Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

mäßig hinter dem zurücksteht, der während der Freihandelsperiode von 1846
bis 1861 stattfand; ferner weisen sie mit Recht darauf hin, daß die gegen¬
wärtige Krisis in einer ausnahmsweise langen Anbauer alle Bevölkeruugs-
klassen der Union, besonders aber die Arbeiterklasse, mit einer zuvor nie dage¬
wesenen Härte drückt, und schreiben dies dem übertrieben hohen Zolltarife zu.

Dieser merkwürdige Umstand, daß zwei entgegengesetzte Parteien Amerika
für sich in die Schranken führen, läßt gerade in der Gegenwart die amerika¬
nischen Verhältnisse und Erfahrungen auf dem Gebiete des Zollwesens als
von dem höchsten Interesse erscheinen, ganz abgesehen davon, daß der Volks¬
wirth und der Staatsmann sich zu jeder Zeit aus theoretischen und praktischen
Gründen für Experimente interessiren müssen, die nach einem so gro߬
artigen Maßstabe angelegt sind, wie ihn die Vereinigten Staaten bieten.
Wir begrüßen daher mit Freuden eine Schrift, welche es sich zur Aufgabe
gemacht hat, die amerikanischen Zollverhältnisse in objektivster Weise näher zu
beleuchten, wir thun dies um so mehr, als die betreffende Literatur bis jetzt
noch eine sehr dürftige ist, und zwar nicht nur in der deutschen, sondern auch
in der englischen Sprache. Die bezeichnete Schrift bildet das dritte Heft des
ersten Bandes der "Sammlung nationalökonomischer und statistischer Abhand¬
lungen des staatswissenschaftlicher Seminars zu Halle a. d. S.", herausgegeben
von Professor Dr. Joh. Conrad; sie stammt aus der Feder des Dr. E. I.
James und ist betitelt: "Studien über den amerikanischen Zolltarif" (Verlag
von Gustav Fischer, Jena, 1877).

Die Arbeit des Herrn James zerfällt in drei Kapitel, von denen das
erste eine kurze Geschichte der amerikanischen Zollgesetzgebung von der Grün¬
dung der Union an bis zum Jahre 1867 enthält und dabei wesentlich die
verschiedenen politischen Parteiströmungen berücksichtigt. Das zweite Kapitel
behandelt die Arten der Zölle. An die Darstellung der thatsächlichen Ver¬
hältnisse knüpft der Verfasser eine allgemeine Besprechung der Vorzüge der
Werth- und spezfischen Zölle und macht auf den verschiedenen Stand¬
punkt der amerikanischen und europäischen Schutzzöllner besonders aufmerksam.
Der Zusammenhang zwischen den Arten der Zölle und der Zollpolitik über¬
haupt ist ein so enger, daß eine Darstellung der letzteren ohne die Betrachtung
ver ersteren und der Gründe dasür sich nicht wohl durchführen läßt. Das
dritte Kapitel schildert den volkswirthschaftlichen Einfluß der ameri¬
kanischen Zollpolitik auf Aus- und Einfuhr, sowohl auf die Gesammt-
auantität derselben, wie auf die Arten der ausgeführten Gegenstände. In einem
Anhange folgt eine Uebersicht über die Zollsätze der verschiedenen Gegenstände
und eine kurze Besprechung der Zölle auf Rohmaterial. Leider bildet die
Arbeit des Herrn James kein vollständig abgeschlossenes Ganzes, er beabsichtigt


mäßig hinter dem zurücksteht, der während der Freihandelsperiode von 1846
bis 1861 stattfand; ferner weisen sie mit Recht darauf hin, daß die gegen¬
wärtige Krisis in einer ausnahmsweise langen Anbauer alle Bevölkeruugs-
klassen der Union, besonders aber die Arbeiterklasse, mit einer zuvor nie dage¬
wesenen Härte drückt, und schreiben dies dem übertrieben hohen Zolltarife zu.

Dieser merkwürdige Umstand, daß zwei entgegengesetzte Parteien Amerika
für sich in die Schranken führen, läßt gerade in der Gegenwart die amerika¬
nischen Verhältnisse und Erfahrungen auf dem Gebiete des Zollwesens als
von dem höchsten Interesse erscheinen, ganz abgesehen davon, daß der Volks¬
wirth und der Staatsmann sich zu jeder Zeit aus theoretischen und praktischen
Gründen für Experimente interessiren müssen, die nach einem so gro߬
artigen Maßstabe angelegt sind, wie ihn die Vereinigten Staaten bieten.
Wir begrüßen daher mit Freuden eine Schrift, welche es sich zur Aufgabe
gemacht hat, die amerikanischen Zollverhältnisse in objektivster Weise näher zu
beleuchten, wir thun dies um so mehr, als die betreffende Literatur bis jetzt
noch eine sehr dürftige ist, und zwar nicht nur in der deutschen, sondern auch
in der englischen Sprache. Die bezeichnete Schrift bildet das dritte Heft des
ersten Bandes der „Sammlung nationalökonomischer und statistischer Abhand¬
lungen des staatswissenschaftlicher Seminars zu Halle a. d. S.", herausgegeben
von Professor Dr. Joh. Conrad; sie stammt aus der Feder des Dr. E. I.
James und ist betitelt: „Studien über den amerikanischen Zolltarif" (Verlag
von Gustav Fischer, Jena, 1877).

