Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

schwankt je nach dem Umfange der Kultur zwischen 16 und 20 Mill. Mark;
den Bruttvgeldertrag pro Hektar des mit Tabak bepflanzten Areals berechnet
das kaiserliche statistische Amt durchschnittlich auf 870 Mk. Tabakspflanzer gab es
nach den Ermittelungen für das Erntejahr 1875/76 191,896; von dieser Zahl be¬
pflanzten 85,589 Flächen von weniger als 85 Quadratmeter oder 6 Quadratruthen
preußisch; von den restirenden 106,307 bebauten auf 180,796 Grundstücken
39,028 eine Fläche bis zu 10 Ar, 40,277 über 10 bis 25 Ar, 27,75? über
25 Ar bis 1 Hektar, endlich 2245 über 1 Hektar. Diese Zahlen ergeben, daß
die Tabakskultur so gut wie durchweg landwirtschaftlicher Kleinbetrieb ist,
was sich als grundlegendes Moment für die volkswirtschaftliche Beurtheilung
der ganzen Frage darstellt. Namentlich um deshalb, weil der Tabaksbau in
weit höherem Grade, wie andere landwirtschaftliche Kulturen, eine vorzügliche
Gelegenheit für den Pflanzer bietet, seine und seiner Familie Arbeitskraft aus¬
giebig zu verwerthen, was bei dem Bau anderer Hcmdelspflnnzen gar nicht oder
doch nur in einer für die Existenzfähigkeit der kleinen Leute ungenügenden
Weise geschehen könnte. Ueber die Nützlichkeit des Tabaksbaus für Grund
und Boden sind allerdings die Ansichten verschieden; vielfach wird er als
Raubbau denuncirt. Seine Verbreitung über das deutsche Reich ist sehr un¬
gleich; ganz überwiegend kommen -- mit Ausnahme von Würtemberg -- die
süddeutschen Staaten in Betracht. An dem gestimmten deutschen Tabaksball
war 1875 Preußen mit 24,2, Baiern mit 31,4, Baden mit 30,7, Elsaß-Loth¬
ringen mit 15,9, Hessen mit 4,7, Würtemberg mit 1,1 und alle übrigen Staaten
zusammen mit 2 Prozent betheiligt. Dies Verhältniß wird dadurch noch
schärfer beleuchtet, daß es vornämlich die süddeutschen Staaten find, in denen
der Tabak als Handelsartikel kultivirt wird; von den Pflanzern, die weniger
als 6 Quadratruthen, d. h> nur für ihren persönlichen Konsum bauen, gehören
nicht weniger, als 73,928 dem Zollgebiet östlich der Elbe, und von dieser Zahl
wiederum mehr als die Hülste den Provinzen Ost- und Westprmßen an.

Ein Theil der inländischen Produktion geht in's Ausland. Legt man die
durchschnittlichen Zahlen von 1871/72 bis 1876/7? zu Grunde, so werden all
Nvhtabcik 143,572, an Tabaksfabrikaten 81,600 Zentner jährlich exportirt, da¬
runter 34,612 Ztr. Cigarren und 41,377 Ztr. Rauchtabak in Rollen, Kein- und
Schnupftabak ?c.; etwa die Hälfte dieser Fabrikate mag uach amtlicher Schätzung
aus vorher importirten, ausländischem Tabake bestehen. Dieser Ausfuhr steht eine
ungleich bedeutendere Einfuhr gegenüber. Hier ergeben sich für den erwähnten
Zeitraum jährlich an Rohtabak 996,369, an Cigarren 14,469, an sonstigen
Tabaksfabrikaten 10,378 Zentner. Die großen Tabaksmärkte für außer¬
europäischen Tabak sind im deutschen Reiche Hamburg und Bremen. Ueber
sie gelangt ca. ^ der gesammten Einfuhr von Rohtabak in das Zollgebiet;


schwankt je nach dem Umfange der Kultur zwischen 16 und 20 Mill. Mark;
den Bruttvgeldertrag pro Hektar des mit Tabak bepflanzten Areals berechnet
