufgebotes der Reichs¬
armee vollzählig erschienen, so tänscht man sich gewaltig. Zu keiner Zeit und
zu keiner Gelegenheit trafen die Kontingente auch nur in moderirter Vollzählig¬
keit auf den Sammelplätzen der Reichsarmee ein. Fast immer ließen es einzelne
Stände sich nicht nehmen, durch gänzliche Abwesenheit zu glänzen, andere er¬
schienen unpünktlich und unvollzählig, und sicher gehörten die Stände zu den
seltenen Ausnahmen, die ihren Verpflichtungen ganz und voll nachkamen.

Nicht besser sah es mit dem inneren Gehalt der Reichsarmee aus. Da
die überkleinen Gebiete der ritterschaftlichen Territorien gegen Zahlung von
Charitativgeldern, die Ganerbschaften und reichsunmittelbaren Dorfschaften, so
wie noch eine Zahl anderer Gebiete, die im Reichstag nicht vertreten, durch
besonderes Zugestä'ndniß von aller Kontingentstellung frei waren, da es ferner
mit der Zeit in Uebung gekommen war, daß eine Anzahl kleiner Fürsten und
Stände nicht mehr unmittelbar, sondern in der Form von "Quartieren" mit
Geldzahlungen ihrer Pflicht zur Reichsdefension nachkamen, so bildete aller¬
dings die deutsche Reichsarmee kein ganz so buntes Konglomerat, als es der
deutsche Reichskörper in der That selbst war. Immerhin aber blieb die Zahl
der kontingcntspflichtigen Stände so groß, daß es als eine schwere Aufgabe
erscheinen mußte, aus allen diesen nach Qualität so unendlich verschiedenen
Bestandtheilen einen Wehrkörper von bestimmter Gestalt und taktischer Gliede¬
rung herzustellen.


Fußvolk darnach eingerichtet worden." Dadurch verminderte sich die Gesammt-
zahl der vom Kreise zu gestellenden Mannschaften abermals und es blieben
1291 zu Roß und 2672 zu Fuß übrig. „Sintemahl aber/' so heißt es in
dem Kreisrezeß von 1681 wörtlich, „bei solcher Kreisverwillignng Ihre Kur¬
fürstliche Durchlaucht von Brandenburg ausdrücklich bedinget, daß sie von Dero
gesammte in diesem und mehr Craysen habenden Lande ein absonderliches Cvrpo
errichten und dem Reich zum besten unterhalten wollten, dergestalt demenach,
wiewohl icksqus xraöjuäioio, hochbesagter Seiner Kurfürstlichen Durchlaucht be-
schehener ohngefährer Ausmachung, Dero abgesondertes Kontingent 431 zu
Pferde und 884 zu Fuß antreffen möchte: So würde nach Abzug dessen an
der Mannschaft des Crays-Quanti übrig bleiben 860 zu Pferde und 1788 zu
Fuß." Bei dieser Moderation ließ man es jedoch keineswegs bewenden, sondern
reduzirte auf demselben Kreistage noch die Kontingente sämmtlicher Stände,
anßer Brandenburg, auf die Hälfte, so daß dann schließlich durch diesen De¬
stillationsprozeß nur 645t/z zu Roß und 1336 zu Fuß als zu Stellendes
Kreiskontingent übrig blieben. In ähnlicher Weise verfuhr man auch auf den
übrigen Kreistagen und die einzelnen Stände setzten das Geschäft „des Herunter¬
handelns" mit bestem Erfolge weiter fort. Wenn man jedoch glaubt, daß
wenigstens diese so reduzirten Kontingente im Fall eines Aufgebotes der Reichs¬
armee vollzählig erschienen, so tänscht man sich gewaltig. Zu keiner Zeit und
zu keiner Gelegenheit trafen die Kontingente auch nur in moderirter Vollzählig¬
keit auf den Sammelplätzen der Reichsarmee ein. Fast immer ließen es einzelne
Stände sich nicht nehmen, durch gänzliche Abwesenheit zu glänzen, andere er¬
schienen unpünktlich und unvollzählig, und sicher gehörten die Stände zu den
seltenen Ausnahmen, die ihren Verpflichtungen ganz und voll nachkamen.

