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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

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trockener Blätter ergeben, etwa 8 Prozent seines Werthes. Was die Einfuhr
anlangt, so beträgt der Zoll für unbearbeitete Tabaksblätter, für Cigarren
und Schnupftabak 60, für Rauchtabak und sonstige Tabakfabrikate 33 Mark pro
Zentner. Der Werth der eingeführten Waaren wird darnach sehr ungleichmäßig
betroffen: nach einer Schätzung des Gesammtwerths der Tabakseinfuhr veran¬
schlagt das kaiserliche statistische Amt die Eingangsabgabe auf durchschnittlich
15 bis 16 Prozent der unverzollten Waare.

Die Flächenbesteuerung der inländischen Tabaksproduktion leidet an zwei
großen und unheilbaren Fehlern, die augenblicklich allein wegen der ganz niedri¬
gen und für die Tabakspflanzer verhältnißmäßig gleichgiltigen Steuersätze
ertragen werden können. Zunächst gestattet sie gar keine organische Regelung
des Verhältnisses zwischen Grenzzoll und Steuer, dessen genaue Abwägung bei
dem starken Import eine Lebensfrage für die heimischen Pflanzer ist. Ein
Zentner ausländischer Tabak und ein Morgen inländisches Tabaksland, gleich¬
viel wo es liegt und wie es beschaffen ist, sind eben völlig inkommensurable
Größen. Zweitens nimmt die Flächensteuer nicht die geringste Rücksicht auf
die verschiedene Ertragsfähigkeit der Aecker. Dieselbe wechselt von 4^ bis 18
Zentner pro Morgen; das heißt mit andern Worten, daß der schlechteste Acker
viermal mehr Steuer zahlen muß, als der beste. Solange die Flächensteuer
besteht, ist an keine Erhöhung der Tabakssteuer zu denken; es hieße den
deutschen Tabaksbau willenlos allen Launen des Weltmarkts opfern und die
Besitzer minder ertragreicher Aecker einfach umbringen.

Es war denn auch der erste Schritt der Neichsregierung, die Flächen¬
steuer aufzugeben, als sie die Tabakssteuerreform praktisch angriff. In ihrem
neuesten EntWurfe, der augenblicklich dem Reichstage vorliegt, schlägt sie vor,
54 Mark Steuer für den Zentner inländischen Tabaks in getrocknetem, unfer-
mentirtem Zustande zu erheben. Nur für Grundstücke unter sechs Aren soll
die Flächensteuer beibehalten, Steuerfreiheit aber gar nicht mehr gewährt werden.
An Zoll soll erhoben werden für unbearbeitete Tabaksblätter 42, für Cigarren
90, für sonstige Tabaksfabrikate 60 Mark. Diese Form der Besteuerung !ist
insofern mit großen Schwierigkeiten verbunden, als Sicherheit dafür gewährt
werden muß, daß nicht ein beträchtlicher Theil des geernteten Tabaks der amt¬
lichen Verwiegung und Versteuerung entzogen werde. Um dieser Gefahr zu
entgehen wird ein sehr detaillirtes und penibles Kontrolesystem geplant mit
strengen Strafen für Defraudationen. Erlegt werden soll die Steuer nach der
Trocknung, aber vor der Fermentation der Blätter; so hofft die Regierung den
Ertrag der Tabakssteuer um rund 30 Millionen Mark zu erhöhen.

Man kann der Gewichtssteuer gewisse Vorzüge vor der Flächensteuer nicht
absprechen. Sie läßt sich prinzipiell mit dem Grenzzoll reguliren und sie be-


Grenzboten II. 1873. 37

trockener Blätter ergeben, etwa 8 Prozent seines Werthes. Was die Einfuhr
anlangt, so beträgt der Zoll für unbearbeitete Tabaksblätter, für Cigarren
und Schnupftabak 60, für Rauchtabak und sonstige Tabakfabrikate 33 Mark pro
Zentner. Der Werth der eingeführten Waaren wird darnach sehr ungleichmäßig
betroffen: nach einer Schätzung des Gesammtwerths der Tabakseinfuhr veran¬
schlagt das kaiserliche statistische Amt die Eingangsabgabe auf durchschnittlich
15 bis 16 Prozent der unverzollten Waare.

Die Flächenbesteuerung der inländischen Tabaksproduktion leidet an zwei
großen und unheilbaren Fehlern, die augenblicklich allein wegen der ganz niedri¬
gen und für die Tabakspflanzer verhältnißmäßig gleichgiltigen Steuersätze
ertragen werden können. Zunächst gestattet sie gar keine organische Regelung
des Verhältnisses zwischen Grenzzoll und Steuer, dessen genaue Abwägung bei
dem starken Import eine Lebensfrage für die heimischen Pflanzer ist. Ein
Zentner ausländischer Tabak und ein Morgen inländisches Tabaksland, gleich¬
viel wo es liegt und wie es beschaffen ist, sind eben völlig inkommensurable
Größen. Zweitens nimmt die Flächensteuer nicht die geringste Rücksicht auf
die verschiedene Ertragsfähigkeit der Aecker. Dieselbe wechselt von 4^ bis 18
Zentner pro Morgen; das heißt mit andern Worten, daß der schlechteste Acker
viermal mehr Steuer zahlen muß, als der beste. Solange die Flächensteuer
besteht, ist an keine Erhöhung der Tabakssteuer zu denken; es hieße den
deutschen Tabaksbau willenlos allen Launen des Weltmarkts opfern und die
Besitzer minder ertragreicher Aecker einfach umbringen.