das kaiserliche statistische Amt durchschnittlich auf 870 Mk. Tabakspflanzer gab es
nach den Ermittelungen für das Erntejahr 1875/76 191,896; von dieser Zahl be¬
pflanzten 85,589 Flächen von weniger als 85 Quadratmeter oder 6 Quadratruthen
preußisch; von den restirenden 106,307 bebauten auf 180,796 Grundstücken
39,028 eine Fläche bis zu 10 Ar, 40,277 über 10 bis 25 Ar, 27,75? über
25 Ar bis 1 Hektar, endlich 2245 über 1 Hektar. Diese Zahlen ergeben, daß
die Tabakskultur so gut wie durchweg landwirtschaftlicher Kleinbetrieb ist,
was sich als grundlegendes Moment für die volkswirtschaftliche Beurtheilung
der ganzen Frage darstellt. Namentlich um deshalb, weil der Tabaksbau in
weit höherem Grade, wie andere landwirtschaftliche Kulturen, eine vorzügliche
Gelegenheit für den Pflanzer bietet, seine und seiner Familie Arbeitskraft aus¬
giebig zu verwerthen, was bei dem Bau anderer Hcmdelspflnnzen gar nicht oder
doch nur in einer für die Existenzfähigkeit der kleinen Leute ungenügenden
Weise geschehen könnte. Ueber die Nützlichkeit des Tabaksbaus für Grund
und Boden sind allerdings die Ansichten verschieden; vielfach wird er als
Raubbau denuncirt. Seine Verbreitung über das deutsche Reich ist sehr un¬
gleich; ganz überwiegend kommen — mit Ausnahme von Würtemberg — die
süddeutschen Staaten in Betracht. An dem gestimmten deutschen Tabaksball
war 1875 Preußen mit 24,2, Baiern mit 31,4, Baden mit 30,7, Elsaß-Loth¬
ringen mit 15,9, Hessen mit 4,7, Würtemberg mit 1,1 und alle übrigen Staaten
zusammen mit 2 Prozent betheiligt. Dies Verhältniß wird dadurch noch
schärfer beleuchtet, daß es vornämlich die süddeutschen Staaten find, in denen
der Tabak als Handelsartikel kultivirt wird; von den Pflanzern, die weniger
als 6 Quadratruthen, d. h> nur für ihren persönlichen Konsum bauen, gehören
nicht weniger, als 73,928 dem Zollgebiet östlich der Elbe, und von dieser Zahl
wiederum mehr als die Hülste den Provinzen Ost- und Westprmßen an.

Ein Theil der inländischen Produktion geht in's Ausland. Legt man die
durchschnittlichen Zahlen von 1871/72 bis 1876/7? zu Grunde, so werden all
Nvhtabcik 143,572, an Tabaksfabrikaten 81,600 Zentner jährlich exportirt, da¬
runter 34,612 Ztr. Cigarren und 41,377 Ztr. Rauchtabak in Rollen, Kein- und
Schnupftabak ?c.; etwa die Hälfte dieser Fabrikate mag uach amtlicher Schätzung
aus vorher importirten, ausländischem Tabake bestehen. Dieser Ausfuhr steht eine
ungleich bedeutendere Einfuhr gegenüber. Hier ergeben sich für den erwähnten
Zeitraum jährlich an Rohtabak 996,369, an Cigarren 14,469, an sonstigen
Tabaksfabrikaten 10,378 Zentner. Die großen Tabaksmärkte für außer¬
europäischen Tabak sind im deutschen Reiche Hamburg und Bremen. Ueber
sie gelangt ca. ^ der gesammten Einfuhr von Rohtabak in das Zollgebiet;


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0288" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/140109"/>
          <p xml:id="ID_864" prev="#ID_863"> schwankt je nach dem Umfange der Kultur zwischen 16 und 20 Mill. Mark;<lb/>
den Bruttvgeldertrag pro Hektar des mit Tabak bepflanzten Areals berechnet<lb/>
