Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.Partei unter ?lo nono wurde sie natürlich nicht anerkannt, woraus folgt, daß Curci kennt allerdings keinen ändern Staats-, religious- und gesellschafts¬ Worte der Allokution vom 9. Juni 1862, welchen die anwesenden und später auch
viele andere Bischöfe zustimmten. Partei unter ?lo nono wurde sie natürlich nicht anerkannt, woraus folgt, daß Curci kennt allerdings keinen ändern Staats-, religious- und gesellschafts¬ Worte der Allokution vom 9. Juni 1862, welchen die anwesenden und später auch
viele andere Bischöfe zustimmten. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0225" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/140046"/> <p xml:id="ID_711" prev="#ID_710"> Partei unter ?lo nono wurde sie natürlich nicht anerkannt, woraus folgt, daß<lb/> sie auch alle darauf gegründeten Folgerungen Curci's bestritt und bekämpfte.<lb/> Für ihn aber folgt daraus mit logischer Nothwendigkeit, daß die Kirche, wenn<lb/> sie nicht ihrer Mission untreu werden will, sich mit den bestehenden Thatsachen<lb/> aussöhnen muß und daß der bisherige Widerstand ein schwerer Fehler ist.<lb/> Dies sucht Curci zu beweisen, ohne daß er im Entferntesten an eine Unter¬<lb/> werfung der Kirche uuter den Staat und an die Anerkennung der Staatsgewalt<lb/> als höchster weltlicher Autorität denkt, sondern indem er im Gegentheil an<lb/> dem Vorrange der von Gott stammenden kirchlichen Autorität festhält und<lb/> eine Verständigung mit dem Staate verlangt, welche die Geltendmachung<lb/> dieser Autorität sichert, wodurch nach seiner Meinung auch dem Staate aufs<lb/> Beste gedient ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_712"> Curci kennt allerdings keinen ändern Staats-, religious- und gesellschafts¬<lb/> philosophischen Standpunkt!als den der scholastischen Theologie: des Thomas<lb/> Aquino Lehre ist für ihn die unantastbare Grundlage der staatlichen und<lb/> socialen Ordnung. Demgemäß steht es für ihn fest und ist mit seiner vollen<lb/> Zustimmung mehrfach und noch in neuester Zeit von der Kirche erklärt worden,<lb/> daß „eine Souveränetät zur Unabhängigkeit des Papstes unentbehrlich ist" und<lb/> daß „das weltliche Reich des Heil. Stuhles durch einen besonderen Rathschluß<lb/> der göttlichen Vorsehung dem Römischen Pontifex verliehen worden und daß<lb/> dasselbe nothwendig ist, damit der Römische Pontifex, ohne irgendeinem Fürsten<lb/> oder einer bürgerlichen Gewalt unterworfen zu sein, die hohe Gewalt die ganze<lb/> Heerde des Herrn zu weiden und zu regieren und die göttliche von Christus<lb/> selbst empfangene Autorität in der gefammten' Kirche mit vollster Freiheit<lb/> ausüben und fiir das mehrere Wohl, den Nutzen und die Bedürfnisse derselbigen<lb/> Gläubigen sorgen könne". *) Soweit stimmt Curci vollständig mit der extremsten<lb/> klerikalen Partei überein. Die entscheidende Abweiguug vollzieht sich erst in<lb/> der Deutung jener Worte. Die Fanatiker ziehen daraus die Consequenz, daß<lb/> die Einziehung des Kirchenstaates Teufelswerk und seine Wiederherstellung mit<lb/> allen Mitteln anzustreben sei und geben diese Ansicht anch sür die des Papstes<lb/> aus. Curci erklärt das für Betrug, behauptet, daß man auch die Aufhebung<lb/> der weltlichen Papstmacht als von der göttlichen Vorsehung zu¬<lb/> gelassen acceptiren müsse, das die letztere anch in anderer Weise die Un¬<lb/> abhängigkeit des Pontifex sichern könne, und daß, wenn eine Souveränetät<lb/> desselben nöthig sei, sie durchaus nicht genau so beschaffen sein müsse, wie sie<lb/> vor dem 20. September 1870 war. —</p><lb/> <note xml:id="FID_67" place="foot"> Worte der Allokution vom 9. Juni 1862, welchen die anwesenden und später auch<lb/> viele andere Bischöfe zustimmten.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0225]
Partei unter ?lo nono wurde sie natürlich nicht anerkannt, woraus folgt, daß
sie auch alle darauf gegründeten Folgerungen Curci's bestritt und bekämpfte.
Für ihn aber folgt daraus mit logischer Nothwendigkeit, daß die Kirche, wenn
sie nicht ihrer Mission untreu werden will, sich mit den bestehenden Thatsachen
aussöhnen muß und daß der bisherige Widerstand ein schwerer Fehler ist.
Dies sucht Curci zu beweisen, ohne daß er im Entferntesten an eine Unter¬
werfung der Kirche uuter den Staat und an die Anerkennung der Staatsgewalt
als höchster weltlicher Autorität denkt, sondern indem er im Gegentheil an
dem Vorrange der von Gott stammenden kirchlichen Autorität festhält und
eine Verständigung mit dem Staate verlangt, welche die Geltendmachung
dieser Autorität sichert, wodurch nach seiner Meinung auch dem Staate aufs
Beste gedient ist.
Curci kennt allerdings keinen ändern Staats-, religious- und gesellschafts¬
philosophischen Standpunkt!als den der scholastischen Theologie: des Thomas
Aquino Lehre ist für ihn die unantastbare Grundlage der staatlichen und
socialen Ordnung. Demgemäß steht es für ihn fest und ist mit seiner vollen
Zustimmung mehrfach und noch in neuester Zeit von der Kirche erklärt worden,
daß „eine Souveränetät zur Unabhängigkeit des Papstes unentbehrlich ist" und
daß „das weltliche Reich des Heil. Stuhles durch einen besonderen Rathschluß
der göttlichen Vorsehung dem Römischen Pontifex verliehen worden und daß
dasselbe nothwendig ist, damit der Römische Pontifex, ohne irgendeinem Fürsten
oder einer bürgerlichen Gewalt unterworfen zu sein, die hohe Gewalt die ganze
Heerde des Herrn zu weiden und zu regieren und die göttliche von Christus
selbst empfangene Autorität in der gefammten' Kirche mit vollster Freiheit
ausüben und fiir das mehrere Wohl, den Nutzen und die Bedürfnisse derselbigen
Gläubigen sorgen könne". *) Soweit stimmt Curci vollständig mit der extremsten
klerikalen Partei überein. Die entscheidende Abweiguug vollzieht sich erst in
der Deutung jener Worte. Die Fanatiker ziehen daraus die Consequenz, daß
die Einziehung des Kirchenstaates Teufelswerk und seine Wiederherstellung mit
allen Mitteln anzustreben sei und geben diese Ansicht anch sür die des Papstes
aus. Curci erklärt das für Betrug, behauptet, daß man auch die Aufhebung
der weltlichen Papstmacht als von der göttlichen Vorsehung zu¬
gelassen acceptiren müsse, das die letztere anch in anderer Weise die Un¬
abhängigkeit des Pontifex sichern könne, und daß, wenn eine Souveränetät
desselben nöthig sei, sie durchaus nicht genau so beschaffen sein müsse, wie sie
vor dem 20. September 1870 war. —
Worte der Allokution vom 9. Juni 1862, welchen die anwesenden und später auch
viele andere Bischöfe zustimmten.
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