Die Arbeit des Herrn James zerfällt in drei Kapitel, von denen das
erste eine kurze Geschichte der amerikanischen Zollgesetzgebung von der Grün¬
dung der Union an bis zum Jahre 1867 enthält und dabei wesentlich die
verschiedenen politischen Parteiströmungen berücksichtigt. Das zweite Kapitel
behandelt die Arten der Zölle. An die Darstellung der thatsächlichen Ver¬
hältnisse knüpft der Verfasser eine allgemeine Besprechung der Vorzüge der
Werth- und spezfischen Zölle und macht auf den verschiedenen Stand¬
punkt der amerikanischen und europäischen Schutzzöllner besonders aufmerksam.
Der Zusammenhang zwischen den Arten der Zölle und der Zollpolitik über¬
haupt ist ein so enger, daß eine Darstellung der letzteren ohne die Betrachtung
ver ersteren und der Gründe dasür sich nicht wohl durchführen läßt. Das
dritte Kapitel schildert den volkswirthschaftlichen Einfluß der ameri¬
kanischen Zollpolitik auf Aus- und Einfuhr, sowohl auf die Gesammt-
auantität derselben, wie auf die Arten der ausgeführten Gegenstände. In einem
Anhange folgt eine Uebersicht über die Zollsätze der verschiedenen Gegenstände
und eine kurze Besprechung der Zölle auf Rohmaterial. Leider bildet die
Arbeit des Herrn James kein vollständig abgeschlossenes Ganzes, er beabsichtigt