Nicht besser sah es mit dem inneren Gehalt der Reichsarmee aus. Da
die überkleinen Gebiete der ritterschaftlichen Territorien gegen Zahlung von
Charitativgeldern, die Ganerbschaften und reichsunmittelbaren Dorfschaften, so
wie noch eine Zahl anderer Gebiete, die im Reichstag nicht vertreten, durch
besonderes Zugestä'ndniß von aller Kontingentstellung frei waren, da es ferner
mit der Zeit in Uebung gekommen war, daß eine Anzahl kleiner Fürsten und
Stände nicht mehr unmittelbar, sondern in der Form von „Quartieren" mit
Geldzahlungen ihrer Pflicht zur Reichsdefension nachkamen, so bildete aller¬
dings die deutsche Reichsarmee kein ganz so buntes Konglomerat, als es der
deutsche Reichskörper in der That selbst war. Immerhin aber blieb die Zahl
der kontingcntspflichtigen Stände so groß, daß es als eine schwere Aufgabe
erscheinen mußte, aus allen diesen nach Qualität so unendlich verschiedenen
Bestandtheilen einen Wehrkörper von bestimmter Gestalt und taktischer Gliede¬
rung herzustellen.


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[0334] Fußvolk darnach eingerichtet worden." Dadurch verminderte sich die Gesammt- zahl der vom Kreise zu gestellenden Mannschaften abermals und es blieben 1291 zu Roß und 2672 zu Fuß übrig. „Sintemahl aber/' so heißt es in dem Kreisrezeß von 1681 wörtlich, „bei solcher Kreisverwillignng Ihre Kur¬ fürstliche Durchlaucht von Brandenburg ausdrücklich bedinget, daß sie von Dero gesammte in diesem und mehr Craysen habenden Lande ein absonderliches Cvrpo errichten und dem Reich zum besten unterhalten wollten, dergestalt demenach, wiewohl icksqus xraöjuäioio, hochbesagter Seiner Kurfürstlichen Durchlaucht be- schehener ohngefährer Ausmachung, Dero abgesondertes Kontingent 431 zu Pferde und 884 zu Fuß antreffen möchte: So würde nach Abzug dessen an der Mannschaft des Crays-Quanti übrig bleiben 860 zu Pferde und 1788 zu Fuß." Bei dieser Moderation ließ man es jedoch keineswegs bewenden, sondern reduzirte auf demselben Kreistage noch die Kontingente sämmtlicher Stände, anßer Brandenburg, auf die Hälfte, so daß dann schließlich durch diesen De¬ stillationsprozeß nur 645t/z zu Roß und 1336 zu Fuß als zu Stellendes Kreiskontingent übrig blieben. In ähnlicher Weise verfuhr man auch auf den übrigen Kreistagen und die einzelnen Stände setzten das Geschäft „des Herunter¬ handelns" mit bestem Erfolge weiter fort. Wenn man jedoch glaubt, daß wenigstens diese so reduzirten Kontingente im Fall eines Aufgebotes der Reichs¬ armee vollzählig erschienen, so tänscht man sich gewaltig. Zu keiner Zeit und zu keiner Gelegenheit trafen die Kontingente auch nur in moderirter Vollzählig¬ keit auf den Sammelplätzen der Reichsarmee ein. Fast immer ließen es einzelne Stände sich nicht nehmen, durch gänzliche Abwesenheit zu glänzen, andere er¬ schienen unpünktlich und unvollzählig, und sicher gehörten die Stände zu den seltenen Ausnahmen, die ihren Verpflichtungen ganz und voll nachkamen. Nicht besser sah es mit dem inneren Gehalt der Reichsarmee aus. Da die überkleinen Gebiete der ritterschaftlichen Territorien gegen Zahlung von Charitativgeldern, die Ganerbschaften und reichsunmittelbaren Dorfschaften, so wie noch eine Zahl anderer Gebiete, die im Reichstag nicht vertreten, durch besonderes Zugestä'ndniß von aller Kontingentstellung frei waren, da es ferner mit der Zeit in Uebung gekommen war, daß eine Anzahl kleiner Fürsten und Stände nicht mehr unmittelbar, sondern in der Form von „Quartieren" mit Geldzahlungen ihrer Pflicht zur Reichsdefension nachkamen, so bildete aller¬ dings die deutsche Reichsarmee kein ganz so buntes Konglomerat, als es der deutsche Reichskörper in der That selbst war. Immerhin aber blieb die Zahl der kontingcntspflichtigen Stände so groß, daß es als eine schwere Aufgabe erscheinen mußte, aus allen diesen nach Qualität so unendlich verschiedenen Bestandtheilen einen Wehrkörper von bestimmter Gestalt und taktischer Gliede¬ rung herzustellen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/334>, abgerufen am 01.09.2024.