das kaiserliche statistische Amt durchschnittlich auf 870 Mk. Tabakspflanzer gab es<lb/>
nach den Ermittelungen für das Erntejahr 1875/76 191,896; von dieser Zahl be¬<lb/>
pflanzten 85,589 Flächen von weniger als 85 Quadratmeter oder 6 Quadratruthen<lb/>
preußisch; von den restirenden 106,307 bebauten auf 180,796 Grundstücken<lb/>
39,028 eine Fläche bis zu 10 Ar, 40,277 über 10 bis 25 Ar, 27,75? über<lb/>
25 Ar bis 1 Hektar, endlich 2245 über 1 Hektar. Diese Zahlen ergeben, daß<lb/>
die Tabakskultur so gut wie durchweg landwirtschaftlicher Kleinbetrieb ist,<lb/>
was sich als grundlegendes Moment für die volkswirtschaftliche Beurtheilung<lb/>
der ganzen Frage darstellt. Namentlich um deshalb, weil der Tabaksbau in<lb/>
weit höherem Grade, wie andere landwirtschaftliche Kulturen, eine vorzügliche<lb/>
Gelegenheit für den Pflanzer bietet, seine und seiner Familie Arbeitskraft aus¬<lb/>
giebig zu verwerthen, was bei dem Bau anderer Hcmdelspflnnzen gar nicht oder<lb/>
doch nur in einer für die Existenzfähigkeit der kleinen Leute ungenügenden<lb/>
Weise geschehen könnte. Ueber die Nützlichkeit des Tabaksbaus für Grund<lb/>
und Boden sind allerdings die Ansichten verschieden; vielfach wird er als<lb/>
Raubbau denuncirt. Seine Verbreitung über das deutsche Reich ist sehr un¬<lb/>
gleich; ganz überwiegend kommen &#x2014; mit Ausnahme von Würtemberg &#x2014; die<lb/>
süddeutschen Staaten in Betracht. An dem gestimmten deutschen Tabaksball<lb/>
war 1875 Preußen mit 24,2, Baiern mit 31,4, Baden mit 30,7, Elsaß-Loth¬<lb/>
ringen mit 15,9, Hessen mit 4,7, Würtemberg mit 1,1 und alle übrigen Staaten<lb/>
zusammen mit 2 Prozent betheiligt. Dies Verhältniß wird dadurch noch<lb/>
schärfer beleuchtet, daß es vornämlich die süddeutschen Staaten find, in denen<lb/>
der Tabak als Handelsartikel kultivirt wird; von den Pflanzern, die weniger<lb/>
als 6 Quadratruthen, d. h&gt; nur für ihren persönlichen Konsum bauen, gehören<lb/>
nicht weniger, als 73,928 dem Zollgebiet östlich der Elbe, und von dieser Zahl<lb/>
wiederum mehr als die Hülste den Provinzen Ost- und Westprmßen an.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_865" next="#ID_866"> Ein Theil der inländischen Produktion geht in's Ausland. Legt man die<lb/>
durchschnittlichen Zahlen von 1871/72 bis 1876/7? zu Grunde, so werden all<lb/>
Nvhtabcik 143,572, an Tabaksfabrikaten 81,600 Zentner jährlich exportirt, da¬<lb/>
runter 34,612 Ztr. Cigarren und 41,377 Ztr. Rauchtabak in Rollen, Kein- und<lb/>
Schnupftabak ?c.; etwa die Hälfte dieser Fabrikate mag uach amtlicher Schätzung<lb/>
aus vorher importirten, ausländischem Tabake bestehen. Dieser Ausfuhr steht eine<lb/>
ungleich bedeutendere Einfuhr gegenüber. Hier ergeben sich für den erwähnten<lb/>
Zeitraum jährlich an Rohtabak 996,369, an Cigarren 14,469, an sonstigen<lb/>
Tabaksfabrikaten 10,378 Zentner. Die großen Tabaksmärkte für außer¬<lb/>
europäischen Tabak sind im deutschen Reiche Hamburg und Bremen. Ueber<lb/>
