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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

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zielern zur Unterhaltung des Kammergerichts und den kaum nennenswerthen
Gefallen, welche dem Kaiser noch persönlich geblieben waren, gab es keine
regelmäßige Reichsstener. Bei Errichtung der neuen Reichsmatrikel im Jahre
1681 waren nicht nur die Anzahl der zur Reichsarmee zu gestellenden Mann¬
schaften, sondern auch die Matrikularbeiträge zu einer Reichsoperationskasse
ans die verschiedenen Kreise vertheilt und von diesen wieder auf die einzelnen
Stunde subrepartirt worden. Ein solch' einfacher Anschlag repräsentirte einen
Nömermonat, so genannt nach den früher zu den Römerzügen bewilligten Bei¬
trägen, und die Ausschreibungen für irgend welche außerordentliche Bedürfnisse
des Reichs in Krieg oder Frieden geschahen für eine gewisse Anzahl von
Römermonaten.

Wie jedoch der Neichsmilitärfuß zunächst von den Kreisen zu einem Kon-
ventionalfuß und dann wieder von den einzelnen Ständen zu einem Usualfuß
herabgemindert worden war, so hatte man auch die reichsgesetzlich normirtcn
Matrikularbeiträge durch ein zweifaches Sieb gehen lassen. Nur der Reichstag
konnte die Ausschreibung eines oder mehrerer Nömermvnate bewilligen und es
geschah dies immer nur zu ganz bestimmten Zwecken, sei es zur Führung eines
Reichskrieges oder im Frieden beispielsweise zur Unterhaltung der beiden
Reichsfestnngen Kehl und Philippsburg. Jede Zahlung an die Reichskasse sah
man als eine Beraubung an und viele Fürsten behaupteten sogar, daß die¬
jenigen Stände, welche im Reichstage gegen die Bewilligung gestimmt und in
der Minorität geblieben wären, zur Zahlung der Rvmermonate nicht gezwun¬
gen werden könnten. Am säumigsten waren die größeren Stände weil sie sich
am unabhängigsten fühlten. Die früheren fiskalischen Prozesse waren mit der
Zeit unausführbar geworden, ebenso auch das Recht der Exekution mit ge-
waffneter Hand gegen säumige Kontribuenten. Die Altersschwäche des Reichs
machte sich überall, so auch hier geltend. Selbst wenn im Falle äußerster
Gefahr der Reichstag eine gewisse Anzahl von Römermonaten bewilligte, gingen
sie doch nur immer säumig und unvollständig ein. Von vielen Beispielen nur
eins. Im Jahre 1793, wo es den Deutschen doch wahrlich auf den Nägeln
brannte, war der Neichskrieg gegen Frankreich endlich erklärt und fogar ein
sünfzigfacher Römermonat vom Reichstag bewilligt worden. Bis zur Mitte
des Jahres 1795 waren diese reichsgesetzlichen Matrikularbeiträge von 45
Reichsständen nur zum Theil, von 94 Reichsständen aber noch gar nicht ge¬
zahlt worden. Man darf wohl mit aller Bestimmtheit behaupten, daß diese
Steuer niemals und zu keiner Zeit in normalmäßiger Höhe aufgebracht wor¬
den ist.

Nur noch einige Worte über die Civilliste des Kaisers. Joh. Jakob Moser
schrieb um die Mitte des vorigen Jahrhunderts in seinein "Teutschen Staats-


zielern zur Unterhaltung des Kammergerichts und den kaum nennenswerthen
Gefallen, welche dem Kaiser noch persönlich geblieben waren, gab es keine
regelmäßige Reichsstener. Bei Errichtung der neuen Reichsmatrikel im Jahre
1681 waren nicht nur die Anzahl der zur Reichsarmee zu gestellenden Mann¬
schaften, sondern auch die Matrikularbeiträge zu einer Reichsoperationskasse
ans die verschiedenen Kreise vertheilt und von diesen wieder auf die einzelnen
Stunde subrepartirt worden. Ein solch' einfacher Anschlag repräsentirte einen
Nömermonat, so genannt nach den früher zu den Römerzügen bewilligten Bei¬
trägen, und die Ausschreibungen für irgend welche außerordentliche Bedürfnisse
des Reichs in Krieg oder Frieden geschahen für eine gewisse Anzahl von
Römermonaten.

Wie jedoch der Neichsmilitärfuß zunächst von den Kreisen zu einem Kon-
ventionalfuß und dann wieder von den einzelnen Ständen zu einem Usualfuß
herabgemindert worden war, so hatte man auch die reichsgesetzlich normirtcn
Matrikularbeiträge durch ein zweifaches Sieb gehen lassen. Nur der Reichstag
konnte die Ausschreibung eines oder mehrerer Nömermvnate bewilligen und es
geschah dies immer nur zu ganz bestimmten Zwecken, sei es zur Führung eines
Reichskrieges oder im Frieden beispielsweise zur Unterhaltung der beiden
Reichsfestnngen Kehl und Philippsburg. Jede Zahlung an die Reichskasse sah
man als eine Beraubung an und viele Fürsten behaupteten sogar, daß die¬
jenigen Stände, welche im Reichstage gegen die Bewilligung gestimmt und in
der Minorität geblieben wären, zur Zahlung der Rvmermonate nicht gezwun¬
gen werden könnten. Am säumigsten waren die größeren Stände weil sie sich
am unabhängigsten fühlten. Die früheren fiskalischen Prozesse waren mit der
Zeit unausführbar geworden, ebenso auch das Recht der Exekution mit ge-
waffneter Hand gegen säumige Kontribuenten. Die Altersschwäche des Reichs
machte sich überall, so auch hier geltend. Selbst wenn im Falle äußerster
Gefahr der Reichstag eine gewisse Anzahl von Römermonaten bewilligte, gingen
sie doch nur immer säumig und unvollständig ein. Von vielen Beispielen nur
eins. Im Jahre 1793, wo es den Deutschen doch wahrlich auf den Nägeln
brannte, war der Neichskrieg gegen Frankreich endlich erklärt und fogar ein
sünfzigfacher Römermonat vom Reichstag bewilligt worden. Bis zur Mitte
des Jahres 1795 waren diese reichsgesetzlichen Matrikularbeiträge von 45
Reichsständen nur zum Theil, von 94 Reichsständen aber noch gar nicht ge¬
zahlt worden. Man darf wohl mit aller Bestimmtheit behaupten, daß diese
Steuer niemals und zu keiner Zeit in normalmäßiger Höhe aufgebracht wor¬
den ist.

Nur noch einige Worte über die Civilliste des Kaisers. Joh. Jakob Moser
schrieb um die Mitte des vorigen Jahrhunderts in seinein „Teutschen Staats-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/332>, abgerufen am 27.07.2024.