Es war denn auch der erste Schritt der Neichsregierung, die Flächen¬
steuer aufzugeben, als sie die Tabakssteuerreform praktisch angriff. In ihrem
neuesten EntWurfe, der augenblicklich dem Reichstage vorliegt, schlägt sie vor,
54 Mark Steuer für den Zentner inländischen Tabaks in getrocknetem, unfer-
mentirtem Zustande zu erheben. Nur für Grundstücke unter sechs Aren soll
die Flächensteuer beibehalten, Steuerfreiheit aber gar nicht mehr gewährt werden.
An Zoll soll erhoben werden für unbearbeitete Tabaksblätter 42, für Cigarren
90, für sonstige Tabaksfabrikate 60 Mark. Diese Form der Besteuerung !ist
insofern mit großen Schwierigkeiten verbunden, als Sicherheit dafür gewährt
werden muß, daß nicht ein beträchtlicher Theil des geernteten Tabaks der amt¬
lichen Verwiegung und Versteuerung entzogen werde. Um dieser Gefahr zu
entgehen wird ein sehr detaillirtes und penibles Kontrolesystem geplant mit
strengen Strafen für Defraudationen. Erlegt werden soll die Steuer nach der
Trocknung, aber vor der Fermentation der Blätter; so hofft die Regierung den
Ertrag der Tabakssteuer um rund 30 Millionen Mark zu erhöhen.

Man kann der Gewichtssteuer gewisse Vorzüge vor der Flächensteuer nicht
absprechen. Sie läßt sich prinzipiell mit dem Grenzzoll reguliren und sie be-


Grenzboten II. 1873. 37
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[0293] trockener Blätter ergeben, etwa 8 Prozent seines Werthes. Was die Einfuhr anlangt, so beträgt der Zoll für unbearbeitete Tabaksblätter, für Cigarren und Schnupftabak 60, für Rauchtabak und sonstige Tabakfabrikate 33 Mark pro Zentner. Der Werth der eingeführten Waaren wird darnach sehr ungleichmäßig betroffen: nach einer Schätzung des Gesammtwerths der Tabakseinfuhr veran¬ schlagt das kaiserliche statistische Amt die Eingangsabgabe auf durchschnittlich 15 bis 16 Prozent der unverzollten Waare. Die Flächenbesteuerung der inländischen Tabaksproduktion leidet an zwei großen und unheilbaren Fehlern, die augenblicklich allein wegen der ganz niedri¬ gen und für die Tabakspflanzer verhältnißmäßig gleichgiltigen Steuersätze ertragen werden können. Zunächst gestattet sie gar keine organische Regelung des Verhältnisses zwischen Grenzzoll und Steuer, dessen genaue Abwägung bei dem starken Import eine Lebensfrage für die heimischen Pflanzer ist. Ein Zentner ausländischer Tabak und ein Morgen inländisches Tabaksland, gleich¬ viel wo es liegt und wie es beschaffen ist, sind eben völlig inkommensurable Größen. Zweitens nimmt die Flächensteuer nicht die geringste Rücksicht auf die verschiedene Ertragsfähigkeit der Aecker. Dieselbe wechselt von 4^ bis 18 Zentner pro Morgen; das heißt mit andern Worten, daß der schlechteste Acker viermal mehr Steuer zahlen muß, als der beste. Solange die Flächensteuer besteht, ist an keine Erhöhung der Tabakssteuer zu denken; es hieße den deutschen Tabaksbau willenlos allen Launen des Weltmarkts opfern und die Besitzer minder ertragreicher Aecker einfach umbringen. Es war denn auch der erste Schritt der Neichsregierung, die Flächen¬ steuer aufzugeben, als sie die Tabakssteuerreform praktisch angriff. In ihrem neuesten EntWurfe, der augenblicklich dem Reichstage vorliegt, schlägt sie vor, 54 Mark Steuer für den Zentner inländischen Tabaks in getrocknetem, unfer- mentirtem Zustande zu erheben. Nur für Grundstücke unter sechs Aren soll die Flächensteuer beibehalten, Steuerfreiheit aber gar nicht mehr gewährt werden. An Zoll soll erhoben werden für unbearbeitete Tabaksblätter 42, für Cigarren 90, für sonstige Tabaksfabrikate 60 Mark. Diese Form der Besteuerung !ist insofern mit großen Schwierigkeiten verbunden, als Sicherheit dafür gewährt werden muß, daß nicht ein beträchtlicher Theil des geernteten Tabaks der amt¬ lichen Verwiegung und Versteuerung entzogen werde. Um dieser Gefahr zu entgehen wird ein sehr detaillirtes und penibles Kontrolesystem geplant mit strengen Strafen für Defraudationen. Erlegt werden soll die Steuer nach der Trocknung, aber vor der Fermentation der Blätter; so hofft die Regierung den Ertrag der Tabakssteuer um rund 30 Millionen Mark zu erhöhen. Man kann der Gewichtssteuer gewisse Vorzüge vor der Flächensteuer nicht absprechen. Sie läßt sich prinzipiell mit dem Grenzzoll reguliren und sie be- Grenzboten II. 1873. 37

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/293>, abgerufen am 27.07.2024.