sie gelangt ca. ^ der gesammten Einfuhr von Rohtabak in das Zollgebiet;</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0288] schwankt je nach dem Umfange der Kultur zwischen 16 und 20 Mill. Mark; den Bruttvgeldertrag pro Hektar des mit Tabak bepflanzten Areals berechnet das kaiserliche statistische Amt durchschnittlich auf 870 Mk. Tabakspflanzer gab es nach den Ermittelungen für das Erntejahr 1875/76 191,896; von dieser Zahl be¬ pflanzten 85,589 Flächen von weniger als 85 Quadratmeter oder 6 Quadratruthen preußisch; von den restirenden 106,307 bebauten auf 180,796 Grundstücken 39,028 eine Fläche bis zu 10 Ar, 40,277 über 10 bis 25 Ar, 27,75? über 25 Ar bis 1 Hektar, endlich 2245 über 1 Hektar. Diese Zahlen ergeben, daß die Tabakskultur so gut wie durchweg landwirtschaftlicher Kleinbetrieb ist, was sich als grundlegendes Moment für die volkswirtschaftliche Beurtheilung der ganzen Frage darstellt. Namentlich um deshalb, weil der Tabaksbau in weit höherem Grade, wie andere landwirtschaftliche Kulturen, eine vorzügliche Gelegenheit für den Pflanzer bietet, seine und seiner Familie Arbeitskraft aus¬ giebig zu verwerthen, was bei dem Bau anderer Hcmdelspflnnzen gar nicht oder doch nur in einer für die Existenzfähigkeit der kleinen Leute ungenügenden Weise geschehen könnte. Ueber die Nützlichkeit des Tabaksbaus für Grund und Boden sind allerdings die Ansichten verschieden; vielfach wird er als Raubbau denuncirt. Seine Verbreitung über das deutsche Reich ist sehr un¬ gleich; ganz überwiegend kommen — mit Ausnahme von Würtemberg — die süddeutschen Staaten in Betracht. An dem gestimmten deutschen Tabaksball war 1875 Preußen mit 24,2, Baiern mit 31,4, Baden mit 30,7, Elsaß-Loth¬ ringen mit 15,9, Hessen mit 4,7, Würtemberg mit 1,1 und alle übrigen Staaten zusammen mit 2 Prozent betheiligt. Dies Verhältniß wird dadurch noch schärfer beleuchtet, daß es vornämlich die süddeutschen Staaten find, in denen der Tabak als Handelsartikel kultivirt wird; von den Pflanzern, die weniger als 6 Quadratruthen, d. h> nur für ihren persönlichen Konsum bauen, gehören nicht weniger, als 73,928 dem Zollgebiet östlich der Elbe, und von dieser Zahl wiederum mehr als die Hülste den Provinzen Ost- und Westprmßen an. Ein Theil der inländischen Produktion geht in's Ausland. Legt man die durchschnittlichen Zahlen von 1871/72 bis 1876/7? zu Grunde, so werden all Nvhtabcik 143,572, an Tabaksfabrikaten 81,600 Zentner jährlich exportirt, da¬ runter 34,612 Ztr. Cigarren und 41,377 Ztr. Rauchtabak in Rollen, Kein- und Schnupftabak ?c.; etwa die Hälfte dieser Fabrikate mag uach amtlicher Schätzung aus vorher importirten, ausländischem Tabake bestehen. Dieser Ausfuhr steht eine ungleich bedeutendere Einfuhr gegenüber. Hier ergeben sich für den erwähnten Zeitraum jährlich an Rohtabak 996,369, an Cigarren 14,469, an sonstigen Tabaksfabrikaten 10,378 Zentner. Die großen Tabaksmärkte für außer¬ europäischen Tabak sind im deutschen Reiche Hamburg und Bremen. Ueber sie gelangt ca. ^ der gesammten Einfuhr von Rohtabak in das Zollgebiet;

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/288
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/288>, abgerufen am 01.09.2024.