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0139" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/139960"/>
          <p xml:id="ID_459" prev="#ID_458"> mäßig hinter dem zurücksteht, der während der Freihandelsperiode von 1846<lb/>
bis 1861 stattfand; ferner weisen sie mit Recht darauf hin, daß die gegen¬<lb/>
wärtige Krisis in einer ausnahmsweise langen Anbauer alle Bevölkeruugs-<lb/>
klassen der Union, besonders aber die Arbeiterklasse, mit einer zuvor nie dage¬<lb/>
wesenen Härte drückt, und schreiben dies dem übertrieben hohen Zolltarife zu.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_460"> Dieser merkwürdige Umstand, daß zwei entgegengesetzte Parteien Amerika<lb/>
für sich in die Schranken führen, läßt gerade in der Gegenwart die amerika¬<lb/>
nischen Verhältnisse und Erfahrungen auf dem Gebiete des Zollwesens als<lb/>
von dem höchsten Interesse erscheinen, ganz abgesehen davon, daß der Volks¬<lb/>
wirth und der Staatsmann sich zu jeder Zeit aus theoretischen und praktischen<lb/>
Gründen für Experimente interessiren müssen, die nach einem so gro߬<lb/>
artigen Maßstabe angelegt sind, wie ihn die Vereinigten Staaten bieten.<lb/>
Wir begrüßen daher mit Freuden eine Schrift, welche es sich zur Aufgabe<lb/>
gemacht hat, die amerikanischen Zollverhältnisse in objektivster Weise näher zu<lb/>
beleuchten, wir thun dies um so mehr, als die betreffende Literatur bis jetzt<lb/>
noch eine sehr dürftige ist, und zwar nicht nur in der deutschen, sondern auch<lb/>
in der englischen Sprache. Die bezeichnete Schrift bildet das dritte Heft des<lb/>
ersten Bandes der &#x201E;Sammlung nationalökonomischer und statistischer Abhand¬<lb/>
lungen des staatswissenschaftlicher Seminars zu Halle a. d. S.", herausgegeben<lb/>
von Professor Dr. Joh. Conrad; sie stammt aus der Feder des Dr. E. I.<lb/>
James und ist betitelt: &#x201E;Studien über den amerikanischen Zolltarif" (Verlag<lb/>
von Gustav Fischer, Jena, 1877).</p><lb/>
          <p xml:id="ID_461" next="#ID_462"> Die Arbeit des Herrn James zerfällt in drei Kapitel, von denen das<lb/>
erste eine kurze Geschichte der amerikanischen Zollgesetzgebung von der Grün¬<lb/>
dung der Union an bis zum Jahre 1867 enthält und dabei wesentlich die<lb/>
verschiedenen politischen Parteiströmungen berücksichtigt. Das zweite Kapitel<lb/>
behandelt die Arten der Zölle. An die Darstellung der thatsächlichen Ver¬<lb/>
hältnisse knüpft der Verfasser eine allgemeine Besprechung der Vorzüge der<lb/>
Werth- und spezfischen Zölle und macht auf den verschiedenen Stand¬<lb/>
punkt der amerikanischen und europäischen Schutzzöllner besonders aufmerksam.<lb/>
Der Zusammenhang zwischen den Arten der Zölle und der Zollpolitik über¬<lb/>
haupt ist ein so enger, daß eine Darstellung der letzteren ohne die Betrachtung<lb/>
ver ersteren und der Gründe dasür sich nicht wohl durchführen läßt. Das<lb/>
dritte Kapitel schildert den volkswirthschaftlichen Einfluß der ameri¬<lb/>
kanischen Zollpolitik auf Aus- und Einfuhr, sowohl auf die Gesammt-<lb/>
auantität derselben, wie auf die Arten der ausgeführten Gegenstände. In einem<lb/>
Anhange folgt eine Uebersicht über die Zollsätze der verschiedenen Gegenstände<lb/>
und eine kurze Besprechung der Zölle auf Rohmaterial. Leider bildet die<lb/>
Arbeit des Herrn James kein vollständig abgeschlossenes Ganzes, er beabsichtigt</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0139] mäßig hinter dem zurücksteht, der während der Freihandelsperiode von 1846 bis 1861 stattfand; ferner weisen sie mit Recht darauf hin, daß die gegen¬ wärtige Krisis in einer ausnahmsweise langen Anbauer alle Bevölkeruugs- klassen der Union, besonders aber die Arbeiterklasse, mit einer zuvor nie dage¬ wesenen Härte drückt, und schreiben dies dem übertrieben hohen Zolltarife zu. Dieser merkwürdige Umstand, daß zwei entgegengesetzte Parteien Amerika für sich in die Schranken führen, läßt gerade in der Gegenwart die amerika¬ nischen Verhältnisse und Erfahrungen auf dem Gebiete des Zollwesens als von dem höchsten Interesse erscheinen, ganz abgesehen davon, daß der Volks¬ wirth und der Staatsmann sich zu jeder Zeit aus theoretischen und praktischen Gründen für Experimente interessiren müssen, die nach einem so gro߬ artigen Maßstabe angelegt sind, wie ihn die Vereinigten Staaten bieten. Wir begrüßen daher mit Freuden eine Schrift, welche es sich zur Aufgabe gemacht hat, die amerikanischen Zollverhältnisse in objektivster Weise näher zu beleuchten, wir thun dies um so mehr, als die betreffende Literatur bis jetzt noch eine sehr dürftige ist, und zwar nicht nur in der deutschen, sondern auch in der englischen Sprache. Die bezeichnete Schrift bildet das dritte Heft des ersten Bandes der „Sammlung nationalökonomischer und statistischer Abhand¬ lungen des staatswissenschaftlicher Seminars zu Halle a. d. S.", herausgegeben von Professor Dr. Joh. Conrad; sie stammt aus der Feder des Dr. E. I. James und ist betitelt: „Studien über den amerikanischen Zolltarif" (Verlag von Gustav Fischer, Jena, 1877). Die Arbeit des Herrn James zerfällt in drei Kapitel, von denen das erste eine kurze Geschichte der amerikanischen Zollgesetzgebung von der Grün¬ dung der Union an bis zum Jahre 1867 enthält und dabei wesentlich die verschiedenen politischen Parteiströmungen berücksichtigt. Das zweite Kapitel behandelt die Arten der Zölle. An die Darstellung der thatsächlichen Ver¬ hältnisse knüpft der Verfasser eine allgemeine Besprechung der Vorzüge der Werth- und spezfischen Zölle und macht auf den verschiedenen Stand¬ punkt der amerikanischen und europäischen Schutzzöllner besonders aufmerksam. Der Zusammenhang zwischen den Arten der Zölle und der Zollpolitik über¬ haupt ist ein so enger, daß eine Darstellung der letzteren ohne die Betrachtung ver ersteren und der Gründe dasür sich nicht wohl durchführen läßt. Das dritte Kapitel schildert den volkswirthschaftlichen Einfluß der ameri¬ kanischen Zollpolitik auf Aus- und Einfuhr, sowohl auf die Gesammt- auantität derselben, wie auf die Arten der ausgeführten Gegenstände. In einem Anhange folgt eine Uebersicht über die Zollsätze der verschiedenen Gegenstände und eine kurze Besprechung der Zölle auf Rohmaterial. Leider bildet die Arbeit des Herrn James kein vollständig abgeschlossenes Ganzes, er beabsichtigt

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/139
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/139>, abgerufen am 09.11.2024.